"Jäger bezeichnen sie als 'Raubzeug'; Zeug, das zu vernichten ist, weil es Junghäschen tötet, die der Jäger selbst schießen möchte", so umschreibt der steirische Naturschutzbund den Stellenwert der heimischen Krähe bei Jägern und Bauern auf seiner Webseite.
Die Beliebtheit der Vögel sei in den vergangenen 25 Jahren "auf null" gesunken. Selbst wenn die Population der Tiere aktuell gefühlt explodiere, so der Naturschutzbund, würden sich die Wenigsten mit den Tieren an sich beschäftigen und "grundlos und eiskalt" den Abschuss fordern, meint Präsident Johannes Gepp. Er zählt sich weiterhin zu den Verfechtern des Schutzes der Vogelart.
Finstere Zeiten für die klugen Schwarzen
Immer mehr Bauern klagen über zerrissene Silofolien, Jäger über aggressives Verhalten gegenüber "ihrem" Niederwild. Zuletzt hatte ein Video die Runde gemacht, in dem zu sehen war, wie eine Krähe ein Hasenjunges attackierte (wir berichteten). "Birdlife Österreich" meint, das Video sei einige Jahre alt. "Das größte Problem liegt in der falschen Wahrnehmung der Vögel durch die Menschen. Große, dunkle Vögel fallen eher auf als kleine und helle Spatzen. Man glaubt immer mehr Krähen zu sehen, dabei hat sich der Bestand wissenschaftlich gesehen sogar verringert", berichtet Ernst Albegger. Die heimische Jägerschaft fordert weiterhin dennoch eine Neuregelung zum Abschuss der Vögel durch das Land Steiermark.
Dem Naturschutzbund Steiermark stehen diesbezüglich buchstäblich aber "alle Federn zu Berge", so Präsident Johannes Gepp. Würden die Tiere gejagt und in hohen Zahlen eliminiert werden, könnte vieles in der Natur aus dem Gleichgewicht geraten, argumentiert Gepp. Häufig treffe die Bejagung die Brutpaare, denn diese seien an ihr Revier gebunden, wie der Jäger an sein Jagdrevier.
Der Experte versucht zu erklären: "Die überlebenden Jungtiere, meist Geschwister, schließen sich mit anderen zu Gruppen von sogenannten 'Nichtbrütern' zusammen. Solche Krähenschwärme sind dann nicht an ein bestimmtes Revier gebunden. Sie fliegen dorthin, wo sie nach Nahrung suchen und zumindest eine Zeit lang Verfolgung vermeiden können. Und hier kommt es dann oft zu Zerstörung von landwirtschaftlichem Futter."
Die Brutzeit der Singvögel startet Mitte April und reicht bis Ende Mai. "Jetzt haben diese Schwärme keine eigenen Jungen zu versorgen. Sie müssen daher nicht nach entsprechenden Insekten suchen, sondern holen sich das, was ihnen zusagt: Vogeleier, Nestlinge und Junghasen und das frisch vom Buffet", erklärt Gepp weiter.
Ähnlich die Sichtweise der Berg- und Naturwacht Hartberg: "Ich verstehe den Frust der heimischen Bauern, doch die Tiere dürfen jetzt nicht deren Zielscheibe werden", meint Alfred Ertl. Eine Jagdfreigabe erhöhe eher die Verluste an den "zu schützenden" Arten des Niederwildes und der Singvögel, als sie diese vermindert.
Jäger und Gejagte
Für Ertl sind die Tiere nicht nur "die cleversten der Welt" – weil "sie ein Gewehr von einem Besenstiel unterscheiden können" – sie zählen für ihn auch zur "Gesundheitspolizei der Natur" und seien unverzichtbar: "Sie entfernen ja sogar Tierkadaver rasch und kostenlos, die in großer Zahl unserem Straßenverkehr zum Opfer fallen", meint der Oststeirer.
Sollen sie also bejagt werden, die klugen Krähenvögel? Oder wäre es klüger, die Jäger würden aus Forschungsergebnissen die angemessenen Sch(l)üsse ziehen? Die klugen Raben und Krähen wissen längst, was zu tun ist: "Sie haben sich in den besten Schutzraum zurückgezogen, den es für die Verfolgten gibt – in die Städte", so Gepp.
Ewald Wurzinger