Es riecht nach Tannenholz und kaltem Motorsägenrauch, der erste Baum am Hof von Christoph Grain ist gefallen. "Die Saison ist eröffnet!", freut sich der Landwirt aus Höflach bei Feldbach und streicht einer Nordmannstanne über ihre dunkelgrünen Zweige. Ein bis zwei Wochen früher als üblich beginnt der 35-Jährige heuer mit der Christbaumernte. Vorerst werden die Bäume für den Handel geschnitten und eingenetzt, kommende Woche – bei Neumond – die ersten Christbäume für den Ab-Hof-Verkauf geerntet. "Die Bäume sind gut im Saft, die Zeit ist reif", so Grain. Ein aufwendiges Jahr hat die Familie nunmehr hinter sich gebracht: Extreme Trockenperioden und Kostensteigerung in der Düngung galt es über Monate auszugleichen.

Mehr Kosten, größere Bäume

Viele grüne Bewässerungsschlauchrollen sind aktuell am Hof zu sehen. Allesamt aufgerollt und bereit zum Einwintern. Im Herbst des Vorjahres als eine Neuanlage gepflanzt, hatten die Jungpflanzen heuer den heißen Sommer beinahe nicht überlebt. "Zwar sind Tannen Pfahlwurzler, junge Bäume kommen mit ihren kleinen Wurzeln nicht tief genug, um an Wasser zu gelangen. Wir mussten die neuen Christbaumkulturen manuell gießen. Alle Hände am Hof haben hier angepackt", erinnert sich Grain, der den Hof gemeinsam mit seiner Frau Alexandra führt. Hinzugekommen ist auch, erzählt der Landwirt, dass aufgrund der Ukrainekrise plötzlich keine Dünger mehr lieferbar waren, beziehungsweise die Kosten dafür regelrecht explodiert sind.

Umstände, die für die heurige Saison voraussichtlich eine kleine Preisanpassung mit sich bringen werden: Ein Meter Baum wird durchschnittlich um zwei Euro mehr kosten als bisher. "Unter zehn Prozent sind bei all diesen globalen Kostensteigerungen aber nur eine wirklich geringe und symbolische Anpassung", erklärt der Christoph Grain und stapft durch eine nasse Wiese hin zu einem Haufen Hunderter loser Tannenäste.

Was der Familie, vor allem den Seniorchefs Anna und Martin Grain, bereits aufgefallen ist: Die Menschen sind schon jetzt verstärkt auf der Suche nach Reisig. "Viele wollen sich den Adventkranz dieses Jahr selbst binden. Womöglich auch eine Folge der Preissteigerung", so die Seniorbauern, die vor 45 Jahren die ersten Christbaumkulturen am Hof gepflanzt haben.

Die ersten Bäume wurden diese Woche geschnitten
Die ersten Bäume wurden diese Woche geschnitten © Wurzinger

Umgeben von saftigen Wiesen und mehreren Hundert kleinen und großen Christbäumen ist der Betrieb mittlerweile auf etwas mehr als neun Hektar angewachsen. "Wir Christbaumbauern sind am Ende des Jahres immer sehr positiv gestimmt. Die Menschen legen sehr viel Wert auf unsere Bäume und schätzen damit unsere Arbeit auch unterm Jahr", erzählt die Familie. Größenunabhängig muss jeder einzelne Christbaum zehnmal im Jahr und durch Hunderte Handgriffe gehegt und gepflegt werden – vom regelmäßigen Schnitt der Zweige bis zur Kontrolle des gleichmäßigen Wachstums.

"Da schau her, da hat das Christkind heuer wohl etwas schwerer zu tragen. So viele übergroße Tannen hatten wir schon lange nicht mehr in unseren Kulturen stehen", führt uns Christoph Grain in einen kleinen "Tannenwald" neben dem Hof. Coronabedingt gibt es 2022 nämlich auch viele Bäume über drei Meter. "Viele Gastrobetriebe, Hotels und öffentliche Institutionen haben in den Vorjahren aufgrund der Lockdowns und der Coronamaßnahmen auf ihre Bäume, etwa in den Foyers, verzichtet. So sind diese eben in unseren Kulturen weitergewachsen", meint Grain. "Die traditionelle Banderole garantiert aber auch hier, dass es sich um einen steirischen Baum handelt", versucht Christoph Grain mit einer Schleife an die Spitze einer solchen Tanne zu springen. 

Klimaschutz

Besonders stolz ist die junge Familie auch, dass sie mit ihrem Direktvermarktungszweig einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leistet: In acht bis zehn Jahren erzeugt ein Hektar Christbaumkultur rund 100 Tonnen Sauerstoff und bindet zugleich 140 Tonnen Kohlendioxid. "Im Sinne der Nachhaltigkeit bieten wir auch Nordmannstannen im Topf an, die nach dem Fest auch einen Platz im Garten finden könnten", erzählen Alexandra und Christoph Grain.

Seit 1978 bewirtschaftet Familie Grain ihre Christbaumkulturen
Seit 1978 bewirtschaftet Familie Grain ihre Christbaumkulturen © kk