* Der Autor dieser Zeilen, Gerhard Dienes, verstarb am 2. Februar 2020 überraschend im Alter von 66 Jahren.

Die neuere Geschichte von Knittelfeld wurde geprägt durch Eisenbahn und Industrie. Beide stellten eine rigorose Zäsur dar. "Jetzt drängte Knittelfeld", wie Lois Hammer meint, "aus dem Schatten an das Licht". Wie kein anderer Ort der Steiermark hat Knittelfeld durch die Eisenbahn eine sprunghafte Entwicklung genommen. Im Zuge des Baues der Kronprinz-Rudolfbahn wurden hier Heizhäuser sowie eine rasch expandierende Reparaturwerkstätte errichtet und bald siedelte sich eine Metallfabrik – später "Austria Email" – nahe der Bahntrasse an. Hier waren eine problemlose Rohstoffzufuhr und ein rascher Güterversand möglich. 1890 zählte der Betrieb bereits 700 Beschäftigte.

Knittelfeld erlebte ein nahezu „amerikanisches Wachstum und verachtfachte zwischen 1860 und 1910 seine Bevölkerungszahl.

Die innere Struktur und das äußere Erscheinungsbild der Stadt erfuhren markante Änderungen. Eine Diskrepanz zwischen der alteingesessenen (klein)bürgerlichen Bevölkerung und den zugezogenen Eisenbahnern bzw. Industriearbeitern ist bemerkbar. Sie zeigte sich auch in der Stadttopographie. Wohnte das Bürgertum in der Kernstadt auf der Murterrasse, so entwickelte sich darunter – durch die soziale Barriere des Bahndamms getrennt – ein ausgedehntes Arbeiterviertel, das alles hatte, nur keine Kirche.

Fortschrittsglaube und Nationalismus bestimmten die Zeit. Letzterer, von Stefan Zweig als Erzpest apostrophiert, machte auch vor Knittelfeld nicht Halt. Joseph Roth lässt in der „Kapuzinergruft“ eine seiner Romanfiguren sagen: „Freilich sind es die Slowenen, die polnischen und ruthenischen Galizianer, die Kaftanjuden aus Boryslaw, die Pferdehändler aus der Bacska, die Moslems aus Sarajewo, die Maronibrater aus Mostar, die ,Gott erhalte' singen. Aber die deutschen Studenten aus Brünn und Eger, die Zahnärzte aus Linz, Graz, Knittelfeld, die Kröpfe aus den Alpenländern, sie singen ,Die Wacht am Rhein'. Österreich wird an dieser Nibelungentreue zugrunde gehen."

Der begnadete Romancier sah die Jahre vor 1914 als einen Tanz auf dem Vulkan – „Der Tod kreuzte schon seine knochigen Hände über den Kelchen, aus denen wir tranken, fröhlich und kindisch" –, der mit den Schüssen von Sarajewo ausbrach.

Ein dunkles Kapitel der Historie wurde aufgeschlagen, ein Kapitel von den Schattenseiten der Menschheit.

Der 1. Weltkrieg, die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, ließ in Knittelfeld ein gigantisches Lager entstehen. Lager sollten überhaupt die Geschichte des 20. Jahrhunderts bestimmen.

Mit dem so genannten Russenlager bzw. dem Militärspital haben wir uns auch in Urania-Veranstaltungen eingehend beschäftigt.

Die Gräber der rund 1700 Soldaten aus Lager und Spital, die auf dem Knittelfelder Friedhof ihre letzte Ruhestätte fanden, stellen ein trauriges Mahnmal für ein sinnloses Sterben dar.

Nach dem Krieg wurde die Anlage des Lagers/Spitals nicht abgetragen, sondern mutierte zum Stadtteil. Die Baracken sollten helfen, die Wohnungsnot zu lindern. Das Viertel gab der Stadtentwicklung eine neue Direktion.

"Knittelfeld-Neustadt" wurde das Quartier genannt, in dem sich im Laufe der Jahre eine oft mit dem Stigma des Verrufenen behaftete, unverwechselbare Viertelidentität, Viertelmentalität und Viertelgeist entwickelte.

"Die Neustadt war praktisch eine Familie. Wir waren die Neustädtler und die Städter die Städter", erzählt ein Zeitzeuge.

Der gebürtige Knittelfelder Gerhard Dienes war Historiker, er war lange Zeit Leiter des Stadtmuseums Graz und ab 2005 im Universalmuseum Joanneum für Auslandskulturprojekte zuständig. Anfang Februar 2020 verstarb er 66-jährig
Der gebürtige Knittelfelder Gerhard Dienes war Historiker, er war lange Zeit Leiter des Stadtmuseums Graz und ab 2005 im Universalmuseum Joanneum für Auslandskulturprojekte zuständig. Anfang Februar 2020 verstarb er 66-jährig © Simon Möstl

Mit dem sukzessiven Abtragen der ehemaligen Lagergebäude ab ca. 1960 und mit der Neuschaffung von Wohnraum auf dem Gelände der "Neustadt" verschwand auch die besondere Prägung des Viertels. "Heute ist alles Knittelfeld, es gibt keine Neustadt mehr", sagte uns ein alteingesessener Bewohner.

1925 entstand auf dem Areal des ehemaligen Lagers das Umspannwerk der Steweag. Dieses zeigt, dass auch in einer ökonomisch schwierigen Zeit ein Bauwerk entstehen konnte, bei dem die Ästhetik eine zentrale Rolle spielt. Es findet heute in diversen Architekturbüchern Erwähnung, unter anderem bei dem kürzlich verstorbenen Friedrich Achleitner.

Im Zusammenhang mit der Neustadt muss ich eine Geschichte erwähnen: Die für das Kriegslager zuständigen k.u.k. Offiziere müssen von einer Abgehobenheit sondergleichen gewesen sein. Nur so erklärt sich, dass für diesen Zirkel voll Standesdünkel das erste Hallenbad im oberen Murtal entstand.

Als wolle man etwas verbergen, wurde durch Gefangene zuerst das voluminöse Gebäude errichtet und erst dann das Bassin ausgehoben und betoniert. Um das von der Ingering abgeleitete Wasser in einer Heizungsanlage zu erwärmen, wurde täglich eine Waggonladung Kohle benötigt; und das zu einer Zeit, in der sich die Versorgungslage der Bevölkerung immer trister gestaltete, es zu Hungerkrawallen kam und Brennstoffe immer knapper wurden.

Im November 1916 gingen in Knittelfeld Frauen und Kinder auf die Straße, um für größere Zuckerrationen zu demonstrieren. Im Februar 1917 legten die Staatsbahnbediensteten in Knittelfeld ihre Arbeit nieder. Sie forderten höhere Lebensmittelrationen. Dabei kam es auch zu tätlichen Auseinandersetzungen. Und in den Schulen fiel der Unterricht aus, weil es keine Kohle zum Heizen gab. Aber: Hauptsache die elitäre Gruppe der Offiziere hatte ihre Wellnessoase.

Nach dem Krieg erwarb die Stadtgemeinde Knittelfeld das ehemalige Offiziersschwimmbad und verpachtete es 1927 dem ASKÖ, einem der Sozialdemokratischen Partei angeschlossenen Verein für Sport- und Körperpflege. Dieser sanierte es, ließ das Hallendach abtragen, um so die Erwärmung des Wassers der Sonne zu überlassen, und machte es der Öffentlichkeit zugänglich.

Gamsbart gegen "Hacklerkappl"

Südlich der Kernstadt erhielt die Vorstadt mit der Landschacherschule ein markantes Bauwerk. Der Schulsprengel reichte bis in das dörflich-agrarische Umland. Das wiederum führte zu einer bemerkenswerten Mischung von Proletarier- und Bauernkindern, Gamsbart gegen „Hacklerkappl”, „Grüß Gott” gegen „Freundschaft”.

Die Kommunalpolitik bestimmten die Sozialdemokraten. Metallarbeiter und Eisenbahner machten Knittelfeld zu einer roten Hochburg, nicht zuletzt auch zum obersteirischen Zentrum des Bundes herrschaftsloser Sozialisten, einer links der SPÖ stehenden Gruppe.

Übrigens: Auch Straßennamen erzählen Geschichte! Bis 1934 hieß der Hauptplatz Viktor Adler-Platz und der Ingeringweg war die Karl Marx-Gasse. In diesem Jahr respektive schon 1933 musste die Demokratie der Diktatur weichen. Ein fatales Nahverhältnis zwischen Staat und katholischer Kirche kam zum Wirken. Aber gerade in dieser Zeit verlor Rom zumindest in Knittelfeld seine religiöse Monopolstellung. 1935 zählte die hiesige protestantische Gemeinde bereits 2.500 Mitglieder. 1936 wurde in der Parkstraße deren Bekennerkirche eingeweiht.

Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit gaben den Nährboden, um Hass zu schüren und die Schuld für die Tristesse beim Anderen, beim Fremden zu suchen. Mit dem schon in „Mein Kampf“ verkündeten Statement "Die Lüge ist die beste Propagandawaffe" gelang es Adolf Hitler auch in den Industriegebieten des oberen Murtales immer mehr Anhänger zu finden. Und so jubelten auch hier 1938 viele den deutschen Truppen zu; viele, aber nicht alle.

Hannes Bammer war damals 16 und Lehrling bei der Bahn. Er erinnerte sich: „Fünf von uns gingen sofort nach dem Anschluss hochbegeistert vom Nazi-Regime zur Waffen-SS, vier wurden verhaftet und aus Knittelfeld weggebracht. Sie fielen Denunzianten zum Opfer, die den neuen Machthabern zu melden wussten, dass Lehrlinge auf einer Hütte angeblich kommunistische Lieder gesungen hätten. … Wir haben von ihnen nie wieder etwas gehört. Auf den Straßen von Knittelfeld machte sich der Umsturz durch das Auftauchen des so genannten ‚Bayerischen Hilfszuges’ bemerkbar, der mit Lebensmittellieferungen um Sympathien für die Nazis warb. Die Begeisterung hielt sich in Grenzen. ‚Die verteilen Erdäpfelsuppe und laden hinten Butter und Speck ein‘, lautete ein geflügelter Satz, der den Hilfszug begleitet hat." Soweit Hannes Bammer.

Immer lauter schallten durch die Straßen der Stadt Rufe wie dieser: "Ein Volk, ein Reich, ein Führer, das Volk wird immer dürrer, die Juden immer fetter, Hitler ist unser Retter."

Zunehmender Antisemitismus machte sich breit und in den nächsten Jahren radierten die Nationalsozialisten in einem ungeheuerlichen Verbrechen gegen die Menschheit auch die kleine jüdische Gemeinde in Knittelfeld brutal aus. Dazu ein Beispiel: In der Herrengasse gab es das Geschäft Heinrich Klein&Comp., geführt von Emma, der Witwe des Gründers. 1938 erwarb der bei der Firma Karl Pircher angestellte Balthasar Graggober das Geschäft der jüdischen Familie (16.000 Reichsmark) weit unter dem ohnedies gering veranschlagten Schätzwert von 20.000 Reichsmark. Emma Klein, ihr Sohn Otto und ihre Töchter Helene und Elsa wurden im August 1942 nach Maly Trostinec deportiert und ermordet, ihr Sohn Arthur, der in der Landes-Heil- und Pflegeanstalt Feldhof untergebracht war, wurde Opfer der nationalsozialistischen Euthanasie.

10. Mai 1940: Die Stadt Freiburg im Breisgau wird von drei Bombenflugzeugen angegriffen. Die Bilanz: 57 Tote und 100 Verletzte. Bald stellt sich heraus, dass die Bomben von einem Geschwader der Deutschen Luftwaffe abgeworfen waren, eine Erkenntnis, die die Nazis sorgfältig vertuschten. Die Propaganda behauptete vielmehr, die Toten gingen auf das Konto des britischen „Kriegstreibers “ Winston Churchill. Als "Rache" flogen die Deutschen den Angriff auf die britische Stadt Coventry. Erstmals wurden bewusst zivile Ziele zerstört.

Das sollte man sich immer vor Augen halten, wenn Knittelfeld eines der schwärzesten Tage gedenkt, den 23. Februar 1945. Nahezu pervers zeigte sich, wie schicksalsbestimmend Bahn und Industrie für die Stadt geworden waren, so dass sie einerseits das Wachstum bedingten, andererseits aber auch die Bombardierung. Bei insgesamt 13 Angriffen fielen 1200 Bomben auf die Stadt, 3500 Menschen wurden obdachlos, 253 starben.

Die Verse von Walter Titz an der Pestsäule auf dem Hauptplatz erinnern und mahnen: „Und viele mussten um die Liebsten trauern, Begraben lagen sie im tiefen Schacht. Ruinen ragten nur und kahle Mauern. Was Menschen schaffen, soll es niemals dauern? O haltet Frieden, haltet gute Wacht!“

Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg erfuhr Knittelfeld die Aufwertung zur Bezirksstadt, einem Status, der 2012 wieder verloren gegangen ist.

Der Wiederaufbau setzte markante Zeichen mit der Stadtpfarrkirche (ihren neogotischen Turmspitz erhielt sie erst in den 1990er Jahren aufgesetzt), dem Volkshaus am Kapuzinerplatz und mit der Lindenallee-Schule. Der Konsum wurde zu dem Nahversorger, sein Zentralgebäude steht nun schon seit langem leer. Österreichs größter Handelskonzern, der "rote Riese", war 1995 pleite. Das nahe des Bahnhofs gelegene Haus kann als Mahnmal für einen der Irrwege der Sozialdemokratie angesehen werden.

Der Bahnhofsplatz wurde auch in Knittelfeld zu einem Eintritt in die Stadt, den man in der Wiederaufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg entsprechend urban gestaltete, während er heute durch eine in ihn hineinragende Industriehalle erdrückt wird.

1953 errichtete der KZ-Verband für die 29 Knittelfelder Opfer des Faschismus ein Mahnmal, nicht auf einem gemeindeeigenen Grundstück – die Stadtverwaltung hatte sich dagegen ausgesprochen –, sondern vor einer Wohnanlage am Bahnhofsplatz. Die Gestaltung des Denkmals für die Widerstandskämpfer oblag der berühmten Wiener Architektin Margarethe Schütte-Lihotzky, die mit Adolf Loos zusammengearbeitet hatte und unter anderem die so genannte "Frankfurter Küche" kreierte, die weltweit nachhaltigen Einfluss hatte.

Die Zeit ab den 1950er-Jahren

1953 ist mein Jahrgang und daraus resultierend wuchs ich hier in einer Zeit auf, als Bombentrichter und Ruinen noch an den unseligen Krieg erinnerten. Notwohnungen, Baracken, Bassenahäuser waren keine Seltenheit, dafür aber das elektrische Licht in den Einschichtshöfen auf dem Land. Dort sah man noch Pferde als Arbeitstiere auf den Äckern und auf den Höfen gab es noch Knechte und Mägde. Bald sollten sie durch Maschinen ersetzt werden.

Ich lebte hier, als ein anderer Zeitgeist herrschte. In Erinnerung ist mir eine Ausstellung im Jugendheim, in der die friedliche Nutzung der Kernenergie den Schülerinnen und Schüler als das non plus ultra für die Zukunft angepriesen wurde. Ich erinnere mich an ein Schuhgeschäft, in den man sich die Füße röntgen lassen konnte, so oft man wollte, auch nur zum Spaß, um seine Knochen zu sehen. Es war eine Zeit, in der das Hochhaus als modern, als Symbol der Urbanität galt, und so aus heutiger Sicht die Stadtbilder verschandelte.

Es war eine autogerechte Zeit mit Motels und Raststätten entlang der B-17, während sich heute Fußgängerzonen und umweltfreundliche Tempobeschränkungen durchsetzen. Allerdings scheint der Autofestischismus und die Autogebundenheit vielfach noch immer von Relevanz zu sein; man denke nur an die äußerst stark frequentierten Tankstellencafes mit ihren benzingeschwängerten Schanigärten.

Noch etwas: in der „autogerechten“ Zeit tangierte einer der ersten Radwege Österreichs die Stadt, die mit der „Dreitageswanderung“ ein Markenzeichen setzte und mit der Großmolkerei über einen imageträchtigen „gesunden“ Industriebetrieb verfügte.

Und noch was: In der „autogerechten“ Zeit ging man im Winter zu Fuß zu den Skiwiesen in den nahen Gräben, wo sich die Bauern mit Mini-Schleppliften ein bisschen Zugeld verdienten. Heute frisst man schon –zig Autokilometer, um in die „Ski-total-Welten“ zu gelangen.

Als die Grätzel noch eine intakte Infrastruktur hatten

Zu meiner Zeit hatten die Grätzeln noch eine intakte Infrastruktur. Im Landschacherviertel gab es alles, vom Arzt bis zum Dentisten, vom Schneider bis zum Bäcker, von Fleischhauern bis zum Milchgeschäft, des weiteren mehrere Greißler, die nicht nur Lebensmittel, sondern alles mögliche bis hin zum Geschirr und Bettzeug anboten, es gab das Gemüse- und das Kurzwarengeschäft, den Schuster, den Herrenfriseur – mit Ermäßigung für Eisenbahner – und wenige 100 Meter weiter den Damenfriseur. Heute sind die Geschäftslokale leer, manchmal sogar devastiert. Dafür entstanden Hallen in Einheitsarchitektur –oder kann man da überhaupt noch von Architektur sprechen? – aber auch meist postmodern angehauchte Einkaufspassagen von teilweise arger Sterilität in den Zentren.

Der Wirt um die Ecke wandelte sich zur Kebabbude oder Pizzeria und die gutbürgerlichen Lokale sind fast gänzlich verschwunden.

Die eigene Sprache der Eisenbahner

Knittelfeld war seinerzeit zu meiner Zeit noch die Eisenbahnerstadt. Und die Eisenbahner hatten (bzw. haben) ihre eigene Sprache. Die der Lokführer zeichnet(e) sich – soweit ich das miterlebte – durch Abkürzungen und Zahlenkombinationen aus. So bedeutet „der 1596 mit der 1042”, dass der Eilzug 1596 von einer E-Lokomotive der Typenreihe 1042 gezogen wird, und wenn der “PEL”mit dem “LEL“ spricht, dann ist das keine Kabarettnummer, sondern der Personaleinsatzleiter hat eine Besprechung mit dem Lokeinsatzleiter.

Im Zusammenhang mit spezifischen Wortschöpfungen ist mir etwas in Erinnerung, etwas, das ich oft zu Mittag hörte, wenn hinter dem Eisernen Gitter der Hauptwerkstätte die Arbeiter auf ihren Fahrrädern und Mopeds hungrig warteten, bis sich mit dem Ertönen der Sirene die Tore öffneten und es mit einem freudigen „Speißzamm“ in die Mittagspause ging.

Als Anfang der 1960er Jahre ein grüner Zug, bestehend aus tannengrünen Waggons der 1. Klasse, gezogen von einer mit grünem Reisig geschmückten grünen E-Lok in den Bahnhof von Knittelfeld einfuhr, da bedeutete dies für die Eisenbahnerstadt einen Einschnitt. Karin Thierrichter sei zitiert: „Auch das autochthone Geruchsbild nach Rauch und Ruß ist verloren gegangen. Bis zur Elektrifizierung der Bahn war Knittelfeld als typische Reparaturwerkstätte für Lokomotiven einfach mit der Nase zu identifizieren.“

1978 wurde mit dem Wasserturm, der über ein Fassungsvermögen von 30.000 Litern verfügte, ein wichtiges Wahrzeichen der Eisenbahnerstadt gesprengt. Das Ende des Dampflokzeitalters war jetzt endgültig.Bald wurde auch bei der Bahn rationalisiert, filetiert, privatisiert.

Bleibt Knittelfeld eine Eisenbahnerstadt?

Ist Knittelfeld noch die Eisenbahnerstadt und wird sie es bleiben, wenn die Bahn auch hinsichtlich der Zugsverbindungen das obere Murtal aushungert, die Hauptströme andere Trassen befahren und wenn die Bahn mit der Bahn oft nichts mehr am Hut zu haben scheint?

Ein signifikantes Beispiel dafür bemerkte ich vor einigen Jahren: In der Werkstätte Knittelfeld, beim Technischen Service, werden nach wie vor Eisenbahnradachsen gewartet, deren Zu- und Abtransport jedoch nicht auf der Schiene, sondern durch Lkws der Bundesbahnen erfolgt. Die Bahn fährt auf der Straße!

Am Friedhof ist sie noch präsent, die Eisenbahnerstadt. Auf den Grabsteinen finden sich Berufsbezeichnungen wie „Verschubmeister der B.B. in Ruhe“, „Inspektor i. R. der ÖBB“, „Assistent der ÖBB“, „Werkmann der ÖBB i. R.“, „Lokführer in Ruhe“, oder „Oberlokführer in Ruhe“.

Sozial stand der Lokfürer weit weg vom Arbeiter und daher findet sich auch die Berufsbezeichnung „Lokführer und Hausbesitzer“ und, was klingt hier nicht stolzgeschwellt an, wenn auf einem anderen Grabstein zu lesen ist: „Lokomotivführersgattin“.

Mit dem Attribut „Eisenbahnerstadt“ assoziiere ich die Schrebergärten, die zwischen der Hauptwerkstätte und den Murauen lagen. Hier wurden Schienenschwellen zu Zaunpfählen sowie Waggons zu Hütten, und so erschienen sie mir als Orte oft skurriler Kreativität und Individualität, als Zentren nachbarschaftlicher Beziehungen. Hier hatten die „Klatschgeschichten“ ihre Umschlagplätze, hier wurde Gemeinschaft gepflegt. Und hier wurde nicht zuletzt Gemüse angebaut, hier wurden Kleintiere gehalten. Eine Familie lebte dort sogar in einem ausrangierten Waggon. Für uns Kinder war das der Waggon des "Nichtrauchers" aus Erich Kästners "Fliegendem Klassenzimmer". Der Nichtraucher, das war ein Aussteiger, der sich als "grüne" Wohnung von der Deutschen Reichsbahn einen Waggon mit lauter Nichtraucherabteilen gekauft hatte. Wie der Waggon im Kästner’schen Buche war auch jener in Knittelfeld von einem kleinen Garten umgeben, in dem wunderbare Blumen blühten. Im Winter diente ein kleiner Kanonenofen zum Heizen. Sein blauschwarzes Rohr schaute zum Dach heraus und qualmte manchmal schrecklich, so wie die kleinen Dampfmaschinen, die im Rangierbetrieb im Einsatz standen.

Im Schrebergarten gab es auch den Indianerverein. Ein pensionierter Lokführer war "Winnetou". Die Karl May-Figur erlebte damals, in den frühen 1960ern durch die in Ex-Jugoslawien gedrehten deutschen Filme eine Renaissance. Der Lokführer-Winnetou ließ sich sogar scheiden, war doch der Häuptling der Apachen Junggeselle.

Andere wieder sahen im Sport die richtige Freizeitaktivität. Fußball wurde großgeschrieben, und wenn der "ESV" (Eisenbahnersportverein) gegen die "Austria Email”´" spielte, dann war Simmering/Kapfenberg ein "Gentlemen-Kick".

Tabuisierung der NS-Zeit

Die NS-Zeit wurde weitgehend tabuisiert. Darüber spricht man nicht. Schwamm drüber! Das Schweigen der „Alten“ machte uns inzwischen zu Jugendlichen Herangewachsene misstrauisch, denn:

Warum fand sich daheim in so manchem Schrank eine Wehrmachtskappe, ein Bajonett oder ein Offiziersdolch und was ist das da? Ein Mutterkreuz!  Warum trug da einer im Winter voll Stolz einen Ledermantel der jenem der Gestapo frappant ähnelte; den Grabstein seiner Familie zierten Runenzeichen.

Warum versuchte eine Mutter der Tochter das Geschreibsel des Juden Franz Kafka zu vermiesen? Warum holte der eine immer wieder sein Lieblingsbuch „Kampf um Narvik“ hervor? Warum hatten in einer Trafik die „Landser-Hefte“ Konjunktur, warum sang einer mit Inbrunst beim Schwammerlsuchen „Juden jollen, Köpfe rollen“? Warum brüstete sich einer, eine Judenseife zu besitzen, mit der er sich an jenem Tag waschen werde, an dem Israel vernichtet sein wird?

Im Gymnasium nahm man zwar zum xten Mal die Punischen Kriege durch, wurde mit dem Auswendiglernen von Herrscherdaten gequält, musste wissen, wann Friedrich Barbarossa aufs Klo ging und wann Maria Theresia Migräne hatte, aber Zeitgeschichte war ein Fremdwort.

"Revolutionsjahre"

Ein Lüfterl von Revolution erlebte Knittelfeld rund um das legendäre Jahr 1968. Die großen Worte des großen Vorsitzenden Mao Tse Tung wurden in einer quasi Heiligen Schrift – denn Gott war ja tot – millionenfach gedruckt. Es gab diese Mao-Bibel auch auf Deutsch und sogar in unserer Stadt. Einige unserer Rebellen, die bei irgendwelchen Protesten die Mao-Bibel in der erhobenen Hand hielten, haben in den letzten Jahren abermals nach China gespäht und wurden börsenspekulierende Wertpapieraktionäre. Seinerzeit haben sie es ohnedies nicht geschafft, über die erste Seite der Mao-Bibel zu lesen. Aber eine zu besitzen war halt geil. Besitzen dürfte ich in diesem Zusammenhang gar nicht sagen, oder? Ja oder! Und warum nicht?

Merke: Selbst bei extremen Revoluzzern konnte die Ideologie leicht gegenüber dem Konsum zu kurz kommen. Die vom Vater bei ordentlichem Haarschnitt versprochene Stereoanlage ließ selbst bei einem Musiker unserer 1967 gegründeten Rock-Band marxistisch-leninistische Dogmen vergessen.

Amerika war bislang der Gegenpol zum Bösen, sprich zum Ostblock, auch für mich. Amerika, das war das Reich der Anständigen, Fleißigen, Tüchtigen. Es war das Land der Freiheit, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, das Land, das uns Coca Cola brachte. Konrad Paul Liesmann, Jahrgang 1953 wie ich, spricht von der Cocakolonisierung und meint: „Wir benahmen uns wie eine Kolonie Amerikas. Wir ahmten alles nach.“ Der Box-Champion Cassius Clay, alias Muhammad Ali, verweigerte den Kriegsdienst. „Warum soll ich gegen den Vietcong kämpfen. Er hat mir nichts getan.“ Auch wir demonstrierten gegen diesen Krieg, organisierten eine Anti-Vietnam-Veranstaltung und trugen Stickers mit der Aufschrift „Make Love not War“. Und es wurden Flugblätter verteilt, die den Titel trugen: „Stop War In Vietnam“

Gerhard "Charly" Dienes (Mitte) mit "Freak Out". Links Peter Musenbichler, rechts Robby Musenbichler). Aufgenommen 1971 in Kapfenberg
Gerhard "Charly" Dienes (Mitte) mit "Freak Out". Links Peter Musenbichler, rechts Robby Musenbichler). Aufgenommen 1971 in Kapfenberg © Aus dem Rockarchiv Steiermark

Abgezogen durften sie in der Ortszentrale einer politischen Partei werden, von der ein Funktionär, des Englischen unkundig, vermutete, es handle sich um einen Vortrag, den ein gewisser Herr „Stop“ hält, der in Vietnam war. „War Stop in Vietnam?“, fragte er.

Hätten wir nicht auch etwas gegen die Brutalo-Szene in unserer Stadt tun sollen? In den Kellerbars, den Beat- und anderen Schuppen konnten schon Teller, Flaschen, ja Stühle fliegen, die Fäuste waren rasch geballt, die Messer saßen locker. Keine Rede von: Give Peace a Chance!Wenn wir in solchen Lokalen spielten, konnte es schon sein, das wir einer strengen Prüfung unterzogen wurden: „Wenn ihr net ordentlich einihauts in die Stromgitarrn, in die Trommeln und in die Tschinölln, dann hau ma euch die Anlog zaum!“  Unsere Antwort: Jimmy Hendrix - „Hey Joe! Where do you go with that gun in your hand?

Mit der Kirche übers Kreuz

Mit der Kirche gerieten wir immer mehr übers Kreuz. Wir hatten genug vom „lieben Jesulein“, von dem verschwiegen wurde, dass es jüdisch war. Wir hatten genug von der Angstmache im Beichtstuhl: „Du hast ja schon wieder schwarze Flecken auf der Seele, tu Buße, Buße und nochmals Buße!“

Und wir hatten genug vom Zwang, den sonntäglichen Gottesdienst zu besuchen. Die Messe für die Gymnasiastinnen und Gymnasiasten fand in der Friedhofskirche statt. Der Priester, zugleich unser Religionslehrer, führte Buch, wer da war, wer zur Kommunion ging und wer durch Abwesenheit glänzte. Für Letztere gab es in der Religionsstunde eine peinliche Befragung (Warum nur, warum?). Da nutzten die im Gefolge des zweiten Vatikanum aufkommenden rhythmischen Messen auch nichts. Das war doch Zuckerbrot und Peitsche.

Der Turn-Professor, Kettenraucher und Kurzhaarfreund, glich eher einem Ausbildner beim Militär als einem Lehrer. Und er hatte es besonders auf uns Musiker abgesehen, die für ihn alle Haschbrüder waren. „Ich schleife euch, bis das Haschisch aus allen Poren herauskommt!“ Kasernenhofdrill am Sportplatz.

Die "Drogenszene"

Dabei gab es in der Kleinstadt eigentlich keine Drogenszene. Man probierte Hustensäfte flaschenweise, um "high" zu sein. Fürchterliche Übelkeit war die Folge und dieser folgte die heilsame Erkenntnis: nie mehr einen "Trip" zu schmeißen. Detail am Rande: Warum gerade die Milchbar mit ihren Molkereiprodukten als Rauschgifthöhle galt, ist mir bis heute ein Rätsel.

Unmut bereitete der Geografieunterricht. Die Lehrerin, im Sommer mit ihrem Mann, einem Käferforscher, in Schwarzafrika weilend, kam im September mit der Bemerkung in die Klasse: „Merkt euch: Neger stinken!“, „Der weiße Mann ist diesen Bimbos in allem überlegen!“ Für mich wurde die Schule – Hauptsache durchkommen und das mit möglichst wenig Aufwand – zusehends zum Nebenschauplatz, die Musik war der Lebensinhalt.

1971 kam es zu einem Großereignis mit der K71, der Kommunikation 1971, einem Drei-Tage-Festival der Progressiven. Der Judenburger Alfred Klinkan stellte seine Bilder aus. „Abscheulich“, so die Reaktion der Bourgeoisie. Klinkan wurde später mit dem renommierten Otto Maurer-Preis ausgezeichnet. Helfried Edlinger, später eine Stütze des Grazer Schauspielhauses, schockierte mit einer Publikumsbeschimpfung. Unsere Band konzertierte am Hauptplatz bei der Pestsäule. Ein Blues mit Text vom "Kummerl" Franz Stephan Partheder verstörte:„Sait i auf da Wöt bin, hob i ka guade Stund ghob. Sait i auf der Wöt bin, hob I ka guade Stund ghob. I hob toa keinnan, wos i wuin hob, i hob ka guade Stund ghob. Heilige Mutter Gottes, mia sted dies Lem a sou au, Heilige Mutter Gottes, mia sted dies Lem a sou an. Sulli mi glei daschiaßn, oda sulli saufn wiara Sau." Ein Raunen ging durch die Menge der Zuhörer bzw. der Schaulustigen.

Das Fernsehen dokumentierte die Höhepunkte der Veranstaltung. Wolfgang Kos, der Regisseur, Moderator der legendären Musikbox und spätere Direktor des WienMuseum, erzählte mir, der damalige ORF-Programmdirektor Helmut Zilk wollte vorerst die Dokumentation nicht ausstrahlen, weil „die in Knittelfeld sind alles Linke“.

Weltuntergangslärm

Das, was wir musikalisch boten, glich etlichen unserer Lehrer als Weltuntergangslärm. Wir waren Stigmatisierte und wurden nicht selten gepiesackt. Das war vor einem halben Jahrhundert. 2003 feierte unser Gymnasium sein hundertjähriges Bestandsjubiläum. Beim Festakt war ich bass erstaunt, unsere Gruppe in der gezeigten Multimediashow an prominenter Stelle als „die Schuldband“ wiederzufinden, die – so der Text, "es zu überregionalem Ansehen, zu Schallplattenaufnahmen und Fernsehauftritten brachte".

Vier Jahre zuvor fand in Knittelfeld die steirische Landesausstellung zum Thema „Verkehr“ statt. Die Urania war begleitend tätig. 1000e Besucher aus dem In- und Ausland kamen. Leider brachte das Ereignis in der alten Lokmontagehalle, einer "Kathedrale der Technik", keine Nachhaltigkeit. Hier wäre meiner Meinung der ideale Standort für das jetzt in ungeeigneten Räumlichkeiten untergebrachte Eisenbahnmuseum sowie für die große im Keller des Bahnhofs befindliche Modelleisenbahn. Hier wäre der geeignete Ort, in einer modernen Präsentation Knittelfeld als Eisenbahnerstadt und Verkehrsgeschichte zu dokumentieren.

Mit der Aufstellung einer alten Dampflokomotive am Bahnhofsplatz oder schon gar nicht durch, wie vor Jahren auf dem Kapuzinerplatz geschehen, einen ausrangierten Speisewagen, ist das nicht einmal marginal möglich.

7. September 2002

In Knittelfeld findet, so die Hamburger "Zeit", ein "Scherbengericht" statt. Jörg Haider putscht am hier stattfindenden Parteitagsder FPÖ und demaskiert die Legende vom liberalen oder sonst irgendwie postmodernen Phänomen des Rechtspopulismus und spaltete die Partei.

Dieses Ereignis mit "Bierdunstatmosphäre" ließ Knittelfeld in aller Munde sein. In der deutschen ntv-Politik-Fernsehsendung "Meischberger" fragte die namengebende Journalistin – routiniert durch Interviews mit Helmut Schmidt, Helmut Kohl, Gerhard Schröder, Sir Peter Ustinov etc. – ihren Gesprächspartner Peter Westenthaler etwas ratlos nach dem Ort "Knittel-Feld?". Ja, Knittelfeld! Der Name wurde zum Symbol für das was Haider unter Demokratie verstand, und hatte in der Berichterstattung keinen unbedingt guten Geschmack. Sogar vom „Eisenbahnerkaff“ war die Rede.

Nicht mehr so freundlich aufgenommen

Die Stadt hat sich gewandelt. Menschen aus anderen Ländern und Kulturen sind zugezogen und wurden nicht mehr so freundlich aufgenommen wie 1956 die Flüchtlinge aus Ungarn.

Die Kapuziner gingen weg. Ihr Gotteshaus dient jetzt der rumänisch-orthodoxen Gemeinde als Kirche. Der 1970 auf dem vom StMSC Knittelfeld initiierten Österreichring erstmals ausgetragene Grand-Prix ist mit dem heutigen Formel-1-Event auf dem Red-Bull-Ring nicht mehr zu vergleichen. Damals traf man Champions wir Jack Brabham im Konsumbuffet am Kapuzinerplatz und Jackie Stewart logiert bescheiden in der Pärr-Villa. Heute jetten die Piloten von den Luxusabsteigen am Wörtersee zu Training und Rennen an. Das Ring-Gelände bietet Platz für eine geschlossene Gesellschaft, die nach wie vor Bernie Ecclestone abzockt. Und weder von Zeltweg noch von Knittelfeld ist im Zusammenhang mit dem Grand-Prix-Zirkus noch die Rede. Als Austragungsort hat Spielberg das Rennen gemacht.

2009 brachte unsere Ausstellung „Geschlossene Gesellschaft. Die Entwicklung der Knittelfelder Neustadt vom Gefangenenlager zur aufstrebenden Wohngegend" einen Beitrag gegen das Vergessen, wofür ich auch den beiden ehrenamtlich wirkenden Stadtarchivaren nochmals ein freundschaftliches Dankeschön aussprechen darf. Dank gilt auch der Urania, die das Projekt mit einer Vortragsreihe und einer Geschichtswerkstatt bereicherte. Das Echo war enorm, die Publikation fand rasanten Absatz, das Fernsehen berichtete dreimal. Und die Ausstellung zeitigte Nachhaltigkeit.

Mit seiner „Matrix 1914“, eine umrisshaft aufgeführten Figur, ein darniederliegendes Opfer andeutend, schuf der Tiroler Künstler Martin Gostner 2014 am Friedhof einen Erinnerungsort.

Stadt und die Region werden immer wieder als Krisengebiet apostrophiert. Wie sehr das etwa in wirtschaftlicher Hinsicht stimmt, sollen Fachleute, der Wirtschaftskammerpräsident ist ja Knittelfelder, beurteilen.

Krisenzeichen?

Für mich erhebt sich jedoch die Frage, ob es nicht auch ein Krisenzeichen war bzw. ist, wenn junge Menschen den Ort verließen und verlassen. Etliche meiner Jugend- und Schulfreunde sind – wie ich – nicht hiergeblieben. Sie (wir) wirkten und wirken als Journalisten, Musiker, Wissenschaftler, Schauspieler, Techniker, Politiker, Kunstauktionäre, Kunstschaffende, Lehrer etc. in ganz Österreich oder im Ausland.

Sie (wir) fanden den Weg nicht mehr zurück, weil uns die Stadt keine Berufsmöglichkeit bot. Viele von ihnen, mit denen ich noch Kontakt pflege, haben mit der Stadt abgeschlossen, für sie ist sie Stätte eines vergangenen Lebensabschnittes. Für mich liegen hier meine Wurzeln, von hier komme ich her. Knittelfeld ist für mich die alte Heimat. Und deswegen unterstütze ich auch gerne die hiesige Urania, vornehmlich durch Vorträge und das seit 1987.

1997 entstand die Filmdokumentation „Knittelfeld – Stadt ohne Geschichte“ von Gerhard Friedl, die auf die von Mitgliedern einer hiesigen Familie verübten Gewalttaten einging. Ich gehe nicht darauf ein, sondern kontertkariere den Titel: Knittelfeld ist natürlich (no na) eine Stadt mit Geschichte, auf die auch immer wieder bei den Veranstaltungen der Urania eingegangen wird. So war es gestern, so ist es heute und so wird es hoffentlich auch in Zukunft sein.

In diesem Sinne: Österreichische Urania für Steiermark ad multos annos!