„Wir haben mehr als 6000 gelistete Kunden. Was die Nachfrage betrifft, könnten wir sofort drei Vollzeitmechaniker einstellen“, sagen Jasmine und Bernd Willibald von der „Radwerkstätte Willibald“ beim Knittelfelder Stadtpark. Das Problem: Diese Mechaniker gibt es am Markt nicht. Noch dazu hat ein Lehrling gleich nach Abschluss der Kauffrau-Lehre aufgehört, bei einer weiteren Kandidatin hat sich nach wenigen Monaten herausgestellt, dass es nicht der richtige Job für sie ist. So bleiben neben den beiden Chefleuten der Fahrradmechatroniker-Lehrling Alexander und die Teilzeit-Hilfskraft Peter übrig.

„Wie vor zehn Jahren“

Alexander kommt ab April für drei Monate in die Berufsschule: „Dann sind wir personell so aufgestellt wie vor zehn Jahren, nur unser Kundenstamm ist um das 50-fache größer“, sagt Bernd Willibald. Symbolisch für den Mangel an Arbeitskräften stehen zwei Schaufensterpuppen im Geschäft.

Reduzierte Öffnungszeiten

Die Lösung? Selber noch mehr zupacken? Das geht kaum noch, wie ein Vergleich zeigt: Bernd Willibald hat früher in der nahegelegenen ÖBB-Werkstätte gearbeitet. In der Fahrrad-Hochsaison sehe er von der Werkstatt aus die Frühschichtler zur Arbeit radeln und die Nachmittagsschichtler von der Arbeit nach Hause radeln, beschreiben die beiden. Deshalb haben sie einen Entschluss gefasst: Die Öffnungszeiten für Kunden werden reduziert. Schon vor Jahren wurde ein erster Schritt gesetzt und ein „Reparatur-Dienstag“ eingeführt. Das heißt, am Dienstag bleibt das Geschäft geschlossen und es werden von früh bis spät Fahrräder repariert.

Mit Anfang April folgt ein zweiter Schritt: Freitag zu Mittag ist Schluss, dann wollen die Eltern eines Kleinkindes ins Wochenende gehen. Der Freitagnachmittag sei zwar traditionell umsatzstark, aber es gehe auch um mentale Gesundheit. Denn schon in ihren relativ jungen Jahren würden sie von psychosomatischen und körperlichen Beschwerden nicht verschont bleiben, schildern der 39-Jährige und die 37-Jährige. „Wenn wir uns ins Burnout arbeiten, haben unsere Kunden, Mitarbeiter und wir selbst am wenigsten davon, das wäre der größte Schaden“, sagt Jasmine Willibald. Am Samstag hatte das Geschäft schon bisher nicht geöffnet, und so bleibe nun ein verlängertes Wochenende, nach dem man wieder mit voller Kraft in die Woche starten könne.

Hoffen auf Verständnis

Das Ehepaar ist zuversichtlich, auf Verständnis der Kundschaft für die verkürzten Öffnungszeiten zu stoßen. Man begegne Kundinnen und Kunden stets mit großer Wertschätzung: „Wir denken, wer bei uns einkauft, schätzt uns nicht nur in fachlicher, sondern auch in menschlicher Hinsicht.“ Statt 24 hat man nun 21 Stunden die Woche geöffnet (siehe Infobox). Das ist immerhin noch soviel wie die meisten Arztpraxen.