Im Zentrum von Leoben soll es Dienstagabend zu einem Vorfall gekommen sein, bei dem sich eine junge Frau von einem Mann sexuell belästigt gefühlt hat. Die Mutter der jungen Frau teilte das auf Facebook, wo sich der Beitrag wie ein Lauffeuer verbreitete – und das noch immer tut. 185-mal wurde das Posting seither geteilt und 84-mal kommentiert. (Stand Mittwochabend 18.39 Uhr)

"Pfefferspray mitnehmen", "Augen auf beim Spazieren mit den Kleinen", "Polizei verständigen" oder "Stadt, wo man um seine Kinder und sich selbst fürchten muss" – war da unter den Kommentaren etwa zu lesen. Im Nu entwickelte sich eine Eigendynamik zu dem Vorfall. Zeugen scheint es bisher noch keine zu geben. Die Sache wurde mittlerweile auch zur Anzeige gebracht, bestätigt die Polizei auf Anfrage der Kleinen Zeitung.

"Panik zu machen, hilft niemandem"

Im Kommentarfeld auf Facebook schaltete sich zwischen hitzigen Debatten schließlich auch Polizist Gerd Hornbacher ein – weil er das Ganze auf einen "gesetzlichen, ruhigen Standpunkt bringen" wollte, wie er mitteilt und anhängt: "Aber wenn das Rad einmal losgetreten ist, lässt es sich nur sehr schwer wieder stoppen. Und sagen wir einmal so, das subjektive Sicherheitsgefühl stärkt so ein Beitrag nicht unbedingt. Panik zu machen, hilft niemandem."

"Durch solche Postings können Ermittlungen verfälscht, behindert oder sinnlos gemacht werden", fügt Hornbacher noch hinzu. Während sich die junge Frau nicht mehr an das Aussehen des Mannes erinnern könne, wisse sie andererseits aber noch, wie das Fahrrad ausgesehen habe, auf dem er unterwegs gewesen sein soll. Und genau da wird es laut dem Polizisten schwierig. "Es werden Personengruppen oder Lenker gelber Fahrräder stigmatisiert."

Polizist Gerd Hornbacher
Polizist Gerd Hornbacher © BMI/Gerd Pachauer

Stimmt zu 80 Prozent nicht

Aus polizeilicher Erfahrung würden Daten bei Personenbeschreibungen nach solchen Vorfällen zu etwa 80 Prozent nicht stimmen, meint Hornbacher und sagt: "Ich will das nicht kleinreden oder sagen, dass das alles nicht stimmt. Aber das Opfer ist in dem Moment in einer Stresssituation und sieht vieles einfach nicht. Die bloße Beschreibung eines Opfers ist kein hundertprozentiger Nachweis, dass etwas so auch zutrifft." Das Fahrrad könnte auch beige oder braun gewesen sein, denn gerade was Farben betrifft, habe jeder eine andere Wahrnehmung, meint der Polizist.

Was in so einem Fall laut Hornbacher entscheidend ist: keine Kommunikation mit dem Täter aufnehmen, weitergehen und die Polizei informieren. Hat man kein Handy dabei, einfach ein Geschäft oder öffentlichen Platz wie den Hauptplatz aufsuchen und jemanden bitten, die Polizei zu rufen. "Wenn Polizeikollegen den Funkspruch kriegen, schwirrt sofort alles in Leoben aus und sucht nach demjenigen. Eine Partie würde in der Zwischenzeit die junge Frau betreuen."