Darf ich Sie zu einer kurzen Autofahrt einladen? Es geht die südspanische Küste entlang. Die A-7 von Almería in westlicher Richtung nach Malaga. Ein Urlaubsparadies. Auch im Herbst. Steigen Sie ein!

Aber wir werden nicht lange unterwegs sein, und ein seltsamer Mix aus sprachlosem Erstaunen, nach Innen gerichteter Wut und hilfloser Leere wird sich als Souvenir mit ins Auto schleichen. Warum?

Darum: Auf einer Strecke von gut 30, 40 Kilometer führt der Überland-Highway mitten durch eine Landschaft, die längst als Mar del Plástico beziehungsweise „Plastikwüste“ bekannt ist: Über tausende Quadratmeter karges Land sind die Plastikhäute von Gewächshäusern gespannt. Jeder Zentimeter wird genutzt. Zoomt man sich via Google Maps-Satellitenbild in die Gegend, zeigt sich das wahre Ausmaß der Kunststoffplanen-Verhüttelung. Auf einer Fläche, so groß wie 50.000 Fußballfelder, nur Plastik, Plastik, Plastik. Erschreckend.

Die Gegend zwischen Almería und El Ejido gilt als das weltweit größte Anbaugebiet unter Folie. Hier werden Gemüse und Früchte für den Export in europäische – auch österreichische - Supermärkte produziert. Mit direkten Folgen für das lokale Klima und die umgebende Kulturlandschaft.

In einer Region, in der ohnehin akuter Wassermangel herrscht, greifen Bauern neben Unmengen von Pflanzenschutzmitteln zum einen auf Grundwasser zurück, um die Gewächshäuser künstlich bewässern zu können. Zum anderen gibt es an der Küste Entsalzungsanlagen, die wiederum mit großen Mengen fossiler Brennstoffe betrieben werden und das Klima zusätzlich belasten.

Das "Mar el Plástico" in Südspanien: Ein Meer aus Plastikgewächshäusern

Und dann wäre da noch das Plastik selbst. Laut einer Studie sind die durchschnittlichen Temperaturen in der Region in den vergangenen 25 Jahren um 0,3 Grad pro Jahrzehnt gesunken – während sie im Rest Spaniens im selben Zeitrahmen um 0,5 Grad gestiegen sind. Als Grund für dieses Umkehrphänomen haben die Wissenschaftler die Gewächshäuser ausgemacht, deren Plastikplanen das Sonnenlicht teilweise reflektieren, sodass am Boden weniger Sonnenenergie ankommt. Es bleibt kühler.

Das Plastikmeer in El Ejido
Das Plastikmeer in El Ejido © (c) neftali - stock.adobe.com

Und die ökologische Tragödie lässt sich fortschreiben, wenn wir ins Landesinnere Richtung Granada fahren. Die Hochebene überziehen riesige Olivenbaum-Plantagen. Akkurat in Reih' und Glied gesetzt, stehen die hochgezüchteten Bäume, dazwischen ausgetrocknete, graslose Böden, weil in den nahen Bergen der Sierra Nevada immer weniger Schnee fällt und damit Schmelz- und Grundwasser fehlt.

Das macht die Anbaufläche verletzlich, weil damit der Wind leichtes Spiel hat, die oberen Bodenschichten einfach wegzublasen. Was auch passiert. 40 Prozent der fruchtbaren Böden sind allein zwischen 1980 und 2000 verloren gegangen. Auch die hier wachsenden Weinstöcke leiden darunter, weil ihre Wurzeln kein Grundwasser mehr finden.

Das alles macht traurig. Verstört. Verärgert. Verändert: das Einkaufsverhalten und Geschmackserlebnis. Zumindest bei mir. Die Tomaten, Paprika, Avocados, Erdbeeren und Zitrusfrüchte „made in Spain“, schmecken nicht mehr nur nach nichts, sondern gar nicht mehr. Mein Kühlschrank wird zum radikalen Sperrgebiet für derartige Produkte. Spät? Ja, aber besser als nie. Und Ihrer?

Einen schönen Einkauf am regionalen Bauernmarkt wünscht
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Klaus Höfler

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