Allerheiligen wird heute in Stiwoll nur unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen in der Kirche begangen - die Gräbersegnung am Friedhof wurde verschoben. Auch die Heldenehrung entfällt, wie viele andere Veranstaltungen auch. Vor der kleinen Kirche haben sich uniformierte Polizisten postiert, auch im Inneren des Gebäudes wohnen Beamte in zivil der Messe bei. Dazu befinden sich Mitarbeiter des Kriseninterventionsteams immer in der Nähe von Angehörigen. Starke Polizeipräsenz prägt auch am Feiertag das Bild des kleinen Ortes.

Suche wurde heute früh wieder aufgenommen

Der 66-jährige mutmaßliche Schütze Friedrich F., der am Sonntag auf seine Nachbarn geschossen und dabei zwei getötet und eine Nachbarin schwer verletzt haben soll, ist auch gestern Dienstag nicht gefunden worden, obwohl die Polizei die Suche intensiviert hat. Hunderte Beamte waren unter anderem mit Suchhunden und Hubschraubern in der Steiermark und in Niederösterreich im Einsatz.

In der Nacht auf Mittwoch waren Spezialkräfte der Cobra auch damit beschäftigt, die Stollensysteme in der Nähe des Tatortes zu durchsuchen, teilte die Landespolizeidirektion Steiermark mit. Auch dort stieß man auf keine Hinweise zum Aufenthalt des Verdächtigen.

In den Morgenstunden wurde die Suche in der gleichen Mannstärke wie am Vortag wieder aufgenommen. Inzwischen sind jedoch neue Kräfte aus mehreren Bundesländern in Stiwoll eingetroffen um die Polizisten im Einsatz abzulösen. Auch Beamte der Wiener Sondereinheit WEGA und der Einsatzeinheit Oberösterreich unterstützen am Feiertag die steirischen Kollegen. Die Suche geht diesmal vom Anwesen des mutmaßlichen Todesschützen aus.

WEGA-Beamte sammeln sich
WEGA-Beamte sammeln sich © Hans Breitegger

Hinweise aus Amstetten

Am Dienstagnachmittag hatte sich die Aufmerksamkeit vorübergehend von der Steiermark nach Niederösterreich verlagert. Nahe Amstetten soll der Verdächtige von mehreren Passanten gesehen worden sein. Gesucht wurde im Großraum um Kematen und St. Valentin sowie im Bereich der Donaubrücke Richtung Mauthausen (OÖ). Gefunden wurde der Verdächtige jedoch auch dort nicht. Später wurde die Alarmfahndung auf die zweithöchste Stufe heruntergefahren - "intensive Streifungen" wurden aber fortgesetzt.

Der 66-jährige Steirer soll am Sonntag mit einem Langwaffe auf seine Nachbarn geschossen haben. Ein 64-jähriger Mann und eine 55 Jahre alte Frau starben, eine 68-Jährige wollte fliehen, wurde am Arm getroffen und schwer verletzt. Einem vorläufigen Obduktionsergebnis zufolge wurde der Mann zweimal, die 55-jährige Nachbarin gleich drei Mal getroffen. Bei der schwer verletzten 68-Jährigen wurde ein Einschuss festgestellt. Das Kaliber wird von der Exekutive aus ermittlungstaktischen Gründen nicht veröffentlicht. Bei der Waffe des Verdächtigen handelte es sich jedenfalls - entgegen ersten Meldungen - nicht um ein Gewehr seiner Ehefrau, sondern um eine illegale Waffe. Sie war nicht registriert. Die registrierten Waffen der Frau wurden von der Polizei sichergestellt.

Das Motiv für die Schüsse aus dem Hinterhalt soll ein langer Streit um ein Grundstück gewesen sein. Der Verdächtige ist bei den Behörden kein Unbekannter: Gegen ihn wurde schon wegen übler Nachrede, versuchter Nötigung und gefährlicher Drohung ermittelt, die Verfahren wurden aber eingestellt, da er in Gutachten als nicht zurechnungsfähig eingestuft worden war. Gegen ihn wurde auch im Vorjahr ermittelt, nachdem er mit seinem Bus mit einem Plakat mit der Aufschrift "Heil Hitler" durch Graz und andere Gebiete gefahren war. Da ihm aber der Vorsatz der NS-Wiederbetätigung nicht nachgewiesen werden konnte, kam er auch da straffrei davon. Vom Gutachter wurde er außerdem als nicht gefährlich eingestuft, weshalb er nicht in einer Anstalt untergebracht werden konnte.

Zwei Tote: Bewaffneter Täter flüchtig

Keine "Todesliste"

Die Existenz einer in Medien kursierenden angeblichen "Todesliste" des Verdächtigen wurde am Dienstag von der Landespolizeidirektion Steiermark nicht bestätigt. Eine derartige Liste sei definitiv nicht gefunden worden. Es existiert aber eine "Gefährdeten-Liste", die von der Polizei selbst erstellt wurde. Darauf zu finden sind unter anderem die Staatsanwaltschaften Graz, Klagenfurt, Leoben, diverse Richter und Bezirkshauptmannschaften, andere Institutionen und auch Betriebe, mit denen der 66-Jährige in Streit war. Sie alle werden von extra abgestellten Beamten beschützt.