In der Statistik der Grazer mit ausländischer Staatsbürgerschaft liegt Italien an zehnter Stelle. 1748 Italiener haben hier ihren Hauptwohnsitz, 850 einen Nebenwohnsitz. 2019, im letzten Reisejahr vor der Coronapandemie, wurden 38.600 Nächtigungen von Italienern in Graz gezählt. Mit einem Anteil von 3,1 Prozent bei den Nächtigungen liegt Italien an dritter Stelle hinter Österreich mit 47,7 Prozent und Deutschland mit 18,5 Prozent. Die Uni Graz zählt 248 italienisch-Studierende. Und: Die Plattform Tripadvisor listet 79 italienische Lokale in Graz auf.

Wir haben uns anlässlich des Euro-Achtelfinales Österreich gegen Italien aber auch abseits der Zahlen angeschaut, wie italienisch Graz ist - kulinarisch, sprachlich, bauhistorisch - und politisch!

Società Dante Alighieri: "Forza ragazzi!"

Die Società Dante Alighieri bringt den Grazern seit 1947 (!) die italienische Sprache näher. Tipps des Teams für alle, die heute sprachlich auf Augenhöhe kommunizieren wollen: „Forza ragazzi“ - klingt doch gleich besser als „gemma, Burschen“, oder? Ein „dai!“ ersetzt stilvoll das steirische „Kuuumm!“. Patzt der Schiedsrichter, zeigt man mit einem rustikalen „Cornuto!“, dass man seine Italienisch-Lektionen gelernt hat. Rote Karte? „Cartellino rosso“, klingt doch gleich viel harmloser, oder?

"Pizzorante" kocht Pasta für die „Azzurri“

Pizza und Pasta gibt es jedenfalls satt: Knapp 80 Italo-Lokale gibt es in Graz, die freilich aber längst nicht alle von ganz originalen Italienern geführt werden. Im „Pizzorante“ in der Brockmanngasse kocht mit Daniele Salomoni ein waschechter Sarde auf – und wie! Was empfiehlt der Gastronom, der übrigens kein Fußball-Fan ist, als kulinarische Unterstützung? „Linguina tricolore!“ – also Pasta mit einer feinen Tomatensauce, cremiger Burrata, Basilikum und zwei Geheimzutaten namens „Amore“ und „Passione“. Das Rezept dazu:

Nicht-Fußballfan Daniele Salomoni kocht Linguina tricolore
Nicht-Fußballfan Daniele Salomoni kocht Linguina tricolore © Pajman

Plätze, Höfe & Bauten: Innenstadt mit Italo-Flair

Was ist dran am Ruf von Graz als nördlichste italienische Stadt? „Ich merke bei meinen Führungen, dass sich die Italiener in der Grazer Innenstadt sofort zuhause fühlen“, erklärt Sigrid Alber von den Graz Guides. „Der Franziskanerplatz ist zum Beispiel ein Ort mit sehr italienischem Flair“, so die Stadtführerin. Ein Blick in die Baugeschichte der Stadt fördert zahllose Italiener zutage, die in Graz ihre Spuren hinterlassen haben: Domenico dell’Allio verdankt die Stadt den wunderbaren Arkadenhof des Landhauses, Giovanni Pietro de Pomis die Mariahilferkirche, das Mausoleum und das Schloss Eggenberg.

Sigrid Alber führt durch Graz - und hier durch den Arkadenhof des Landhauses, der nach Plänen von Domenico dell’Allio erbaut wurde
Sigrid Alber führt durch Graz - und hier durch den Arkadenhof des Landhauses, der nach Plänen von Domenico dell’Allio erbaut wurde © Pajman

Grazer Vizebürgermeister Eustacchio: Der Italiener im Rathaus

Graz hat einen Italiener als Vizebürgermeister, ist das wahr? „Ja, zumindest mit italienischen Wurzeln, wir leben hier aber schon in fünfter Generation“, schmunzelt Mario Eustacchio: „Mein Ur-Urgroßvater Angelo war Großhändler aus Buja im Friaul nahe San Daniele – damals Teil der k. u k.-Monarchie. Er hat die Ziegler in Graz, die meist aus dem Friaul stammten, mit Lebensmitteln aus der Heimat versorgt.“ Schließlich hat er aber so um 1870 Ziegelwerke gekauft. Deshalb heißt das einstige Ziegelei-Gelände hinter der Terrassenhaussiedlung bis heute Eustacchio-Gründe. Der Tipp des Italo-Vizebürgermeisters fürs Achtelfinale? „2:1 für Österreich, ich bin ja Patriot!“

Mario Eustacchio ist italophiler Österreicher - und Italiener in fünfter Generation
Mario Eustacchio ist italophiler Österreicher - und Italiener in fünfter Generation © Jürgen Fuchs