Polizist, Kinderärztin, Döner-Verkäufer, Designerin, Anwalt: Die Antworten auf die Frage nach dem Berufswunsch sind genauso vielfältig wie die Herkunftsländer der Kinder einer vierten Klasse in der Volksschule St. Andrä in Graz-Gries. Das besondere an der Schule: 100 Prozent Migranten-Anteil. Das ist es auch, was viele einheimische Eltern die Schule meiden und die Kinder immer wieder in den Mittelpunkt politischer Debatten rücken lässt. Die Befürchtungen drehen sich um die Themen Sprachdefizite und Integration.  

Wir haben uns mit acht Kindern aus der Schule unterhalten. Vier von ihnen kommen aus Syrien, jeweils eines aus Ägypten, Nigeria, Tschetschenien und der Türkei. "Wie gefällt es euch hier in der Schule?" fragen wir in die bunte Runde. Nach ein paar stillen Momenten bricht Olasheyi das Schweigen: "Ich mag Turnen und Mathematik am liebsten."

Zeit für ein Selfie!
Zeit für ein Selfie! © kk

Schnell haben alle Kinder ihre anfängliche Schüchternheit vergessen und erzählen von ihren Lieblingsfächern. Bei Mustafa ist Sachunterricht gerade hoch im Kurs - von Flüssen, Graz und Rittern lerne man da. Selbstbewusst erwähnt er nebenbei, dass Graz 17 Bezirke hat und die Hauptstadt der Steiermark ist.  

Mathe ist langweilig

Amira wiederum "hasst" Mathematik, "weil es langweilig ist". Sie mag Werken und Malen, schließlich will sie ja Designerin werden. "Was ist das?" fragt ein Bub. "Da macht man Klamotten mit Mustern," erklärt sie. Dafür müsse man Nähen, aber in Werken hätte sie bis jetzt nur gestrickt. Ansonsten mag sie die Schule nicht so. Sie würde lieber Zuhause mit iPad und Handy spielen, oder mit den Wellensittichen. 

Die Kinder der VS St. Andrä
Die Kinder der VS St. Andrä © David Knes

Untereinander wird Deutsch gesprochen. Trotz deutlicher Niveauunterschiede verstehen die Kinder einander. Zuhause unterhalten sich aber alle in einer anderen Muttersprache. Insgesamt sprechen die Schüler der VS Andrä 24 verschiedene Sprachen. Ein paar Schüler haben, bevor sie nach Österreich kamen, mehr Zeit in anderen Ländern verbracht und dort etwa Französisch oder Italienisch aufgeschnappt.

Mustafa hat 120 Freunde

Sprache oder gar die Herkunft sind zumindest unter den Kindern, mit denen wir uns unterhalten haben, überhaupt kein Thema. Aber ist es für sie wichtig, woher jemand kommt? Die Kinder sind sich einig, Abdullah ergreift das Wort: "Uns ist das egal". Und Mustafa fügt hinzu: "Ich habe 120 Freunde und es ist ganz egal." Ob da auch Österreicher dabei sind? Ja, beim Fußballspielen gäbe es viele. 

...und noch ein Selfie: Hala, Nour und Ragad
...und noch ein Selfie: Hala, Nour und Ragad © kk

Während die Schüler Selfies für uns machen, bleibt nur noch eine Frage offen: Spielen Mädchen und Buben zusammen? "Nein, wäh!" Eine klare Ansage und viel Gekicher. Was für manche ein Hinweis auf kulturelle Unterschiede im Umgang mit dem anderen Geschlecht sein könnte, ist hier auf etwas ganz Simples zurückzuführen: Kinder sind eben Kinder.