Es war ein großer Abend, gespickt mit Überraschungen. Am Ende strahlten sieben Sieger, die von den Lesern der Kleinen Zeitung zu den Köpfen des Jahres gekürt wurden - und Neo-Teamchef Franco Foda, der den Ehrenpreis der Redaktion bekam.

Rund 200 Gäste fieberten gestern im Styria Media Center am Gadollaplatz bei der Wahl zum „Grazer des Jahres“ dem Trommelwirbel entgegen. Zum ersten Mal stand nämlich nicht im Vorfeld fest, wer die Publikumswahl der Kleinen Zeitung für sich entschieden hatte - insgesamt wurden 130.000 Stimmen abgegeben. Wir hielten bis gestern Stillschweigen über das Endergebnis und hatten damit das Herzklopfen auf unserer Seite.

Angeführt von Moderator Mathias Pascottini machten es die Laudatoren Michael Kloiber (Leiter der Graz-Redaktion der Kleinen Zeitung) und Josef Fröhlich (Kleine-Steiermark-Chef) so richtig spannend.

Die acht Sieger im Porträt, alphabetisch gereiht:

Soziales Gewissen: Andrea Breithuber und Beatrix Altendorfer

© Anna-Maria Jung

Man muss nicht warten, bis die Politik etwas ändert, man kann auch selbst viel bewegen“, ist Beatrix Altendorfer überzeugt. Gemeinsam mit Andrea Breithuber hat die Grazerin die Internetseite „Nachhaltig in Graz“ ins Leben gerufen. Innerhalb kurzer Zeit entwickelte sich die Seite zur Informationsdrehscheibe für alle, die umweltbewusst in der Landeshauptstadt leben wollen. Wo gibt es Milchautomaten? Wer repariert Reißverschlüsse? Antworten liefert „Nachhaltig in Graz“.

Die Auszeichnung mit dem Klimaschutzpreis Ende des vergangenen Jahres war für die Frauen kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen, auch wenn sie mit ihrem Engagement derzeit nichts verdienen. Per Facebook, Twitter, Instagram und Pinterest bringen sie mittlerweile Tipps unter die Leute. Den Schritt vom Netz ins „echte Leben“ wollen sie heuer wagen und ein günstiges Vereinslokal finden. Dort sollen in Zukunft auch Workshops, Tauschbörsen und Repair-Cafés stattfinden.

Entertainment: Angelika Ertl-Marko

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Diese Frau legt so ein Tempo vor, dass man mit dem Schreiben kaum nachkommt. Angelika Ertl-Marko, die seit Jahren Kraft aus dem Feldkirchner Familienbetrieb schöpft, macht weit mehr aus ihrem Garten als Smoothies und Gurkensalat. Sie zählt zu Österreichs Grünzeug-Spitze und predigt seit Jahren via ORF, was alles Gutes aus dem eigenen Garten kommt. Ihr Buch „Da haben wir den Salat“ ziert seit 2016 alle großen Schaufenster und Bestseller-Listen des Landes und ist überdies eines jener Kochbücher, die vom Autor selbst vorgekocht wurden. Was man auch schmeckt, äh herausliest.

Mit ihrem Brettspiel „Mein Gartenspiel“ kann die ganze Familie garteln, auch wenn sie selbst nur von Balkonien aus träumt. Und weil's ja fad ist, wenn man die Traumgärten nicht selbst zu Gesicht bekommt, bereist Angelika Ertl-Marko mit ihrem Gartenreisebüro mindestens die halbe (Garten-)Welt. Und außerdem hat sie auch abseits der Kameras stets ein großartiges Lächeln parat. Außer, wenn es um Feinstaub und Autobahnlärm geht - da kennt auch sie keinen Spaß mehr.

Ehrenpreis: Franco Foda

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Das Jahr 2017 gilt als das erfolgreichste in der Fußballtrainerkarriere von Franco Foda, der dafür auch den Sonderpreis der Redaktion erhält. Nach Platz drei mit dem SK Sturm in der Vorsaison erfand sich der Deutsche neu. Er trichterte seiner Truppe Variabilität und Flexibilität ein. So sehr, dass seine schärfsten Kritiker nicht aus dem Staunen herauskamen. Und noch wichtiger: Sturms Gegner bissen sich reihenweise die Zähne aus. Die Schwarz-Weißen überwintern auf Platz eins der Tabelle und die Fans träumen vom vierten Meistertitel der Klubgeschichte.

Diesen würde Foda („Sturm kommt in die Top zwei“) nur als Gast erleben. Denn seine Entwicklung blieb auch dem ÖFB nicht verborgen. Deshalb wurde der frühere Verteidiger als Nachfolger von Teamchef Marcel Koller bestimmt. Die Premiere im Freundschaftsspiel gegen Uruguay glückte mit dem 2:1-Sieg. Obwohl er sein neues Büro in Wien bezogen hat, bleibt Graz für Foda die Heimat.

Der Mainzer lebt bis auf eine einjährige „Auszeit“ in Kaiserslautern seit 1997 in Graz. Kein Wunder, dass der Deutsche von seiner zweiten großen Liebe spricht („Meine Frau und meine beiden Söhne sind für mich das Wichtigste in meinem Leben“). An Graz schätzt der 51-Jährige die hohe Lebensqualität, die netten und auch offenen Menschen. Sollten sich die Erfolge mit dem Nationalteam einstellen, werden ihm bald die Herzen von ganz Fußball-Österreich zufliegen.

Kultur: Lucia Froihofer und Michael Hell

© Anna-Maria Jung

Die Neue Hofkapelle Grazwar die tragende Säule der styriarte 2017: Bei „Der König tanzt“ ließ sie in Eggenberg Stimmung wie in Versailles aufkommen. Und beim Operncapriccio „La Margarita“ in Schielleiten brachte sie das Pferdeballett auf Trab. Das exquisite Ensemble ist aber nicht nur gern gesehener Gast bei Festivals, sondern auch selbst ein hervorragender Gastgeber. In der siebenten Konzertsaison serviert man erneut so frische wie ungewöhnliche Delikatessen. Und das oft mit kongenialen Partnern: Schauspielstar Hanna Schygulla etwa war bei der Uraufführung eines Kepler-Oratoriums schon da, die Alte-Musik-Gräfin Emma Kirkby oder Zirkusfürst Adrian Schvarzstein kommen noch. Und schon übermorgen gibt's in Quartettbesetzung Audienz bei H. C. Andersens „Schneekönigin“.

Die impulsiven Querdenker um die Geigerin Lucia Froihofer und den Cembalisten und Flötisten Michael Hell sind jedenfalls Garanten dafür, dass die Barockstadt einen im schönsten Wortsinn klingenden Namen hat: Neue Hofkapelle Graz eben.

Newcomer: Anna Heimrath

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Es war das Jahr der Anna Heimrath. Die 21-Jährige ersang sich mit ihrer ungeschliffenen Stimme Rang drei bei der Casting-Show „The Voice of Germany“. Als „sehr ereignisreich“ bezeichnet sie das Jahr 2017 - eine ordentliche Untertreibung. Mit jeder TV-Runde ersang sich Heimrath mehr Fans. Von Rap über Ballade bis Pop reichte ihr Repertoire, als musikalischen Höhepunkt bezeichnet sie selbst ihr Cover von „Fix You“ von Coldplay. Am Ende stand bei der deutschlandweiten Show Platz drei.

Ihr Erfolgsrezept? „Ich singe halt schon immer“, sagt sie. „Ob das in der Dusche ist, während des Autofahrens oder im Garten beim Umstechen - und genauso habe ich auch in der Show gesungen.“ Dass sich die ehemalige Waldorfschülerin nun „Grazerin des Jahres“ nennen darf, kann sie kaum glauben. „Allein die Nominierung war schon ein Highlight“, so Heimrath, die gerade bei der Deutschland-Tour von „Voice of Germany“ 20 Konzerte binnen vier Wochen gibt. Und danach? Alles offen. Fix ist nur: ein Musical in der Waldorfschule.

Wirtschaft: Christian Holter

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Am Anfang stand die Renovierung eines Hauses am Stadtrand von Graz. „Ökologie predigen und mit Kohle heizen“, das kam für den Umweltwissenschaftler Christian Holter nicht infrage. Die Solaranlage, die er 1990 auf dem Dach seines Hauses installierte, war damals ein Pionierprojekt und der Start einer internationalen Erfolgsgeschichte.

28 Jahre später kann der Solarenergiespezialist auf 300 Großprojekte verweisen, die das Unternehmen Solid weltweit entwickelt und errichtet hat. Die letzten Meilensteine: Die Aufbereitung des Warmwassers und die Kühlung des größten Krankenhauses von Nicaragua passieren in Kürze mit steirischer Solar-Technologie. In Singapur hat man soeben eine thermische Solaranlage für Ikea finalisiert, auch Pepsi und die Harvard-Uni griffen auf Know-how aus Graz zurück. Und in der Landeshauptstadt selbst hat Solid mit „Big Solar“ Pläne für die weltweit größte solarthermische Anlage im Köcher.

„Nur Geld zu verdienen, das wär uns zu wenig“, unterstreicht Holter dabei. „Mit unserer Anlage spart etwa das Krankenhaus in Nicaragua Geld bei den laufenden Energiekosten und wir leisten einen Beitrag zum Klimaschutz, so der Firmenchef.

Gastgeber: Wolfgang Nusshold

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Keinen Stein auf dem anderen lassen: So könnte man die Arbeit von Wolfgang Nusshold zusammenfassen. In seinem angestammten Beruf als Immobilienentwickler sowieso, wo er etwa den Wilden Mann in der Jakoministraße oder das Styria Center in der Annenstraße ordentlich um- und ausbaut. Aber auch als engagierter Gastgeber im Uni-Viertel rührt er gerne um. 2009 startete er dort mit dem Kottulinsky durch und musste dann die für Wirte schwierige Phase der vorverlegten Sperrstunde durchtauchen. 2015 übernahm er das Catering im Grazer Orpheum und 2017 setzte Nusshold einen weiteren Expansionsschritt: Nach dem Ende des Sperrstundenstreits mit der Stadt verdoppelte Nusshold seinen Auftritt im Uni-Viertel. Mit dem Monkeys knüpft er seit Oktober 2017 dort an die erfolgreichen Zeiten des Three Monkeys an.

Was wird die nächste Expansion sein? „Fürs Erste reicht es mir“, lacht Nusshold. Seine Warnung an sich selbst: „Nur ja nicht übernehmen!“

Sport: Sonja Stacher

© Anna-Maria Jung

Der Bruder ist schuld. Denn hätte die 25-jährige Kickboxerin Sonja Stacher in der Kindheit mit ihm nicht so viel gerauft, dann wäre wohl auch die Auszeichnung zum besten Grazer Sportkopf 2017 nicht möglich gewesen. Diesen Titel verdient sie sich redlich: Mit drei WM-Medaillen im Kickboxen hat Stacher ein sportliches Traumjahr auf die Matte gezaubert.

Silber, Silber und Bronze konnte die agile Sportlerin beim großen Turnier in Budapest erkämpfen. In der Disziplin Point Fighting, bei der nach jedem möglichst schnellen und technisch sauberen Schlag zwecks Punktevergabe gestoppt wird, wurde sie Zweite. Ein dritter Platz stellte sich im rundenweise zu kämpfenden Leichtkontakt-Bewerb ein. Komplettiert wurde die Sammlung der Athletin des ASKÖ Kickbox-Centers Graz mit Silber im Team.

Zum Kickboxen kam die 1,70 große Athletin nach ihrer Matura als Sidekick zum Elektrotechnik-Studium. Nun hat sie sich in der Weltelite festgesetzt. Das nächste Ziel glänzt golden.