Auch die Basis der Grünen hat das Gefühl, dass der Wahlkampf der Partei nicht gut läuft. Das war beim Bundeskongress in Graz deutlich zu hören, und die Parteispitze wurde bei der Abstimmung der Bundesliste für die Nationalratswahl auch einigermaßen abgestraft. Alexander Van der Bellen und Eva Glawischnig wurden von den rund 250 Delegierten nur mit je rund 84 Prozent auf die beiden ersten Listenplätze gewählt, Bundesgeschäftsführerin Michaela Sburny überhaupt fallen gelassen.

Meilenweit vom dritten Platz entfernt. Die Grünen, 2006 zur drittgrößten Partei gewählt, sind nach den Umfragen von diesem Platz meilenweit entfernt. Der Bundeskongress sandte gestern Signale an die Basis aus, die diese im Wahlkampf zu einem kräftigen Endspurt beflügeln sollen. Als einzige Partei - sieht man von den Kleinstgruppen ab - bekennen sich die Grünen dazu, dass eine stärkere Steuerbelastung der "Reichen" kommen müsse, um etwa Bildungsinvestitionen zu finanzieren. Das ist zwar im Wahlprogramm nachzulesen und Van der Bellen bekräftigte das auch, aber nur eher halbherzig. Erst das Grüne Urgestein Peter Pilz brach dass vermeintliche Tabu. Es gehe um eine "radikale Umverteilung", um die Besteuerung von Vermögen, von Vermögenszuwächsen und Spekualtionsgewinnen. Und es gehe darum, "dass die herren Haselsteiner und Meinl endlich auch etwas zur Bildung beisteuern.

Vermögenssteuer. In ihrem Wahlprogramm plädieren die Grünen für eine Vermögenssteuer, bei der aber das Eigenheim durch Freibeträge geschützt wird. Stiftungen sollen stärker besteuert werden und bei Einkommen über 100.000 Euro im Jahr sollen das Steuerprivileg des 13. und 14. Gehalts fallen. Mit diesen Steuerideen wollen die Grünen besonders den Ausbau der Bildung finanzieren.

Umverteilung. Es ist das Verdienst der Delegierten, die Parteispitze dazu zu bringen, diese Ziele offen auszusprechen. Pilz und andere Kandidaten haben sich dann direkt in einen Umverteilungsrausch hinein geredet.

Bundesliste. Hauptzweck des Bundeskongresses war die Erstellung der Bundesliste, was bei den Grünen streng demokratisch erfolgt und wegen der strikten Frauenquote nicht immer ganz einfach abläuft. Von dieser Liste gehen zwei weitere Signale an die Wähler aus. Für den dritten Platz, der ein sicheres Mandat bedeutet, kandidierten auch zwei Migrantinnen. Das Rennen entschied ziemlich knapp die gebürtige Türkin Alev Korun für sich, die schon Gemeinderätin der Grünen in Wien ist. Die Afrikanerin Beatrice Achaleke errang einen Achtungserfolg.

Signal gegen die Ausländerfeindlichkeit. Dass mit Korun erstmals eine ehemalige Einwanderin in den Nationalrat einzieht, verstehen die Grünen als Signal gegen die Ausländerfeindlichkeit, die im Wahlkampf anderer Parteien anklingt. Außerdem kann Van der Bellen damit den Wählern ein wirklich neues Gesicht präsentieren, was kaum einer anderen Partei gelingt. Ein weiteres Signal ist die Berücksichtigung des Tierschutz-Aktivisten Martin Balluch, allerdings auf einem Listenplatz ohne reelle Mandatschance. Dabei gehen die Grünen ein Risiko ein, weil die Methoden radikaler Tierschützer wenig zimperlich und scharf an den Grenzen des Rechtsstaates

Unterscheidbarkeit zum Liberalen Forum. Mit allen diesen Signalen will die Partei besonders auch ihre Unterscheidbarkeit zum Liberalen Forum betonen, das mit Heide Schmidt als Spitzenkandidatin in den Umfragen ziemlich gut liegt und ähnliche Wählergruppen anspricht. Doch auch das Bekenntnis zu dieser notwendigen Auseinandersetzung mussten die Delegierten der Parteiführung erst abverlangen. Van der Bellen versprach schließlich eine offensive Parteilinie in Sachen Immigranten. Er erinnerte auch daran, dass die Proteste der Grünen im Fall des Asylanten Marcus Omofuma, der 1999 im Zuge der Abschiebung zu Tode kam, sich günstig für das damalige Wahlergebnis ausgewirkt hatte, während die Liberalen sachlicher argumentiert hatten und aus dem Nationalrat flogen.