Es gibt Bilder der nahenden Katastrophe, die im ersten Kriegswinter 1914 ihren Lauf nimmt. 4. September 1914: Hunderte Menschen in Zivilkleidung stehen zusammengepfercht auf einer freien Wiese. Männer, Frauen und Kinder. Unterkünfte gab es keine, spät erst wurden Baracken errichtet.

Ins Lager. Tausende Ruthenen - Altösterreicher aus der heutigen Ukraine, die von der k. u. k. Armee der Russenfreundlichkeit verdächtigt wurden und entweder gleich am Kriegsschauplatz exekutiert oder eben nach Thalerhof deportiert wurden - kamen hier im Lager um. Die hygienischen Bedingungen waren völlig unzureichend. Im November und Dezember 1914 brach eine Cholera- und noch verheerender eine Fleck- und Bauchtyphuswelle aus. Die Seuche erfasste etwa 3000 Menschen, 1380 davon gingen bis Ende März 1915 elend zugrunde. Bis zur Auflösung im März 1917 wurden an die 30.000 Menschen im Lager Graz-Thalerhof interniert. Im kollektiven Bewusstsein der Nachfahren ist Thalerhof als grauenhafter Ort, als erstes KZ gespeichert.

Rollfeld auf Leichen? Leichen sollen sich in einem 1936 auf dem Friedhof Feldkirchen errichteten Karner (Gebeinhaus) befinden; auf diese Zahl verweist zumindest eine Tafel dort. Wie viele der zunächst auf der Westseite des damaligen Rollfeldes (heute das Gelände des Militärflughafens Nittner) und Teilen des heutigen Flughafens Thalerhof tatsächlich 1936 umgebettet wurden, ist nicht geklärt.

"Spitze eines Eisberges".Oberst a. D. Manfred Oswald, der sich seit Jahren akribisch mit dem Lager Thalerhof beschäftigt, hat Belege zusammengetragen, wonach die sterblichen Überreste im Karner nur "die Spitze eines Eisberges" seien. Man habe damals die Grabstätten lediglich "aufgelöst". Feldkirchens Bürgermeister Adolf Pellischek ist überzeugt: "Da wurden sicher nicht alle Leichen entfernt."

Flugzeuge. Auch der Historiker Ingo Mirsch, der in der Feldkirchner Ortschronik das Verbrechen an den Ruthenen erstmals aufarbeitete, ist davon überzeugt. Nicht auszuschließen, dass täglich Flugzeuge über alte Gräber rollen."Das muss aufgeklärt werden", fordert Oswald, "schon aus Pietätsgründen." Der für den Flughafen zuständige Stadtrat Wolfgang Riedler will nun eine Historikerkommission einsetzen.