Auf sein Markenzeichen, jede neue Saison mit einem engagierten Bekenntnis zum modernen Regietheater zu eröffnen, hat Intendant Jörg Koßdorff heuer erstmals verzichtet. Giuseppe Verdis "Maskenball" vertraute er Anselm Weber an, der keine ernsthafte Inszenierung ablieferte, sondern sich mit einem nichts sagenden szenischen Arrangement begnügte.

Wenig atmosphörisch. Im wenig atmosphärischen Einheitsrahmen von Hermann Feuchter, dessen einzige Qualität darin besteht, ein Spiel auf zwei Ebenen zu ermöglichen, ließ der Intendant des Schauspiels Essen weder interpretatorische Ambitionen noch das Bemühen um eine ernsthafte Personenführung erkennen. Da spielte es auch keine Rolle, dass er sich für die nach Boston transferierte Zensurfassung entschied und nicht den schwedischen König Gustav III. bei einem Maskenball (hier mit Kostümwertung!) ermorden ließ, für den die Kostümbildnerin Michaela Mayer-Michnay ihrer Fantasie freien Lauf lassen durfte.

Szenische Tristesse. Der szenischen Tristesse konnte die musikalische Realisierung der Partitur nur bedingt entgegensteuern, weil der zu breiten Tempi tendierende Chefdirigent Johannes Fritzsch zwar mit den Grazer Philharmonikern etliche Orchesterstellen im Feinschliff erklingen ließ, bei seiner Suche nach Verdis Brio aber all zu oft zwischen Betulichkeit und Knalligkeit pendelte.

Sängerleistungen. Bei den Sängerleistungen überwog der Schatten das Licht. Aus dem hauseigenen Schrumpfensemble bewährte sich vor allem Hyon Lee als keck und hellstimmig zwitschernder Page Oscar. Ivan Orescanin ließ als Silvano keine Wünsche offen, David McShane und Wilfried Zelinka erwiesen sich als reichlich harmlose Verschwörer. Vier Gäste