Man sieht es nicht auf den ersten Blick. Zu sehr dominieren Palmbuschen und verlockende Osterkrainer, zu stark läuft der Schmäh zwischen Produzenten und Kunden. Selbst im Grazer Rathaus scheint man sich mit diesem speziellen Flair zu begnügen – ist doch das Geschäft auf und mit den Grazer Bauernmärkten seit Jahren nicht mehr untersucht worden. Eine bereits leicht verwelkte Studie spricht jedenfalls von einem Jahresumsatz über 15 Millionen Euro, allein auf dem Kaiser-Josef-Platz. Seither sind mit der Anzahl der Standler auch diese Summen mit Sicherheit gestiegen – ganz zu schweigen von der Gastronomie auf den Märkten, die seit Corona förmlich boomt.
In dieser Karwoche steuert jedenfalls die Zahl der Besucher auf ihren alljährlichen Höhepunkt zu. Auf 14 Bauernmärkten zwischen Andritz, Reininghaus und St. Peter erwarten sie bei Vollbesetzung exakt 363 Produzentinnen und Produzenten. Mit ersten Radieschen, Geselchtem um durchschnittlich 2,30 Euro für zehn Dekagramm und Pinzen, in einer Qualität, um die uns die Welt beneidet. Es sind aber auch 363 Kleinunternehmer, mit Höfen dahinter und Viehwirtschaft und zupackenden Familien. Österreichweit boomten die Bauernmärkte während der Pandemie: Deren Wertschöpfung machte laut Wirtschaftskammer beispielsweise allein im Jahr 2020 rund 130 Millionen Euro aus.
Ja, eh, meint Heidi Großschädl – und kaut am „Aber“ nicht lange herum: Dass halt jetzt keiner glaubt, auf den Märkten würde man quasi Gold schürfen. „Es hat sich vieles schon wieder eingependelt, die Leute geben ja das Geld auch wieder für Urlaube und so aus“, weiß die Hitzendorferin, die gemeinsam mit Bruder Erwin am Kaiser-Josef-Platz nicht nur Brot und Fleisch verkauft, sondern auch als Marktsprecherin mit Schmäh fungiert. Zudem habe die Pandemie auch die Hofläden befeuert. „Und das klappt bis heute so gut, dass manche von uns jetzt halt nur mehr vier anstelle von sechs Tagen am Markt stehen.“
Dorthin habe aber Corona im Gegenzug die Jungen als neue Kundschaft gebracht. „Die sind halt damals für die Oma einkaufen gegangen. Und haben erstmals entdeckt, was es eigentlich bei uns alles gibt.“ Darunter auch die Chiliwürste von Großschädls Sohn. „Die sind ungewöhnlich, aber der Renner. Du musst heutzutage einfach etwas Neues anbieten. Und den Nachwuchs machen lassen.“
Diese dunklen Zeiten vor und zwischen und nach den Lockdowns bescherten auch Gastronomie auf den Märkten einen wahren Höhenflug, jedenfalls am Lend- und Kaiser-Josef-Platz: Was mit erhobenen Gläsern im Freien als vorübergehender Ausbruch in Krisenzeiten begann, hält bis heute an. Dieser März 2024 beispielsweise war noch keine drei Wochen alt, da belebten an lauen Nachmittagen und Abenden schon Hunderte Besucher die fixen Gastrostände. Eine Atmosphäre, die bei vielen Ständen auch schon mit Cappuccino sowie Croissant zum Frühstück beginnt – und insgesamt im lauteren Wettbewerb mit dem Ruhebedürfnis mancher Anrainer steht.
„Unsere Märkte sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und Garant für frische, regionale Produkte von Bäuerinnen und Bauern“, betont der zuständige Grazer Stadtrat Kurt Hohensinner (ÖVP). „Ein Einkauf auf unseren Bauernmärkten ist regional, nachhaltig, verpackungsfrei und hilft, klein strukturierte landwirtschaftliche Betriebe in unserem Umland zu erhalten.“ All das sieht man vielleicht nicht auf den ersten Blick.