Zeitgeschichte-Doyen Helmut Konrad hat schon viele Gedenkjahre zu den Februar-Kämpfen 1934 erlebt. „Diese Jubiläen waren oft Pflichtübungen – aber heuer nicht. Diesmal gibt es gewisse Bedrohungsszenarien und Ähnlichkeiten mit den späten 1920er- und frühen 1930er-Jahren.“ Konrad sagt bewusst „Ähnlichkeiten“, nicht Parallelen. „Geschichte wiederholt sich ja nicht, höchstens als Farce. Aber auch die Farce, die droht, wäre schlimm genug.“

Eine neue Ausstellung im „Museum für Geschichte“ in Graz beschäftigt sich unter dem Titel „1934. Preis und Wert der Demokratie“ mit dem Kampf um und die darauffolgende Zerstörung der Demokratie in Österreich, mit Schwerpunkt Steiermark und Graz. Ab 1933 wurde durch faschistisch-autoritäre Kräfte unter Engelbert Dollfuß die Demokratie abgeschafft, im Februar 1934 kam es zu Kämpfen zwischen dem sozialistischem Schutzbund und den Heimwehren der Konservativen. „Das war kein Bürgerkrieg, eher eine Art verzweifelte Notwehr“, sagt Historiker Heimo Halbrainer, der gemeinsam mit Konrad für die Ausstellung verantwortlich zeichnet. Mindestens 60 Menschen sind bei den Kämpfen gestorben.

Die Hinrichtung von Koloman Wallisch ist ebenfalls Thema in der Ausstellung
Die Hinrichtung von Koloman Wallisch ist ebenfalls Thema in der Ausstellung © UMJ/J.J.Kucek

Die kompakte Ausstellung beginnt mit dem Zerfall der Habsburger-Monarchie 1918 und der Etablierung der Demokratie danach. „Es gab aber von Anfang an auch den Kampf gegen die Demokratie“, so Halbrainer. „Die politische Auseinandersetzung wurde oft auf der Straße ausgetragen, es gab kaum ein Jahr ohne Tote.“ Dazu verschärfte sich die wirtschaftliche und soziale Lage, die zur Eskalation beitrug. „Bei einer Geldentwertung von 1 zu 40.000, da spart man auf ein Auto und kann sich am Ende damit eine Semmel kaufen“, beschreibt es Konrad bildlich.

Der Zeithistoriker und früherer Rektor der Uni Graz sieht, dass auch heute „die politische Auseinandersetzung auf Basis der demokratischen Spielregeln nicht mehr selbstverständlich ist. Da geht es um Fragen der Ausgrenzung, der Gewaltenteilung, der Pressefreiheit.“ Es sind „die schnellen, harten, direkten Sprüche, die einfache Lösungen versprechen“, die Konrad Sorgen machen. „Aber Demokratie ist nie einfach.“

Die Ausstellung stellt nicht die „Schuldfrage“, das sei Sache von Religionen oder Gerichten, sagt Konrad. „Wir wollen nachzeichnen und verstehen, wie es zu den Entwicklungen damals gekommen ist.“ Entwicklungen, die am Ende zum Nationalsozialismus und dem zweiten Weltkrieg geführt haben. Interessierte können dann einen Stock höher gehen und nahtlos zur Ausstellung „Warum? Der Nationalsozialismus in der Steiermark“ wechseln.

Heimo Halbrainer und Helmut Konrad in der Ausstellung
Heimo Halbrainer und Helmut Konrad in der Ausstellung © Gerald Winter-Pölsler