Im Grazer Straflandesgericht ist am Mittwoch ein 38-Jähriger wegen versuchten Mordes vor einem Geschworenensenat (Vorsitz: Julia Riffel) gestanden. Er soll seinen Vater mit Faustschlägen und Fußtritten attackiert haben. Was genau der Grund dafür war, konnte er nicht genau sagen. "Es war nicht Absicht", meinte er.

Die Tat ereignete sich bereits im Oktober 2016, doch der angeklagte Kroate musste zuerst diverse Strafen in seiner Heimat verbüßen, bevor er nach Österreich ausgeliefert werden konnte.

Der Vorfall geschah, als der Beschuldigte seinen Vater in Graz besuchte und mit ihm in mehrere Lokale ging. Der Sohn wollte schließlich nach Hause, doch der Vater zog es vor, weiterzutrinken. Vor einem Lokal eskalierte der Streit und der 38-Jährige versetzte seinem Vater einen Faustschlag ins Gesicht. Der stark Alkoholisierte ging zu Boden, doch der Jüngere schlug weiter - "acht- bis zehnmal", wie er selbst angab.

Ins Gesicht geschlagen

Schließlich zerrte ihn ein Gast weg von seinem Opfer, doch der Angeklagte trat noch zweimal zu, einmal mitten ins Gesicht. Der Vater erlitt "multiple Gesichtsfrakturen", beschrieb Staatsanwältin Reingard Wagner. Der Sohn rannte weg und fuhr sofort mit dem Bus bis Kroatien. Das Opfer wies eine Alkoholisierung von 2,3 Promille auf.

"Mein Mandant ist kein unbeschriebenes Blatt, aber kein Mörder", betonte der Verteidiger. Der Angeklagte gab sich geständig, wartete dann aber mit neuen Details und abweichenden Versionen der Geschichte auf. Zu seinem Vater hätte er "eine sehr gute Beziehung gehabt, bis zu diesem Tag". Die beiden hatten in diversen Lokalen getrunken, der Vater Mischungen, der Sohn Jägermeister.

Warum es dann zum Auszucken des Sohnes kam, ließ sich nicht genau klären. Nach Angaben eines anderen Gastes wollte der Beschuldigte den Wohnungsschlüssel haben und allein nach Hause fahren, doch der Vater verweigerte ihm das. Da schlug ihn der Sohn nieder.

Bei der Verhandlung kam der Angeklagte nun mit der Variante, er habe Angst gehabt, dass sein Vater ein Messer ziehen würde, und daher auf ihn eingeschlagen. "Aber warum haben Sie weitergeschlagen, als er schon bewusstlos war?", wollte die Richterin wissen. "Es tut mir leid", antwortete der Kroate. Die Schläge seien "nicht Absicht" gewesen. An die Tritte konnte er sich nicht erinnern: "Weiß ich nicht mehr, aber die Zeugen sagen das", lauteten seine Angaben.

Vater verweigerte Aussage

Der Vater war auch als Zeuge geladen, wollte aber gegen seinen Sohn nicht aussagen. "Mein Vater will seit zwei Jahren keinen Kontakt", meinte der Angeklagte. "Das ist nachvollziehbar", antwortete die Richterin.

Für die Tat selbst hat es kaum Zeugen gegeben. Der Beschuldigte soll seinen Vater mit Faustschlägen traktiert haben, obwohl dieser bereits bewusstlos am Boden lag. Ein Lokalbesucher, auf dessen Aussage ein Teil der Anklage basiert, machte beim Prozess nur zögerlich Angaben. Schließlich wurde es einem der Richter zu viel und er drohte mit Verhaftung.

Der Zeuge war Gast in dem Cafe gewesen, in dem sich auch Vater und Sohn aufgehalten hatten. Als die beiden hinausgingen, soll der Mann das beobachtet haben. Vor der Polizei hatte er unmittelbar nach dem Vorfall im Oktober 2016 von "acht- bis zehn Faustschlägen" gesprochen, die der Jüngere dem Älteren "mit voller Wucht" versetzt haben soll. Daran wollte er sich beim Prozess nicht mehr so genau erinnern. "Ich weiß nicht, dass ich das gesagt habe", meinte er ausweichend. Er könne sich nur an "zwei bis drei Schläge" erinnern, die auch gar nicht sehr fest gewesen seien.

Richter ungeduldig

Laut Anklage hat der Gast den Sohn weggezerrt, weil dieser nicht aufhörte, auf den am Boden Liegenden einzuschlagen. "Ich habe ihn nicht berührt", betonte der Zeuge bei der Verhandlung. Dass der 38-Jährige auch auf sein Opfer eingetreten hatte, vergaß er überhaupt zu erwähnen. Da verlor einer der beisitzenden Richter die Geduld: "Sie sind hier nicht im Kaffeehaus, hören Sie auf, Geschichten zu erzählen und reden Sie endlich." Er stellte dem Zeugen Handschellen und damit verbunden eine Verhaftung in Aussicht. "Damals konnte ich mich noch besser erinnern", beeilte sich der erschrockene Mann zu erklären.

Das nicht rechtskräftige Urteil der Geschworenen fiel am Nachmittag: Schuldig des versuchten Mordes. Ergibt zwölf Jahre Zusatzstrafe zu einer einjährigen Haftstrafe in Kroatien.