Vor knapp 20 Jahren, am 17. Juli 1998, sackt in der Gemeinde Lassing plötzlich ein Wohnhaus ab. Es ist dies der Auftakt zur größten Bergwerkskatastrophe der österreichischen Nachkriegszeit. Beim Einsturz eines Stollens wird der damals 24-jährige Bergmann Georg Hainzl verschüttet. Ein zweiter Schlammeinbruch begräbt die Rettungsmannschaft unter sich, keiner überlebt. Nach neun Tagen wird der totgeglaubte Hainzl wie durch ein Wunder lebend geborgen. Die Schuldfrage beschäftigte die Justiz über Jahre.

Eine TV-Dokumentation (Infobox) von Alfred Ninaus beleuchtet die Hintergründe des Unglücks, gibt Einblick, was genau passiert ist und schildert die schwierigen Rettungsmaßnahmen. Und er spricht im Film unter anderen mit Roland Steiner. Einer jener, die am 17. Juli gemeinsam mit Hainzl Dienst im Stollen hatten. „Wir waren damals zu viert unten. Als es zum Einsturz kam, sind wir zu dritt hinaus, um uns die Lage anzuschauen und dann wieder hinein, um Sicherungsarbeiten durchzuführen“, so der 43-Jährige gegenüber der Kleinen Zeitung. Er bricht damit das Schweigen, das im Ort in Sachen Grubenunglück herrscht.

Warum der Familienvater aus Liezen jetzt plötzlich spricht? Und warum wusste niemand von einem zweiten Überlebenden? „Weil ich es nicht wollte. Ich habe gute Freunde verloren“, erklärt er und betont, dass das Unglück nie aufgearbeitet wurde. „Das hätte aber passieren müssen oder müsste passieren. Obwohl man schon sagen muss, dass man mit jedem Satz nur verlieren kann.“

Steiner sei, als der Rettungstrupp in den Stollen eingefahren war, wenige Augenblicke darauf ausgefahren. „Man hat mir gesagt, dass mein Papa draußen narrisch wird, wenn er nicht bald weiß, dass es mir gut geht. Und dann bin ich eben hinauf und im nächsten Moment ist es zum zweiten Einsturz gekommen.“ Jener Einsturz, der zehn Tote forderte.

Nach dem Grubenunglück gab es Behauptungen, es seien Menschen nach dem ersten Einsturz trotz offensichtlicher Lebensgefahr in den Stollen beordert worden. Dazu Steiner: „Ich kann nur für mich sprechen: mich hat niemand in die Grube geschickt.“ Er sei noch einmal eingefahren, weil Georg Hainzl noch im Stollen gewesen sei: „Und einen Bergmann überlässt man nicht seinem Schicksal“, so Steiner.

Filmemacher Alfred Ninaus berichtet von seinen Recherchen in Lassing: „Eine derartige Abwehrhaltung der Bevölkerung bei einem Thema ist mir noch nie untergekommen.“

Im Zusammenhang mit Roland Steiner spricht er von einem „Kronzeugen“. Steiner habe sich heuer im Jänner in Folge eines Berichts in der Kleinen Zeitung zur geplanten Filmdoku bei Ninaus gemeldet. „Er scheint damals völlig unbemerkt aus dem Stollen ausgefahren zu sein“, sagt Ninaus. Seinen Film sieht er als wichtiges Zeitdokument.