Es ist alles sehr kompliziert. Der einfachste Nenner lautet: Private Radarüberwachungen, die immer mehr Gemeinden in Auftrag geben, sind unzulässig, weil die Rechtsgrundlage fehlt, die Bürger können sich gegen eine Bestrafung trotzdem kaum wehren.

Nicht zulässig? Der Tauplitzer Vizebürgermeister und stellvertretende FPÖ-Bezirksparteiobmann Bernhard Berger will es jetzt genau wissen. Anlassfall ist eine private Radarmessung, die vor einigen Monaten in Stainach durchgeführt wurde, dabei hatte es auch Personen aus dem Umfeld Bergers erwischt. "Zuerst habe ich mir gar nichts gedacht, die Strafen wurden auch ordnungsgemäß bezahlt, aber jetzt bin ich zufällig drauf gekommen, dass diese privaten Messungen offenbar gar nicht zulässig sind." Ein Jurist der Bezirkshauptmannschaft Liezen referierte in einer Bürgermeisterkonferenz kürzlich über das heikle Thema. Die schlichte Zusammenfassung des schwierigen Sachverhaltes: Die Gemeinden haben keine Kompetenz, die Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften zu kontrollieren. Das ist Aufgabe der Bezirksverwaltungsbehörde.

Verordnung existiert nicht. Die Landesregierung kann zwar per Verordnung Aufgaben der Verkehrsüberwachung an die Gemeinden übertragen, in der Steiermark existiert eine derartige Verordnung aber nicht. Nach einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafbehörde aber verpflichtet, Anzeigen aufgrund von Radarüberwachungen durch Gemeinden zu bearbeiten - wie jeder Anzeige jeden Bürgers nachgegangen werden muss. Der VwGH hat aber nicht darüber befunden, ob die Messungen überhaupt zulässig sind. Das Problem für Betroffene: Im Strafverfahren kann die (unzulässige) Radarüberwachung nicht bekämpft werden, einzige Anfechtungsmöglichkeit besteht wegen möglicher Datenschutzverletzungen.

Strafverfahren nötig. Nach einer Mitteilung des Bundeskanzleramtes ist es aber unzulässig, wenn aufgrund privater Überwachungen Anonym- oder Strafverfügungen erlassen werden. Es müsste ein Strafverfahren eingeleitet werden, in dem der Beschuldigte auch das Recht hat, sich zu äußern. Bei hunderten Fällen ein kaum zu bewältigender Verwaltungsaufwand. "In Stainach waren hunderte Autofahrer betroffen und es stellt sich die Frage, ob die verhängten Strafen überhaupt rechtmäßig sind. In den mir bekannten Fällen wurde auf jeden Fall mit Anonymverfügungen gearbeitet", so Berger. Er sieht sich an die Feinstaub-Thematik im Großraum Graz erinnert: "Auch bei der Feinstaub-Verordnung wurde ohne entsprechende Rechtsgrundlage gestraft und die Leute haben ihr Geld zurückbekommen. Das Gleiche müsste für die Temposünder gelten, denn auch hier fehlt fürs Kassieren die Rechtsgrundlage." Er sei, so Berger, auch bereits auf der Bezirkshauptmannschaft Liezen vorstellig geworden um die Angelegenheit zu klären, sei dort aber auf taube Ohren gestoßen.

Körberlgeld. "Für mich gibt es nur zwei Denkmöglichkeiten: Entweder liegt ein Irrtum vor, dann muss die Angelegenheit bereinigt werden, oder es wird wider besseren Wissens gehandelt - dann stellt sich die Frage nach möglichen Konsequenzen." Wobei Berger, selbst Polizist, keinesfalls der Raserei das Wort reden möchte: "Es gehört kontrolliert und wenn nötig auch gestraft, aber auf Basis klarer rechtlicher Grundlagen." Dass sich immer mehr Gemeinden der Dienste von privaten Überwachungsfirmen bedienen hat zwei Gründe: Auf Gemeindestraßen wird oft deutlich zu schnell gefahren und Bewohner sind um ihre Sicherheit besorgt, zweitens fließen die Strafgelder den Gemeinden zu und sind ein willkommenes Körberlgeld.