In den letzten Jahren habe man gegenüber Amazon leider deutlich an Boden verloren, erzählt Michaela Santer. „50 Prozent des Gesamtumsatzes am österreichischen Buchmarkt gehen mittlerweile an den Internethändler, in manchen Genres sind es sogar schon 60 Prozent“, so die Inhaberin der Stadtbuchhandlung in Liezen. Eine bedrohliche Entwicklung, auf die der stationäre Buchhandel am Dienstag, dem Welttag des Buches, auch mit einer Aktion auf Facebook und Instagram aufmerksam machte.

Bei der Social-Media-Aktion erklärten Kunden in kurzen selbstgedrehten Videos, die allesamt im Zeitraum zwischen 8 und 9 Uhr gepostet wurden, wieso sie im heimischen Buchhandel kaufen und riefen dazu auf, es ihnen gleichzutun. Auch Kunden der Stadtbuchhandlung beteiligten sich daran. „Ich habe auch namhafte Autoren dafür gewinnen können, zum Beispiel Claudia Rossbacher“, erzählt Santer und hofft, dass die Bemühungen fruchten. „Sonst gibt es den heimischen Buchhandel in zwei Jahren nicht mehr“, warnt sie.

Nicht nur gleich gut, sondern sogar besser

Dabei kann Santer erwähnte Entwicklung eigentlich nicht nachvollziehen. Amazon sei weder günstiger noch schneller. Dank Buchpreisbindung koste ein Buch dort genau gleich viel wie bei ihr. Und wenn sich ein gewünschter Titel nicht unter den 5000 vor Ort lagernden finden lasse, könne sie diesen innerhalb von zwei Werktagen besorgen. Auch Bequemlichkeit lässt sie als Argument nicht gelten. Bei ihr im Webshop könne man jedes lieferbare Buch, in Summe über zwei Millionen, genauso einfach wie beim Onlineriesen bestellen.

Das Geschäftslokal am Fronleichnamsweg in Liezen
Das Geschäftslokal am Fronleichnamsweg in Liezen © KLZ / Benedikt Karl

Der stationäre Buchhandel sei aber in vielerlei Hinsicht nicht nur gleich gut, er mache „vieles sogar besser“, sagt Santer. So schaffe sie etwa mit der Stadtbuchhandlung Arbeitsplätze in der Region oder mache Leseförderung an Volksschulen im Bezirk. „Das macht Amazon halt nicht.“ Und natürlich gibt es beim großen Onlinehändler im Gegensatz zur kleinen Stadtbuchhandlung auch keine persönliche Beratung. „Wir räumen nicht nur Regale ein, wir schauen auch wirklich, dass wir die Sachen kennen, die wir da haben.“

Zwei bis drei Bücher lese sie pro Monat, am liebsten autobiografische Romane, nicht zu „grausliche“ Krimis und Kinderbücher. Vieles lese sie außerdem zusätzlich an, weil sie von den Verlagen natürlich „irsinnig viel Lesestoff“ bekomme. Auch ihre Mitarbeiterinnen seien Vielleserinnen. „Die Iris ist zum Beispiel eine wahnsinnige Krimileserin. Die liest zwei Krimis in der Woche.“ Das sei Voraussetzung in ihrem Beruf und werde von den Kunden auch erwartet. „Lesen gehört bei uns zum Tag einfach dazu wie Essen und Trinken.“

„Manche Kunden sind zu Freunden geworden“

Dass die Stadtbuchhandlung im Duell mit Amazon noch nicht aufgeben musste, ist vor allem dem Engagement von Santer und ihrem Team geschuldet. Rund 18.000 Bücher sind im Vorjahr über den Ladentisch gewandert, viele davon von treuen Stammkunden gekauft. Zur Kundenbindung tragen eine aktive Bespielung der Social-Media-Kanäle, ein regelmäßiger Newsletter und auch Veranstaltungen wie Autorenlesungen bei. „Ich habe Kunden, die ich seit 2001 kenne. Manche sind über die Jahre auch zu Freunden geworden“, erzählt Santer.

Originelle Verkaufsaktionen wie „Blind Date with a Book“ kommen bei den Kunden gut an
Originelle Verkaufsaktionen wie „Blind Date with a Book“ kommen bei den Kunden gut an © KLZ / Benedikt Karl

Ein „ganz, ganz wichtiges Standbein“ sei aber auch die öffentliche Hand. „Wir sind Schulbuchhändler für 21 Schulen im Bezirk und sieben Büchereien kaufen regelmäßig bei uns ein“, berichtet Santer. Auch die Bezirkshauptmannschaft zähle man seit heuer zu den Kunden. Diese ordere ihre Fachbücher – „kürzlich zum Beispiel zum Thema Jagdrecht“ – nun erfreulicherweise nicht mehr irgendwo online, sondern auch über die Stadtbuchhandlung.