"Wer Ökostrom abdreht, dreht Atomstrom auf", ist das Motto der "Klartext-Tagung", zu der Österreichs Landwirtschaftskammer (LK) heute in den Grazer Congress geladen hat. Nach dem langen Zittern der Biogasanlagenbetreiber um ihre Tarifvertragsverlängerung heuer, soll den Betreibern von Holzkraftwerken diese existenzbedrohende Zitterpartie erspart bleiben.
Und so ließen der österreichische LK-Präsident Hermann Schultes und der steirische LK-Chef Franz Titschenbacher bei der Pressekonferenz zu Tagungsbeginn einer deutschen Expertin den Vortritt, um auf das Dilemma der deutschen Energiewende hinzuweisen, das auch die Alpenrepublik unter Druck bringe. Es sei nämlich die "vermurkste deutsche Energiewende", die auch den österreichischen Biomasse-Pionieren das Leben schwer mache, analysierte Claudia Kemfert, die Leiterin der Energie- und Umweltabteilung im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung: "Wir in Deutschland werden zwar den Austieg aus dem Atomstrom mit 2023 geschafft haben, aber gleichzeitig haben wir den Anteil des Ökostroms gedeckelt." Die Folge: Deutschland überschwemme Österreich und Europa mit billigem Kohlestrom, den man ab der Strombörse verramsche. Das sei also ein starker Kontrapunkt zu einer echten Energiewende.
Kampf um Vertragsverlängerung
Die niedrigen Import-Strompreise nehmen Biomassebetreiber die Existenzgrundlage, wenn sie nicht staatlich gestützte Stromtarife garantiert bekämen, machen Schultes und Titschenbacher klar. Deshalb richte man nun einen Appell an die Koalitionsverhandler in Wien: "Wir brauchen noch heuer eine große Ökostromnovelle, die die bald auslaufenden Tarifverträge verlängert.
Die Betreiber von Biogasanlagen waren ja heuer schon mit dem Rücken zur Wand, weil die kleine Novelle, die die Verlängerung ihrer Verträge zum Inhalt hatte, nicht und nicht beschlossen wurde. Im Juli gab es dann doch noch den Beschluss, nachdem auch schon die ersten steirischen Betrieb das Handtuch werfen hatten müssen. Es gab eine Gnadenfrist von weiteren drei Jahren. Für Holzkraftwerke tickt die Uhr: Die Verträge für so gut wie alle 130 Anlagen bundesweit laufen zwischen 2018 und 2020 aus.
Dabei sei klar, betonte Schultes: "Dass Biomasse-Anlagen erstens Ökostrom produzieren, Arbeitsplätze in Österreich schaffen und die Forstwirtschaft unterstützen, die infolge des Klimawandels durch Windbruch oder Borkenkäferbefall mit immer mehr Schadholz konfrontiert ist." Dieses sei aber eben ideal für die Verstromung einzusetzen. "Österreich will die in Paris mitbeschlossenen Klimaziele erreichen. Wir brauchen den grünen Strom aus der Region statt des schmutzigen aus Atom und Kohle", schloss Schultes.
Bernd Hecke