Es ist eine Mischung aus Überheblichkeit und Minderwertigkeitskomplex, die das Verhältnis der Steiermark zur Bundeshauptstadt definiert. Bisweilen insinuiert die Politik, die klügsten Köpfe der Republik kämen aus der Grünen Mark, würden aber im fernen Wien unter ihrem Wert geschlagen werden. Bezeichnend der frühere Landeshauptmann Franz Voves 2009 auf die Frage, ob er sich einen Wechsel nach Wien angesichts seiner Kritik am damaligen SPÖ-Chef vorstellen könne: „Das politische Parkett Wien verlangt, dass man das Umfeld kennt. Ich habe schon viele talentierte Leute aus der Provinz scheitern gesehen. Ich würde nie auf dem Wiener Parkett tanzen wollen.“

Die Steirer zählen am Wiener Parkett aktuell zur einflussreichsten Landesgruppe, dahinter verbirgt sich allerdings kein Netzwerk. Jeder agiert als Einzelkämpfer, die meisten haben in Wien Karriere gemacht. Am stärksten ist das Wir-Gefühl am Steirerball. Angesichts des breiten universitären Angebots in Graz ist der Braindrain nach Wien weniger stark ausgeprägt als bei Oberösterreichern, Kärntnern, Tirolern.

So stehen an der Spitze der vier wichtigsten Kontrollgremien Steirer: Christoph Grabenwarter (Verfassungsgerichtshof), Margit Kraker (Rechnungshof), Albert Posch (Verfassungsdienst), Werner Amon (Volksanwalt). Aus der Grünen Mark kommen die Chefs der Nationalbank (Robert Holzmann), der Bischofskonferenz (Franz Lackner), der evangelischen Kirche (Michael Chalupka), der Industriellenvereinigung (Georg Knill).