"Wir sind wirklich sehr froh, dass diese gemeinsame Idee, die wir seit einigen Jahren wälzen, jetzt verwirklicht wird“, ist Barbara Gasteier Klicpera vom Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft an der Universität Graz erleichtert. Zusammen mit den Kollegen David Wohlhart von der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule und Andrea Holzinger von der Pädagogischen Hochschule wurde ein „Forschungszentrum Inklusive Bildung“ aufgebaut. Diese Woche wurde es mit einer Reihe von Veranstaltungen (online) eröffnet.

Im Fokus dieses neuen Zentrums steht die inklusive Bildungsforschung, und zwar mit einem starken Praxisbezug. „Wir wollen die Stärken der drei Institutionen zusammenführen und uns künftig noch besser absprechen“, betont Holzinger. Wohlhart ergänzt, dass man mit dem neuen Zentrum, das mit rund einer Million Euro für die ersten vier Jahre basisfinanziert ist und zusätzlich Drittmittel einwirbt, auf schon länger bestehende Forschungsfelder aufsetzt: „Wir haben eine große Tradition und haben beispielsweise gemeinsame Lehrpläne in dem Bereich für angehende Lehrer entwickelt.“ Das Zentrum verleihe den Bemühungen nun eine solide Basis. Örtlich ist das Zentrum an der Ecke Elisabethstraße/Strassoldogasse in Graz untergebracht, hier werden auch die jungen Wissenschaftler sitzen.

Worum geht es bei dieser Forschung? „Wir wollen ausloten, wie man die Möglichkeiten der Inklusion noch verbessern kann.“ Es geht darum, Kindern und Jugendlichen, die seh-, hörbeeinträchtigt oder intellektuell beeinträchtigt sind, verbessert werden.

Naturgemäß ist es nicht einfach, in Schulklassen, die inklusiv geführt werden, einen Unterricht zu bieten, der allen gerecht wird. Lehrer benötigen dafür Unterstützung in vielerlei Hinsicht.

Das bildet sich auch bei den Forschungsschwerpunkten des neuen Zentrums ab. Ein sehr konkretes Teilprojekt ist der Aufbau eines „Digital Lab for Inclusion“. Örtlich wird das ganz in der Nähe an der Leonhardschule („Digital NMS“) angesiedelt und soll dazu dienen, quasi experimentell neue Methoden und Lehr-/Lernmöglichkeiten zu testen. „Wir wollen dort neue Dinge ausprobieren, und zwar gemeinsam mit den Kindern“, erklärt Wohlhart. Da könnte es um neue digitale Lesegeräte gehen oder auch um Medien, die mehrere Modalitäten (etwa Sehen und Hören parallel) anbieten.

Aber auch der Blick auf die Schule als System ist Teil des Zentrums. Die Schule soll als Ganzes weiterentwickelt werden, um Inklusion zu fördern und zu unterstützen. „Es spielt die Schulleitung eine zentrale Rolle, es geht ja um eine Haltung in der Schule, wie kann sich eine inklusive Kultur entwickeln?“, erklärt Holzinger. Man müsse sich von der Vorstellung lösen, beim Lernen in der Schule gehe es nur darum, Fertigkeiten wie Lesen und Schreiben zu erwerben.

„Wir untersuchen auch adaptive Lernumgebungen, die unterschiedliche Lern-Geschwindigkeiten erlauben, und Tools, die sich an die Auffassungsgabe anpassen“, so Gasteiger Klicpera. Ziel sind auch enge internationale Kooperationen, dazu auch Kooperationen mit der Wirtschaft, etwa als Vorbereitung auf das Arbeitsfeld. Auch der Gesundheitsfonds zeigt sich interessiert, Partner sind auch die relevanten Behindertenorganisationen oder die Lebenshilfe.

Das Zentrum ist eines von 35 Projekten, die aus dem Hochschulstrukturfonds des Wissenschaftsministeriums im Zusammenhang mit Digitalisierung gefördert werden. Es ist in dieser Form als Kooperation dreier Hochschulen einzigartig. Die Koordination liegt bei der Karl-Franzens-Universität Graz. Ein Teil des Budgets soll mit Kooperationspartnern aufgebracht werden.

Trotz der schwierigen Situation in Coronazeiten fand bzw. findet diese Woche die (virtuelle) Eröffnung statt, wobei Gastredner aus dem In- und Ausland sowie Videobotschaften von Bundesminister Heinz Faßmann über die zuständige EU-Kommissarin Helena Dalli eingespielt werden.