Eine Bachelorarbeit über die "innerartliche Variation" der menschlichen Stimme aus dem Jahr 2018 - die Kleine Zeitung berichtete im Mai - wird die Fachhochschule Joanneum in Graz weiterhin beschäftigen. Zwei Gutachten liegen mittlerweile vor, sie kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen und Empfehlungen. Nun wurde eine Kommission eingesetzt, die die mögliche Aberkennung der Arbeit prüft, teilte die FH Joanneum am Mittwoch mit.

"Die Inhalte entsprechen dezidiert nicht den Werten der FH Joanneum und ihrer Repräsentantinnen und Repräsentanten", bezog die Fachhochschule zu der seit Mai für Wirbel sorgenden Diplomarbeit am Studiengang für Logopädie Stellung. Sie wurde vom ersten - externen - Gutachter mit "sehr gut" und auch von einem weiteren Lehrenden positiv beurteilt.

"Sollte die umstrittene wissenschaftliche Arbeit, die 2018 an der FH Joanneum approbiert wurde, auf längst überholten Rassentheorien basieren, ist diese nicht nur aus wissenschaftlichen Kriterien äußerst fragwürdig, sondern auch ethisch und moralisch abzulehnen", hielt im Mai auch der damalige Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) per Aussendung fest. Er hat die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria zu einer Prüfung des betroffenen Studiengangs an der FH Joanneum beauftragt. Das Ergebnis steht noch aus.

Ungenügende Arbeit

Die Stellungnahme der Kommission für Wissenschaftsethik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften liegt bereits vor. Darin wird die Arbeit laut Mitteilung der FH Joanneum vom Mittwoch als ungenügend hinsichtlich der wissenschaftsethischen Anforderungen bewertet. Die Kommission sehe jedoch keinen Anlass für eine Ungültigerklärung der Beurteilung oder einen Widerruf des akademischen Grades. Festgehalten wurde auch, dass die Arbeit keine Passagen aufweise, die Strafbarkeit begründen könnten.

Der von Wissenschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) beauftragte externe Gutachter Josef Marko, der frühere Dekan der rechtswissenschaftliche Fakultät der Uni Graz, empfiehlt laut FH-Mitteilung dennoch die Einleitung des Verfahrens zur Ungültigerklärung der Bachelorarbeit durch das Kollegium. Argumentiert werde u.a. mit dem Verstoß gegen "Mindeststandards wissenschaftlicher Arbeit", "Fehlverhalten betreffen Umgang mit Daten/Quellen", die einen begründeten Verdacht der "Erschleichung der wissenschaftlichen Arbeit" nahelegen würden.

Keine Ermittlungen

Der Fachhochschule selbst wurde empfohlen, Maßnahmen zur Sicherstellung einer effektiven Qualitätssicherung und zur Sensibilisierung der Lehrenden zu ergreifen. Auch empfiehlt er die Weiterleitung seiner Untersuchungsergebnisse an die Staatsanwaltschaft, was laut FH bereits geschehen sei. Die FH selbst hatte bereits im Mai eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt. Damals wurde jedoch von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen.

Auf Basis der beiden Stellungnahmen hat das Kollegium der Fachhochschule nunmehr eine Kommission eingesetzt, die angesprochene Einleitung eines Verfahrens zur Ungültigkeitserklärung prüfen wird. Aus den Erkenntnissen soll eine "Handlungsempfehlung für das Kollegium" hervorgehen. Geleitet wird die Kommission vom ehemaligen Professor für öffentliches Recht an der Uni Graz, Christian Brünner. Als externer Leiter wird er die interne Kommission leiten, das sei auch laut FH vom Gesetz so vorgesehen.