Im Grazer Straflandesgericht ist am Dienstag der Prozess rund um ein großangelegtes steirisches Pyramidenspiel fortgesetzt worden. In der zweiten Verhandlungswoche saßen noch sieben Personen auf der Anklagebank, denen Pyramidenspiel und Betrug vorgeworfen wird. Am vierten Verhandlungstag wurde die Schwester des Hauptangeklagten befragt, die rund 150.000 Euro kassiert hatte.

16 Angeklagte waren es zu Beginn, doch in neun Fällen gab es eine diversionelle Einigung, und für diese Beschuldigten war der Fall erledigt. In der zweiten Verhandlungswoche wurde mit der Befragung der Zweitangeklagten begonnen. Die 46-Jährige ist die Schwester jenes Mannes, der als Initiator des Spiels gilt. Sie erzählte, wie ihr Bruder begeistert von einer Veranstaltung in Deutschland erzählt hatte. Sie selbst habe aber von dieser Art der "Geldanlage" nicht wissen wollen, doch ihr Mann zeigte sich interessiert. Er fuhr dann auch mit ihrem Bruder nach München und zahlte auch gleich 10.000 Euro ein. "Wir haben deswegen fast eine Ehekrise gehabt", schilderte sie unter Tränen.

Geld unter Kopfpolster

Dann habe ihr eine - ebenfalls schon mitspielende Bekannte - vom großen Geldsegen erzählt. "Sie hat gesagt, sie hat mit dem Geld unter dem Kopfpolster geschlafen, das war so ein schönes Gefühl." Sie habe aber immer noch überlegt, schließlich fuhr die 46-Jährige aber nach Deutschland und zahlte 10.000 Euro ein. Drei Leute seien gleich mit ihr mitgefahren und wollten unbedingt auch mitmachen. "Haben Sie jemanden angeworben?", fragte Richter Andreas Rom. "Angeworben..." überlegte die Befragte. "Schmackhaft gemacht", versuchte es der Richter. "Ja, nachher schon", gab die Befragte zu. Aber Überredung habe es nie gebracht "jeder war froh, dass er einsteigen durfte."

Sie bekam insgesamt knapp 150.000 Euro, was sie auch nie leugnete. Laut Anklage soll sie mehrfach Geld an andere nicht weitergegeben haben, was sie strikt leugnete. Angeklagt ist deswegen der Tatbestand der Veruntreuung.

Die Nummer eins der Pyramide

Als letzter der Beschuldigten wurde der Erstangeklagte befragt. Er war teilweise geständig, wehrte sich aber dagegen, als Initiator oder Chef des Pyramidenspiels angesehen zu werden. Er will nur ganz normal eingestiegen sein wie alle anderen auch, bei Auszahlungen bekam er insgesamt 240.000 Euro. Dass er Teilnehmer angeworben hatte, stritt er nicht ab, aber "die Leute waren gar nicht zu bremsen."

Der 52-Jährige soll die "Schenkkreise" in der Weststeiermark verbreitet oder sogar in Gang gesetzt haben. Er gab an, erst 2007 davon erfahren zu haben und zunächst eher skeptisch gewesen zu sein."Sie sind sozusagen die Nummer eins im Pyramidenspiel", eröffnete Richter Andreas Rom die Befragung. Der Angeklagte gestand, mitgespielt, Leute angeworben und Vorträge gehalten zu haben. Was ihn bewog, an dem Spiel teilzunehmen, erzählte er vor Gericht. Da gab es einen Nachbarn, "Musiker, eher ungepflegt, das Auto war kaputt. Und plötzlich ist ein Mercedes vor dem Haus gestanden." Als nun der 52-Jährige nach Deutschland kam um sich die Sache näher anzuschauen, stand genau dieser Mann auf der Bühne und erklärte das Spiel.

Unbekannte Mitspieler?

Da erwog er zumindest, ebenfalls einzusteigen, was er dann "nach einigen Wochen" auch tat. "Aber es stimmt nicht, dass ich dieses Spiel nach Österreich gebracht habe", beteuerte er. Aber Vorträge hielt er, und zwar bei sich zuhause für fünf bis 20 Personen. "Die große Motivation war das Geld. Das ist den Leuten zu Kopf gestiegen und dann war keiner mehr zu bremsen", meinte er. Bezeichnungen wie "Urvater" oder "Chef des Spiels" wies er weit von sich: "Ich weiß nicht, wieso die das sagen."

Er soll auch Geld nicht weitergeleitet haben, konkret 45.000 Euro. "Kompletter Schwachsinn", lautete seine Reaktion. "Warum belasten Sie die alle?", interessierte den Richter. "Ich weiß es nicht, ich kenne die meisten gar nicht."

Nachdem sich der Hauptangeklagte zunächst teilweise geständig gezeigt hatte, blieb davon am Nachmittag nach der Befragung durch den Staatsanwalt kaum etwas übrig. Der Weststeirer wollte weder für die Informationsveranstaltungen verantwortlich gewesen sein, noch hätte durch ihn jemand Schaden erlitten. Der Prozess wird am 23. Oktober mit der Befragung von Zeugen fortgesetzt.

"Urvater"

Der 52-Jährige wurde von mehreren Teilnehmern als "Chef des Unternehmens" oder "Urvater" bezeichnet. Er soll laufend Informationsveranstaltungen - auch bei sich zu Hause - abgehalten haben. Das hatte er zunächst zugegeben, doch bei Nachfrage durch Staatsanwalt Hansjörg Bacher blieb davon wenig übrig. Er wollte damit nichts zu tun haben, sein Auftritt in Deutschland bei einer Geldübergabe sei eine reine Gefälligkeit gewesen, weil der eigentliche Redner nicht gekommen sei.

Zur Sprache kam auch wieder einmal, dass den Mitspielern angeblich zugesichert worden sei, sie könnten jederzeit aussteigen und würden ihr Geld zurückbekommen. Dieses Versprechen hatte zu einer Anklage wegen Betrugs geführt. "Ich habe gesagt, wenn jemand durch mich einen Verlust hat, bekommt er sein Geld zurück", relativierte der Beschuldigte seine Äußerung. Als der Ankläger wissen wollte, wie viele Personen durch ihn einen Schaden erlitten hätten, antwortete er: "Keiner."

Das dürften die mehr als 200 Zeugen vermutlich anders sehen. Viele von ihnen fühlen sich vom Angeklagten persönlich geschädigt. Der Prozess wurde vertagt, er wird am 23. Oktober mit der Befragung der ersten Zeugen fortgesetzt.