Sie sehen furchterregend aus, diese Formeln. Und doch sollen sie künftig Leben retten. Denn obwohl sie tief aus dem Innersten der Physik und der Mathematik stammen, beschreiben sie, wie ein Herz funktioniert.

„Wir versuchen, ein Herz zu modellieren, das genau so schlägt wie in Wirklichkeit. Dabei müssen wir die Deformierbarkeit berücksichtigen, die Dynamik des Blutflusses und vieles mehr. Einige hundert Parameter spielen eine Rolle“, erzählt der Grazer Biophysiker Georg Plank, der federführend bei dem Projekt „ILearnHeart“ (eine Art Wortspiel mit „ich lerne schwer“, „ich lerne auswendig“ und „ich lerne das Herz“) tätig ist.

Die Grundlagen wurden in jahrelanger Vorarbeit im Sonderforschungsbereich „Mathematische Optimierung“ geschaffen, an dem Wissenschaftler der Karl-Franzens-Uni, der Medizin-Uni und der Technischen Uni in Graz teilnahmen. Ein raffiniertes Modell wurde entwickelt, indem komplexe Gleichungen verwendet werden, die sich mit dem Strömungsverhalten des Blutes, mit der Reizweiterleitung und den Muskelkontraktionen befassen – siehe Grafik.

Jetzt geht es darum, diese eher theoretischen und abstrakten Modelle (die allerdings für die Entwicklung von Herzimplantaten/Stents wertvoll sind), mit Leben zu erfüllen und in Richtung klinische Praxis zu bringen: „Und dort macht das nur dann Sinn, wenn man die Modelle personalisiert“, erklärt Plank.

Hunderte Parameter machen ein individuelles Herz aus, „und nur ganz wenige können wir direkt messen. Die anderen müssen wir aus EKGs, aus bildgebenden Verfahren und aus anderen Datenquellen rückrechnen“, sagt Plank.

Zum Einsatz kommen dabei unter anderem auch neuronale Netze, eine Art Gehirn-Simulation im Computer, die lernfähig ist. Hat man dann ein individuelles Herz, kann man Therapien vorweg ausprobieren – beispielsweise könnte man (automatisiert) Dutzende Varianten durchrechnen lassen.

Das Erlernen dieser Parameter aus unterschiedlichsten Datensätzen ist der entscheidende Punkt dieses Forschungsprojekts, an dem Forschungsgruppen der drei Universitäten intensiv zusammenarbeiten: Karl-Franzens-Universität (Bildverarbeitung, Optimierung, Maschinenlernen), Technische Universität (Scientific Computing) und Med Uni (Herzmodellierung).