Im "Extreme Park" von Rosa Khutor gibt es kein Halten mehr. Die vornehmlich mit russischen Fans voll besetzte Tribüne bebt, wildfremde Menschen liegen sich in den Armen und im Zielbereich wird Vic Wild von einem Menschenknäuel begraben. Soeben hat der US-Boy, der vor 27 Jahren in Wild Salmon (Bundesstaat Washington) auf die Welt kam, olympisches Snowboard-Gold im Parallel-Riesentorlauf gewonnen. Für Russland. Und wäre das nicht schon genug Stoff für ein Heldenepos, war seine Gattin Alena Sawarsina nur Minuten zuvor zu Bronze gebrettert.

Ein modernes Märchen

Es fließen Tränen, es wird geküsst und als sich die beiden Turteltauben mit der russischen Fahne und den olympischen Ringen im Hintergrund zum Pärchenfoto arrangieren, hat Olympia seine schönste Liebesgeschichte. Die Lebensgeschichte von Vic Wild liest sich wie ein modernes Märchen. Weil das Alpin-Snowboarden in den USA einen ähnlichen Stellenwert genießt wie der Freestylesport im Österreichischen Skiverband, nämlich keinen, stand Wild vor drei Jahren vor dem Karriere-Aus. Kaum Förderungen, kaum Zukunft.

Wie es der Zufall (Schicksal?) wollte, lernte Wild in einer niederländischen Skihalle die russische Snowboarderin Alena Sawarsina kennen - und lieben. Doch weil Wild weder eine Olympia- noch eine WM-Medaille vorzuweisen hatte, gab es seitens der russischen Sportbehörde auf die Anfrage nach einem Nationenwechsel ein unmissverständliches "Njet". Die einzige Möglichkeit, wie es von offizieller Seite hieß: "Heirat."

Monate später standen Vic und seine Alena in Novosibirsk vor dem Traualtar. Eine Ehe, die am Mittwoch ihre olympische Bestimmung fand.

Und ungewollt hatte auch Ina Meschik ihren Anteil daran. Schließlich zog die Kärntnerin im kleinen Finale um Bronze just gegen Sawarsina den Kürzeren. "Sicher ist man ein bisschen enttäuscht, aber ich nehme den vierten Platz gerne mit. Vor vier Jahren war ich Sechste, das schaut einmal gut aus", hielt sich der Ärger bei der 23-Jährigen in Grenzen. Österreichs vermeintlich größte Hoffnung Julia Dujmovits war bereits in der Qualifikation hängen geblieben. Ein Schicksal, das sie mit Gesamtweltcupsieger Lukas Mathies teilte. Als einziger ÖSV-Fahrer schaffte Andreas Prommegger den Einzug ins Viertelfinale. Benjamin Karl wurde nur 10.