Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Es ist ja gar nicht immer so einfach, wie man meint. In der Vorwoche fragte ich etwa die schwedischen Tourismusbloggerinnen, was denn eigentlich nun wirklich typisch schwedisch sei. Also so echt, sie verstehen schon. Und ich bekam zunächst vor allem eines zu sehen: große Augen. Denn, was soll heutzutage, bei der weltweiten Vernetzung, schon typisch sein? Wenn man doch alles auf „Insta“ sieht?

Und doch kamen wir in der Diskussion dann doch darauf, dass es schwedische Spezialitäten gibt. Und obwohl jetzt gar nicht die Rede von Zimtschnecken ist, gibt es durchaus Nachahmenswertes. Da wäre zum Beispiel der „Fredagsmys“, der glücklicherweise auch gleich heute, am Freitag, zur Anwendung kommen kann. Oder muss. Denn „Fredag“, das ist der Freitag. Und „mysa“, das heißt in etwa „gemütlich beisammen sein“. Man könnte es aber auch mit einem Wort sagen: „kuscheln“. Und das heißt wiederum, dass in Schweden am Freitag gekuschelt wird. Entweder mit der Familie oder im Freundeskreis (man muss kuscheln jetzt ja nicht ganz wörtlich nehmen, es geht nicht zwingend um Körperkontakt, erklärte man mir).

Und dann sitzt man also nach der Arbeitswoche zusammen, kuschelt und ... nascht. „Lösgodis“ nennt man das, Süßigkeiten.
Zu diesem Behufe gibt es in jedem Supermarkt eigene Wände, aus denen man Süßigkeiten schaufeln kann – in Åre gibt es sogar ein eigenes Geschäft. Wenn Sie da ihr Kind aufwachen lassen, glaubt es, es ist im Himmel. Ehrlich. Weil aber die figurbewussten Schweden auch schon entdeckten, dass zu viel Süßes auf die Figur schlägt und die Zimtschnecken beim täglichen „Fika“ schon den Tagesbedarf eines Rentiers decken, gibt es auch schon Gegenströmungen. Man nascht nicht mehr beim Kuscheln, man dippt. Am liebsten Nachos. Oder gleich Tex-Mex-Burritos. Wo da jetzt die Kalorien fehlen, konnte mir auch keiner sagen, aber es war allen egal, denn: „Fredagsmys“, das ist das Schwedischste, was es gibt.

Mit einer Ausnahme. Typisch schwedisch ist es auch, dass man immer das letzte Stück überlässt. Das nimmt man einfach nie, das wäre eine grobe Unsportlichkeit, sagte man mir. Insofern sei man froh über internationale Besuche: Denn seit die auch mitmachen dürfen, bleibt beim „Fredagsmys“ das letzte Zuckerl nicht mehr über.

Herzlichst, bis morgen

Michael Schuen

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