Ich muss mich jetzt gleich einmal entschuldigen für die Wortwahl, die gleich folgt. Aber am Tag vor der Damen-Abfahrt, in einer schwedischen Bäckerei (leider ohne Kanelbulle, geschweige denn -bullar, dafür blieb keine Zeit), stand Stephanie Venier am Tisch und sagte: „Karma is a bitch!“ Was so viel heißen sollte wie: „Im Leben kommt alles zurück.“ Was das übrigens auf Schwedisch heißt, weiß ich auch nicht. Die Schweden würden wohl zwei Kanelbullar futtern und gar nichts sagen. Dann kommen wenigstens die Kalorien.
Wobei wir schon bei einer Parallele zu den Schweden sind, denn es geht ums Reden. Ich teile ja mit Kollege S. aus S. ein Appartement. Das hat den Vorteil, dass er am Abend gerne kocht. Aber den Nachteil, dass er morgens, sagen wir so, nicht ganz schnell in die Gänge kommt. Soll heißen: Frühstück ist mein Zuständigkeitsbereich. Und weil ich meist Stunden vor ihm wach bin (kein Scherz), bin ich dann eben wirklich wach, bis er wach ist. Was zur Folge hat, dass ich dann schon in der Lage wäre, zwei, drei Sätze zu sprechen. Im Normalfall, teilt mir die Familie immer mit, zählt das Sprechen am Morgen nämlich nicht zu meinen Stärken. Angeblich nicht nur morgens. Ich empfinde das ja ein wenig anders, aber bitte.

Wie auch immer: Nach dem Frühstück (meist mit Müsli, perfekten Eiern – entweder weich oder als Spiegelei mit Bacon –, leicht getoastetem Vollkornbrot, schwedischer Marmelade, Öko-Honig und Tee) geht es mit dem Auto zur „VM Arena“. Und da erlaubte ich mir letzthin eine Bemerkung zum Wetter. Keine Antwort. Eine zweite Bemerkung zum Programm. Keine Antwort. Worauf ich sagte: „Ein wenig einseitig, die Konversation heute.“ Kollege S. wandte nur leicht den Kopf. Atmete tief ein und aus und meinte dann: „Einst war ich mit Ingemar Stenmark bei einem Weltcupfinale im gleichen Hotel. Ein kleines Hotel, wenig Gäste. Fünf Tage haben wir Tisch an Tisch gefrühstückt. Und die ganze Zeit haben wir bis auf ein freundliches Nicken zur Begrüßung nicht ein einziges Wort gesprochen. Seither ist Ingemar für mich nicht nur der Größte, sondern auch noch sympathisch!“ In diesem Moment dachte ich an die Beschwerden der Besten daheim. Und mir kam in den Sinn: „Karma is a bitch ...“ Vielleicht sollte ich wirklich mehr reden daheim. Oder?

Herzlichst, bis morgen

Michael Schuen

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