Ehrlich gesagt habe ich ja mit dem Gedanken gespielt, die kommenden zwei Wochen grundsätzlich alle meine Briefe mit dem Satz zu beenden: „Und im Übrigen bin ich der Meinung, dass man sich Flüge nach Östersund mit Lufthansa und SAS wirklich ersparen sollte.“ Aber das wäre ja dann doch eine Kopie, denn schon Cato der Ältere hat den römischen Senat einst auf diese Weise gegen Karthago aufgebracht. Und im Übrigen bin ich der Meinung, dass es auch einmal genug sein muss. Es ist für die Fluggesellschaften, den Flughafen und auch die WM-Organisatoren ohnehin Blamage genug, dass am Tag vor dem WM-Super-G selbst die Hangbefahrung in „Läufer, die Gepäck haben,“ und „Läufer, die noch kein Gepäck haben,“ geteilt werden musste. Wie die, die kein Gepäck haben, fahren, mag man sich bei minus 20 Grad Celsius nicht vorstellen. Eigentlich.

Apropos minus 20 Grad: Vielleicht haben Sie es ja schon gelesen – mir wurde mein größter Wunsch erfüllt, den ich vor der Abreise hatte: beheizbare Socken. Lachen Sie mich ruhig aus, aber der Grundsatz, dass man nicht krank wird, wenn die Füße nicht frieren und warm bleiben, ist nicht falsch. Das ist fast so ähnlich wie der Merksatz, dass Fluchttüren immer nach außen aufgehen. Auch wenn mir das Vertrauen auf diesen Satz mitunter schon die ein oder andere härtere Bekanntschaft mit Türen eingebracht hat.
Egal, der Damen-Super-G war die Feuerprobe der Socken. Oder muss man sagen, dass der Fuß ins kalte Wasser geworfen wird? Tatsache ist: Sie haben gewärmt, die Socken, Modell 5.0 mit Bluetooth-fähigem Akku und Heizdrähten über den Zehen. Zwei Kleinigkeiten muss ich aber anbringen: Der große Zeh, der fror. Und dann wäre da noch die Kleinigkeit, dass die Steuerung per Handy-App nicht funktioniert. Zwischenzeitlich rette ich mich mit der manuellen Steuerung über die Kälte. Stufe 3. Vollgas. Hinweise, warum die App die Socken nicht findet, obwohl sie an den Füßen sind, sind erbeten. Aber rasch, bitte. Schließlich soll es bald heiß werden. Minus 5 Grad sind denkbar.

Swedish Summer“ nennen sie das hier – aber wenigstens lachen sie dabei, wenn sie es sagen. Mir ist das Lachen im Zielraum ja im wahrsten Sinn des Wortes eingefroren – aber ich taue gerade wieder auf.
Herzlichst, bis morgen

Michael Schuen