Es muss ein frischer Wind kommen, der kann auch gerne einmal zu einem Sturm werden.“ Mit diesen Worten erklärte Alpin-Direktor Herbert Mandl im April die Verpflichtung von Star-Trainer Livio Magoni, der zuvor bereits Tina Maze und Petra Vlhova zum Erfolg „geschliffen“ hatte und das nun auch mit den ÖSV-Frauen rund um Aushängeschild Katharina Liensberger tun sollte. Es war die brisanteste Verpflichtung in einem Jahr voller Umbrüche, in dem nicht nur die Position des Rennsportleiters bei Frauen und Männern neu besetzt wurde. Auch die Trainingsgruppen veränderten sich, nicht nur personell, um für so frischen Wind wie nur irgendwie möglich zu sorgen. Und Mandl sollte Recht behalten, der frische Wind endete in einem Sturm – vor allem bei den österreichischen Ski-Frauen.
Die heimischen Asse in einen Topf zu werfen, wäre aber nicht fair. Differenzieren ist in Krisenzeiten oberstes Gebot, Schwarzmalen das genaue Gegenteil. Und bei den Speed-Assen gab es bisher einige Lichtblicke. Drei Podestplätze und 14 Top-Ten-Platzierungen in sechs Speed-Rennen sind zwar nicht der Anspruch des ÖSV, aufbauen lässt sich auf diesen Leistungen aber mit Sicherheit. Conny Hütter und Mirjam Puchner fahren konstant in die Weltspitze, Nina Ortlieb ist auf dem Weg dorthin.

So sammelten die rot-weiß-roten Frauen etwa in zwei Super-G-Bewerben genauso viele Weltcup-Punkte (346) wie in den bisherigen sechs Slaloms der Saison. Und damit ist eines der derzeitigen Problemkinder genannt: der Slalom. Wie im Riesentorlauf auch, fährt die heimische Equipe dem Spitzenfeld hinterher. Nur sechs Top-Ten-Platzierungen mit einem Podest stehen in den zwölf Technikbewerben zu Buche – zu wenig für ÖSV-Verhältnisse. Mit Mikaela Shiffrin (525), Wendy Holdener (420) und Petra Vlhova (360) haben auch drei Einzelakteure mehr Weltcup-Punkte im Slalom gesammelt als das gesamte österreichische Frauenteam (346). Im Slalom-Nationencup sind mit den USA, der Schweiz, Schweden und der Slowakei vier Nationen vor Österreich – aus der Ski-Nation Nummer eins wurde zumindest in dieser Disziplin die Nummer fünf.

Trübe Aussichten vor dem heutigen Heim-Weltcup in der Flachau. Die Erklärungen sind seit Monaten dieselben. „Im Training sind die ÖSV-Läuferinnen seit Jahren die, die das Tempo vorgeben. Warum wir dann im Rennen oft einen Schritt zurückmachen, die anderen aber einen nach vorne, das ist mir – noch – ein Rätsel“, erklärte Frauen-Rennsportleiter Thomas Trinker bereits vor dem ersten Weltcuprennen in Sölden. Aus dem „noch“ dürfte mittlerweile ein „immer noch“ geworden sein, denn auch nach den Vorstellungen der vergangenen Wochen betonte das ÖSV-Team immer wieder, dass die Leistungen im Training Spitzenklasse wären und auch die Vorbereitung nach Wunsch verlief. Bisher konnten Liensberger und Co die angesprochenen Spitzenleistungen im Rennen nicht wiederholen.

Dieser Umstand drückt aufs Gemüt, die Vorarlbergerin forderte nach Kranjska Gora vom ÖSV, die „richtigen Schritte einzuleiten“, um das Ruder herumzureißen. Denn eines ist schon jetzt klar. Das definierte Ziel, aus dem Mittelmaß zurück an die Spitze zu kommen, wurde verfehlt. Der Verband muss sich eingestehen, dass mit den Veränderungen im Frühjahr ganz klar ein Schritt zurück einherging, vor allem im technischen Bereich. Deshalb denke man im ÖSV über „strukturelle Verschiebungen“ nach, wie Trinker betonte. „Ein System, das nicht funktioniert, kann ich nicht einfach so lassen“, schloss der Rennsportleiter eine Korrektur nicht aus, wenngleich diese noch warten muss.

Denn auf Flachau folgt eine Technik-Pause, erst am 24. Jänner geht es am Kronplatz weiter. Eine Analyse soll bis dahin Probleme aufdecken. „Wir werden keine neuen Leute reinholen und andere raustun – das ist eher ein Thema für den Frühling“, erklärte Trinker, frei nach dem Motto: „Anpassung, keine Neuaufstellung.“ Auch ÖSV-Finanzreferent Patrick Ortlieb stellt das Trainerteam „überhaupt nicht infrage“, wie er gegenüber „Vorarlberg Online“ erklärt. Nach der WM in Courchevel/Méribel im Februar könne man aber „Diskussionen führen.“

In der Zwischenzeit beschwört Liensberger die Geschlossenheit und appelliert: „Jetzt ist es wichtig, dass wir im Team zusammenhalten. Dass wir als Nation Österreich zusammenhalten.“ Nicht zuletzt diese Worte dürften Klarheit darüber geben, wie ernst die Krise genommen wird. Und wer weiß, so schnell wie Stürme oft aufziehen, so schnell gehen sie oft auch vorüber.