Seit dem Frühjahr steht nicht mehr Christian Mitter an der Spitze des ÖSV-Damen-Betreuerteams, sondern Thomas Trinker. Der 47-jährige Steirer, der mittlerweile in Tirol lebt, ist seit 22 Jahren im ÖSV als Trainer beschäftigt und war in unterschiedlichsten Funktionen für Damen und Herren zuständig. Dass ein Neuer mit neuen Ideen kommen muss, gilt nur bedingt, wie Trinker erklärt: „Wir mussten nichts neu erfinden, sondern nur die Weichen anders stellen.“ Und das heißt? „Wir haben drei Ziele definiert. Das Kurzfristige ist, mit den Läuferinnen, die zur Verfügung stehen, in den Ergebnislisten weiter nach oben zu kommen. Derzeit sind wir Mittelmaß, da soll nach vorne etwas passieren. Mittelfristig wollen wir aus dem Unterbau bessere Athletinnen in den Weltcup bekommen und langfristig müssen wir noch besser auf einzelne Damen eingehen, das Individuum mehr forcieren.“

Das, was mitunter thematisiert wird, sieht der Schladminger nicht: ein Problem beim Nachwuchs. „Die ÖSV-Kader sind so groß wie noch nie, bei Damen und Herren. Wir merken, dass auch die Einstellung bei den jungen Frauen stimmt. Daher sehen wir der Zukunft positiv entgegen“, erklärt er. Positiv ist für Trinker, dass „wir den überwiegenden Großteil des Damen-Teams verletzungsfrei über den Sommer gebracht haben.“
Von den Arrivierten hat sich einzig Katharina Gallhuber schwer verletzt. Beim Slalomtraining in Ushuaia (ARG) kam die 25-jährige Niederösterreicherin eigentlich unspektakulär zu Sturz, doch die Folgen waren mit Rissen in Kreuzband und Meniskus nachhaltig – kurz vor Sölden zitterte man aber auch um Stephanie Brunner.

Zum Grübeln bringen die Damen ihren Chef vor allem in einer Hinsicht: der Tatsache, dass sie ihre Trainingsleistungen nicht ins Rennen übersetzen können. „Im Training sind die ÖSV-Läuferinnen seit Jahren die, die das Tempo vorgeben. Warum wir dann im Rennen oft einen Schritt zurückmachen, die anderen aber einen nach vorne, das ist mir – noch – ein Rätsel. Unsere Frauen und Mädchen haben allesamt das Potenzial für weiter vorne. Allerdings haben sie das bisher eben nicht auf die Piste gebracht. An was es genau liegt, kann ich nicht sagen, aber wir müssen das ändern. “

Beim Riesentorlauf am Samstag zum Weltcup-Auftakt in Sölden setzt der neue „Chef“ insbesondere auf drei Läuferinnen: „Katharina Liensberger, Katharina Truppe und Ramona Siebenhofer sehe ich unter den besten Fünfzehn, es ist aber sogar ein Podestplatz möglich. Vom Rest der Mannschaft erwarte ich mir einen Auftritt, der sich sehen lassen kann. Das ist auch unser Anspruch.“ Soll heißen: Zumindest sechs Österreicherinnen sollen auch im zweiten Lauf am Start stehen. Wenn es das Wetter – für bzw. in der Nacht auf Samstag ist Schneeregen möglich – zulässt.

Einen Anspruch meldet der Schladminger dann auch noch zumindest auf kleine Weltcup-Kugeln an: „Da sollten wir schon um die eine oder andere mitreden können. Einen Sieg im Gesamtweltcup würde ich für die Saison 2022/23 aber ausschließen. Da sehe ich andere in der Favoritenrolle – wie Mikaela Shiffrin.“ Die US-Amerikanerin geht als Titelverteidigerin in den Riesentorlauf am Rettenbachferner. Trinker glaubt dort übrigens nicht an eine Überraschung auf dem Podest: „“Das werden die üblichen Verdächtigen unter sich ausmachen. Ich sehe keine junge Läuferin, die für eine Überraschung sorgen könnte. Dazu ist der Hang einfach zu schwer, da brauchst du Routine.“

Auf eines freut sich Trinker und alle Damen: „Es werden wieder viele Tausend Fans auf den Berg kommen. Das spornt noch mehr als, weil du die Zuschauer hörst, als Österreicherin in ein Fahnenmeer fährst. Wir hoffen alles, dass es so bleibt, Corona nicht wieder zum Spielverderber wird. Derzeit ist zum Glücke alles normal.“