"Ich kann dir nur von Herzen gratulieren. Du wirst es genießen, auch wenn der Anfang nicht leichtfallen wird.“ Marcel Hirscher sprach diese Worte, gerichtet an Anna Veith. Und der weiß schließlich, wovon er spricht. Er weiß, was kommt. Anna Veith weiß das noch nicht. Was aber seit Samstag klar ist, ist, dass das die Zukunft nicht im aktiven Skisport liegt. Veith erklärte, wie erwartet, ihren Rücktritt. 

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„Diese Frage nach dem was kommt, die stelle ich mir jeden Tag“, sagte die Salzburgerin in ihrer neuen Heimat Rohrmoos, wo sie mit Ehemann Manuel das „Arx“ führt; ein Hotel samt Sportshop. Die Frage nach der Zukunft – sie löst wohl noch jenes Kribbeln, jene Vorfreude und wohl auch jene Träume aus, die der Skisport so lange geliefert hat. Träume, die man als Sportler braucht. „Denn nur mit Träumen steht man jeden Tag auf und motiviert sich, geht ins Training und will was erreichen“, sagte Anna Veith beim „Abschiedsgespräch“ live im ORF mit Alexandra Meissnitzer.

Denn, geschuldet der Zeit, war auch ihr Rücktritt außergewöhnlich. Denn die große Bühne, die nimmt das Coronavirus, nur der Liveauftritt im TV bleibt unbenommen. Und der war es. Tapfer erzählte Veith über ihr Leben, ließ ihre Erfolge Revue passieren und machte nur ungern Station bei den Verletzungen, die sie aber ebenso treu begleiteten wie ihre Siege.

Der Kommentar zum Rücktritt von Anna Veith

Anna Veith, geborene Fenninger, war von Beginn an „anders“. In ihrer Jugend wurde sie als neue Annemarie Moser gehandelt; ein Druck, den sie nie wollte und doch nie loswurde. Aber es klappte, wenn auch aus eigener Sicht „nach viel zu langer Zeit“, doch mit den Erfolgen. Weltmeisterin 2011, WM-Medaille in Schladming 2013, wenn auch nicht die erhoffte goldene. Olympiasieg 2014, Doppelgold bei der WM 2015. Und dazu schaffte es die damals 25-Jährige, die engen Grenzen des Skisports zu übertreten.

Dank ihrer Fotogenität wurde sie zum Werbegesicht großer Marken, genoss diesen Auftritt ebenso wie jenen als Botschafterin für Geparden. Anna Fenninger wurde zur Marke und damit zum Zankobjekt. Die Adneterin fühlte sich „nicht fair behandelt“, wie sie unterstrich, und zog in den Kampf gegen den Verband. Ein Kampf, der Opfer forderte, ehe es eine Einigung gab. „Ja, manchmal wurde mir alles zu viel. Die Herausforderungen sind schon extrem groß.“ Und sie wurden nicht kleiner, denn nur wenige Wochen nach der Versöhnung riss faktisch alles im rechten Knie, was reißen kann – Totalschaden. Es war nur die erste von vielen folgenden Verletzungen.

Doch Fenninger, in der Zwischenzeit Veith, gab nicht auf, kämpfte sich zurück. Träumte. Und kam der Erfüllung ihrer Träume mehr als nur nahe: Im Dezember 2017 gewann sie noch einmal ein Weltcuprennen. Und in Pyeongchang 2018 stand sie vor dem zweiten Olympiasieg, letztlich wurde es Silber, ein Hundertstel hinter der tschechischen Sensation Ester Ledecka. „Aber ich habe in Korea abschließen können. Mit dem Träumen nach Erfolgen, mit der Frage, ob ich jemals wieder Träume in Erfüllung gehen lassen kann.“ Es blieb die Freude am Skisport, deshalb ging es weiter. Nach dem nächsten Kreuzbandriss aber kehrte die Freude nicht mehr wieder. „Ich kann guten Gewissens abschließen. Meine Träume haben sich verändert“, sagte sie.

Was folgt: „Ich will jetzt Wurzeln schlagen, mich verankern“, sagte sie. Mit ihren Partnern weiterarbeiten, ihre Erfahrungen weitergeben. „Es würde mich interessieren, jungen Athleten meine Erfahrungen weiterzugeben, wenn sie Hilfe brauchen. Ich habe ja eine spezielle Sammlung in meiner Karriere, die andere so nicht haben. Und ich bin bereit, diese Erfahrungen weiterzugeben.“ Irgendwann auch an eigene Kinder, klar. Aber dazu ist noch Zeit. Denn, sagte sie wie so oft in ihrer aktiven Karriere: „Noch bin ich nicht schwanger.“