Es ist immer ein wenig unfair, alles auf ein Duell zu reduzieren. Doch ein Blick auf die Ergebnislisten macht klar: Es ist schlicht die Realität. In sechs Saisonrennen gab es fünf Mal dieselben zwei Namen auf den ersten beiden Plätzen der Rangliste: Henrik Kristoffersen und Marcel Hirscher – nur in Wengen fiel Hirscher aus. Und bis auf den Slalom in Santa Caterina war immer derselbe Name oben zu finden: Henrik Kristoffersen ist der Dominator dieser Slalom-Saison.

Marcel Hirscher ist, im Vergleich zum ersten Rennen, knapp dran. In Adelboden und Wengen fehlten nur Bruchteile zum Sieg. Und doch sagt er: „Henrik ist im Moment unschlagbar, wenn er das fährt, was er kann.“ Zusatz nach dem knapp verpassten Kitzbühel-Sieg: „Und so viel Zeit habe ich nicht bis Schladming, damit ich noch besser Slalom fahren lernen würde.“

Der Weltcupdruck

Ganz so aussichtslos ist die Situation aber nicht. „Wenn ich mein bestes Slalomfahren zeigen kann, dann kann ich ihn einholen. Nur gelingt mir das im Moment nicht“, sagt der 26-Jährige. Was fehlt? „Das Selbstverständliche. Ihr kennt mich anders, es gab eine Zeit, da gab es kein Zurückstecken“, sagt Hirscher. Im Moment hat Kristoffersen diese Taktik vollinhaltlich übernommen: „Bei ihm gibt es nur Vollgas – und trotzdem kommt er immer durch.“

Was dabei eine Rolle spielen kann? Die Gedanken an den Gesamtweltcup. „Wer Marcel im Training sieht, weiß, dass er schneller fahren könnte, als er es in den Rennen dann macht“, sagt etwa Slalom-Trainer Marko Pfeifer. Für ihn liegt das an der taktischen Ausrichtung Richtung Gesamtweltcup.

Es kam also vielleicht nicht von ungefähr, dass Hirscher Kristoffersen nach dessen Sieg in Kitzbühel demonstrativ die Favoritenrolle im Weltcup übergab – vielleicht beginnt der 21-Jährige jetzt wirklich ein wenig nachzudenken – und unbewusst ein wenig weniger zu riskieren.

Klar ist: Das Duell wird heute vor rund 50.000 Fans seine Fortsetzung finden. Gewonnen haben beide schon auf der Planai, für Kristoffersen war es vor zwei Jahren sogar der erste Weltcupsieg. „Und so, wie es aussieht, wird einer der beiden auch heute vorne sein. Aber man kann nie ausschließen, dass einem der anderen auch zwei gute Läufe auskommen“, sagt Hirschers Trainer Mike Pircher.
Klar ist: Beide besitzen die nötige Coolness, um auch vor 50.000 Fans zu glänzen. „Diese Tage, das sind für mich die wichtigsten Rennen des Jahres. Und die Stimmung in Schladming, die ist ohnehin einzigartig“, sagte etwa Kristoffersen, dessen Geheimnis ganz einfach ist: „Ich fahre einfach, was geht.“ Das alleine wird es nicht sein. Kristoffersen hat seine Hausaufgaben gemacht und ist – wie Hirscher – für alle Pisten gerüstet.

MICHAEL SCHUEN