Die Sicherheitsdiskussion bekam durch Rainer Schönfelders Verletzung neue Nahrung und ein "Startverbot" für den Kroaten Ivica Kostelic in der Superkombination führte bei der Mannschaftsführersitzung fast zu einem Streit. Kostelic hatte zwar am Mittwoch am verkürzten ersten Abfahrtstraining teilgenommen, auf das zweite vom Originalstart aber verzichten müssen, weil davor beim Slalomtraining seine alte Rückenverletzung wieder akut geworden war. Damit war der Kroate nicht für die Kombi startberechtigt, weil neuerdings - Ausnahme ist die überlange Strecke in Wengen - auch in der Kombination die Abfahrten von ganz oben gefahren werden.

Das kroatische Team hatte extra angefragt, ob auch das verkürzte erste Training als Qualifikation gelte, nach abschlägigem Bescheid durch die Jury aber trotzdem darauf verzichtet, den verletzten Fahrer pro forma aus dem Starthaus fahren zu lassen. "Lächerlich. Dass man an einem Training teilgenommen haben muss, um in einer Abfahrt starten zu können, hat ausschließlich Sicherheitsgründe. Ivica verletzt aus dem Starthaus fahren und wieder abschwingen zu lassen, wäre nur eine dumme Täuschung gewesen", ärgerte sich der kroatische Teamchef Vedran Pavlek. Der österreichische Kroaten-Trainer Walter Hubmann meinte: "Wahrscheinlich hätten wir gegen die Jury-Entscheidung protestieren müssen."

Vom Behandlungserfolg abhängig

Ob Kostelic Freitagfrüh (Ortszeit) am speziellen und erstmals unmittelbar vor der Kombiabfahrt durchgeführten Training teilnehmen würde, um am Samstag an der Spezialabfahrt teilnehmen zu können, war vom Behandlungserfolg abhängig. Auch dieses neue Abfahrtstraining, damit die Speed-Spezialisten nicht mehr an der Kombiabfahrt teilnehmen, wurde von einigen Mannschaften kritisiert. Eine Verzögerung könnte dazu führen, dass auch die Kombination später beginnt oder sogar abgesagt werden muss, meinten etwa die Italiener. Wie so oft stecken aber auch hier Einzelinteressen hinter dieser an sich guten Idee. Denn durch die Herausnahme der Abfahrtsspezialisten verschiebt sich auch die Chancenverteilung in der Kombination.

Ähnliches gilt für die hochaktuelle Sicherheitsdiskussion aufgrund der bereits so zahlreichen schweren Verletzungen in diesem Winter. Einer der aktuellstes Opfer in Beaver Creek war der Österreicher Rainer Schönfelder, der nun am Samstag in Wien bei Dr. Rudi Schabus sein verletztes linkes Knie untersuchen lassen muss, statt in Colorado an der Abfahrt teilzunehmen. "Unser Job ist nun mal gefährlich. Aber ich hoffe sehr, dass es nicht so schlimm ist und ich weiterfahren kann", meinte der Kärntner. Glück hatte wohl der Norweger Lars Elton Myhre, der sich bei einem Sturz am Knie verletzte, aber weiterfahren kann. Die aus Sicherheitsgründen vor zwei Jahren breiter gemachten Ski stehen derzeit als vermeintlich Hauptschuldige an den vielen Stürzen und Unterschenkelverletzungen in der Kritik. Atomic-Rennchef und Exrennläufer Rudi Huber versuchte zu relativieren. Man müsse einerseits jeden Sturz für sich beurteilen, andererseits sei ein Hermann Maier in seiner Glanzzeit schon so breite Ski gefahren wie die aktuellen jetzt. "Die neuen Ski sind schwerer auf die Kante zu kriegen, aber von dort auch wieder schwerer wegzukriegen. Deshalb haben kräftige Läufer Vorteile und die beschweren sich ohnehin nicht", so Huber.

Laut Huber würden die stark zugenommenen Unterschenkelbrüche oft nicht beim Sturz an sich, sondern erst bei den darauffolgenden Landungen im Sicherheitsnetz passieren. Man müsse auch bedenken, dass es in der Abfahrt bereits Belastungen von bis zu fünf G gebe. "So was muss ein Material erst einmal aushalten. Umgekehrt soll dann bei einem Sturz die Bindung leicht auslösen. Wie kann das gehen?", fragt man sich offenbar nicht nur bei Atomic. Und jede Regeländerung beim Material kann laut Huber den Sport völlig verändern. "Schreibt man im Damenslalom etwa künftig 1,65 m statt 1,55 m als Mindestlänge vor, sind plötzlich große und kräftige Läuferinnen im Vorteil und eine Kathrin Zettel hätte keine Chance mehr."

Beim Skihersteller aus Altenmarkt arbeitet man deshalb mit der Salzburger Universität zusammen, um Lehren zu ziehen. FIS-Renndirektor Günter Hujara stellte in Colorado trotz aller Kritik klar, dass Regeländerungen während einer Saison kaum möglich sind. "Wahrscheinlich passiert erst etwas, wenn die halbe erste Gruppe außer Gefecht ist", kritisierte prompt ÖSV-Abfahrer Christoph Gruber. Schönfelder hatte nur einen Tag vor seiner seiner Knieverletzung einen Scherz als Vorschlag parat gehabt. "Man könnte das Preisgeld verzehnfachen, dann halten alle zum Thema Sicherheit den Mund", hatte der Wahlwiener gemeint. "Skifahren ist und bleibt ein Sport, in dem viel passieren kann. Außer wir erfinden die Disziplin Liftfahren!"