Die Feiern nach dem Superkombi-Titel sind vorbei. Am Sonntag wartet die Abfahrt. Belastet es Sie, dass Sie nun zu den Favoriten gehören?

FENNINGER: Ich zähle mich nicht zu den Favoritinnen. Würde ich es tun, würde ich mich unter Druck setzen. Mein Goldtipp ist Elisabeth Görgl.

Die Piste ist, durch den Warmwettereinbruch, viel weicher geworden. Ein Vorteil für Sie?

FENNINGER: Wie die Piste ist, ist nicht relevant, ich muss mich so oder so darauf einstellen. Ich hoffe nur, dass das Wetter gut bleibt.

Sie schauen immer sehr verstohlen auf die Goldmedaille vor Ihnen auf dem Tisch. Haben Sie schon realisiert, was sie hier geschafft haben?

ANNA FENNINGER: Noch ist das nicht so richtig durchgedrungen. Aber das kommt noch, wenn ich mit meinem Manuel und meinen Eltern gemeinsam genießen werde. Wenn alle wichtigen Personen da sind, ist so etwas viel emotionaler.

Sie waren vierfache Junioren-Weltmeisterin, kennen das Prozedere der Siegerehrung. Wie war es diesmal?

FENNINGER: Total anders. Bei einer Siegerehrung der Junioren-WM sieht keiner zu, hier Hunderttausende. Ich wusste auch nicht, wie ich mich verhalten sollte. Es ist ein ganz komisches Gefühl, wenn du allein auf dem Podium stehst.

Allein gelassen wurden Sie auch zu Beginn Ihrer Weltcup-Karriere. Ist das richtig?

FENNINGER: Ja, ich wurde von den Trainern in alle Rennen gehetzt. Von meinem Gefühl her lastete alles auf mir. Trainer und Medien erwarteten Unmögliches. Wenn man wie ich als Seriensiegerin zum Weltcup kommt, braucht man Hilfe.

Heißt das, Sie hätten eine echte Bezugsperson gebraucht?

FENNINGER: Genau, es fehlte ein Mensch, dem ich voll vertrauen konnte. Junge Läuferinnen sollten ganz langsam herangeführt werden. Bei mir war das nicht so. Mein Glück ist, das der Spruch - aus Niederlagen lernt man viel mehr als aus Siegen - sich bewahrheitete. Bei mir hätte es der Verband einiges besser manchen können.

Sie sprechen sehr offen und ehrlich Dinge an, die nicht sehr gerne gehört werden. Sind Sie immer so ehrlich?

FENNINGER: Ich höre sehr oft Interviews von anderen die sagen aber nicht das, was sie sich denken. Ich weiß nicht, warum sie das tun. Ich könnte mir selbst nie etwas vorlügen.

Bei der internationalen Pressekonferenz waren Sie nicht zurückhaltend. War das geplant?

FENNINGER: Es kam aus meinem Inneren. Ich könnte nie eine vorgespielte oder einstudierte Geschichte erzählen. Daher sage ich jetzt auch klar - in der Vergangenheit ärgerte ich mich über Überkritik der Trainer und Medien an mir. Wenn wir in einer Abfahrt schlecht platziert waren, hörte ich nur, ich sei zu langsam gefahren. Das habe ich nicht verstanden.

Sie sind aber ganz schön hart mit Ihrer Umgebung?

FENNINGER: Ich sage, was ich mir denke. Das tat ich früher schon, doch da hatte ich nicht die nötige Aufmerksamkeit erhalten. Jetzt habe ich sie.

In den Speeddisziplinen sind Sie sehr gut. Reicht Ihnen das?

FENNINGER: Nein, ich will auch im Slalom Fuß fassen. Aber ich bestimme den Zeitpunkt. Mein Traum ist der Gesamt-Weltcup.