Sie begrüßen die Gäste schon am Ortseingang in demonstrativer Umarmung: Ga & Pa, die rot- und blau-bemützten Maskottchen der Schi-WM 2011 stehen hier stellvertretend für die beiden Ortsteile Garmisch und Partenkirchen. Für Doppel-Olympiasiegerin Rosi Mittermaier, berühmteste Tochter der Doppelgemeinde, sind sie gar "Ausdruck des Fair-Play". Daran muss man sich vielleicht gerade hier stets erinnern, denn Garmisch und Partenkirchen sind ein Zweckbündnis im 76. Bestandsjahr. 1935 wurden die beiden eigenständigen Gemeinden von den Nationalsozialisten zusammengelegt, ein Jahr später fanden Olympische Winterspiele statt, an die manche Bauwerke wie das Eissportstadion Rießersee erinnern. Doch so ganz eine Gemeinde wurden die beiden Orte nie. Noch heute gibt es fast alles doppelt: die Feuerwehr, die Sportvereine, das Bauerntheater und sogar die CSU-Ortsparteien existieren noch getrennt. Bei den Wahlen muss man sich auf eine gemeinsame Liste einigen, wobei immer abwechselnd eine Ortsgruppe die geraden und bei der nächsten Wahl wieder die ungeraden Listenplätze besetzt. Garmisch und Partenkirchen, die ungeliebten Zwillinge?

Völliger Blödsinn", erfahren wir dort, wo man es immer ganz genau weiß: Am Stammtisch im alt-ehrwürdigen "Bräustüberl" von Garmisch. Hier übt man sich ebenso in Eintracht, wie es die Maskottchen tun und das lebende Beispiel friedlicher Koexistenz sitzt vor uns beim Weißbier: "Ich bin in Garmisch geboren und lebe seit 24 Jahren in Partenkirchen", sagt Luggi, der, wie die meisten, seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte. Das mit der Rivalität sei eher "zum Derblecken", wie es die Bayern nennen, wenn sie sich sekkieren.

Vielleicht habe es das in alten Tagen gegeben, als die Garmischer Händler waren, die Partenkirchener aber für die Benützung der Wege Zölle verlangten. Aber das war zu Zeiten der Pferdefuhrwerke und damals unterstanden beide Orte den Grafen von Werdenfels.

Aber vielleicht ist es auch das gemeinsame Feindbild, das beide Ortsteile eint: Olympia. Auch am Stammtisch gehen da die Wogen hoch. "Die Großkopferten in München wollen die Spiele und bei uns werden die Bauern enteignet", sagt Toni, selbst seit zwei Jahrzehnten Forstarbeiter. Er hat aber einen Gegenvorschlag, wie die Platznöte zu lösen seien. Der Golfplatz, im Besitz der Staatsregierung, könne ja umgewidmet werden, für das Olympische Dorf. Selbst jener Bauer, der seine Gründe bis zuletzt für die Schi-WM verweigern wollte, genießt hier höchstes Ansehen. "Er musste sich bereit erklären, dass man seinen Garten als Lagerplatz verwenden darf. Das ist doch eine Sauerei."

Dabei soll eine gelungene Schi-WM das letzte Ass vor der Vergabe der Spiele im Sommer dieses Jahres darstellen. Die etwas in die Jahre gekommene Marktgemeinde hat sich herausgeputzt, ein neues Verkehrskonzept entwickelt, bei dem alle öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos sind, das Pressezentrum hat ohnedies schon olympische Dimensionen. Ga-Pa startet die letzte Stufe der Charmeoffensive für Olympia.

Für Spiele, die man hier gar nicht will, wie man sich am Stammtisch einig ist. Dabei geht es um Grundsatzfragen: Für die Olympischen Spiele müssten die letzten landwirtschaftlich genutzten Flächen geopfert werden. "Was verbaut ist, kommt nicht wieder", sagt Toni, der auch gehört haben will, dass beim Zuschlag der alte Kurpark weichen muss. "Ich mache mir wirklich große Sorgen um unser Tal", sagt er, rückt seinen Filzhut gerade, kippt den letzten Schluck Bier und ergeht sich in Resignation. "Aber verhindern wer mas net kennan."