Adelboden 2020 – ein nicht mehr ganz junger Filip Zubcic schreibt kroatische Skigeschichte. Wie aus dem Nichts rast der damals 26-Jährige auf Platz zwei im legendären Riesentorlauf auf dem Chuenisbärgli, feiert den ersten Podestplatz seiner Karriere und den ersten für Kroatien seit einem gewissen Ivica Kostelic. Was danach kommt, scheint der Beginn eines märchenhaften Aufstiegs zu sein. In den anschließenden Riesentorläufen der Saison gibt es die Plätze vier, zwei und im japanischen Naeba sogar den Premierensieg im Weltcup. Es folgt ein phänomenaler Winter 2020/21 mit zwei weiteren RTL-Siegen und Platz drei in der Disziplinenwertung, hinter den Superstars Alexis Pinturault und Marco Odermatt.

Im Anschluss gab es aber nicht etwa einen Dreikampf um die kleine Kristallkugel, sondern einen echten Absturz des Spätzünders, der am Zagreber Hausberg Sljema im Alter von sechs Jahren das Skifahren erlernte. Zwei Saisonen lang sah Zubcic das Podium nur aus der Ferne, Platz sieben 2022 in Adelboden war das höchste der Gefühle und so hatten ihn nur die wenigsten Konkurrenten vor der aktuellen Saison auf dem Radar. „Ich hatte in den vergangenen zweieinhalb Jahren wirklich Probleme. Wenn man um Siege kämpft, ist es viel einfacher, einen Schritt zurück zu machen, als nach vorne zu kommen. Gefühlt war alles super, aber die Ergebnisse waren nicht mehr da“, sagte der Kroate unlängst über die Herausforderungen der jüngeren Vergangenheit.

Wie Phönix aus der Asche

Im Schlepptau von Dominator Odermatt und Herausforderer Marco Schwarz fand der Kroate in dieser Saison aber nicht nur die Ideallinie, sondern vor allem zurück zu alter Form, verpasste in Alta Badia seinen vierten Sieg der Karriere nur um 0,19 Sekunden. „Als ich nach dem zweiten Durchgang im Ziel war, habe ich gedacht, es ist der Sieg, ich bin ausgeflippt. Dann fiel mir ein, dass Marco (Odermatt, Anm.) noch am Start war. Jeder andere hätte nach diesem Lauf keine Chance gehabt, aber bei ihm weiß man nie“, sagte Zubcic, der sich über seinen ersten Podestplatz März 2021 dennoch ausgelassen freute. „Das ist die Belohnung für das harte Training.“ Hart arbeiten musste „Zubo“, wie ihn seine Kollegen nennen, schon immer. Seine Mutter fuhr im ehemaligen Jugoslawien Skirennen, sein Vater begleitet ihn bis heute auf die Pisten dieser Welt. Im Kindesalter packte ihn die Begeisterung, pendelte er jahrelang zwischen Trainingscamps in Österreich und der Schule in Kroatien. Priorität hatten Schnee und Ski, vernachlässigt wurden Stift und Papier.

Die Strapazen zahlten sich aus, zählt Zubcic wieder zu den Besten der Welt. Auf seinem „Lieblingshang“ in Adelboden hat er Weltcup-Sieg Nummer vier im Visier. Genau dort, wo vor vier Jahren die Achterbahnfahrt begann. Nach dem Saisonaus von Österreichs Hoffnungsträger Schwarz liegt es am 30-Jährigen, die Dominanz des Super-Schweizers Odermatt im Riesentorlauf zu durchbrechen. „Odi“ gewann die Riesentorläufe am Chuenisbärgli in den vergangenen beiden Jahren und ist der Mann, den es einmal mehr zu schlagen gilt. Dementsprechend groß ist auch der Respekt bei Zubcic. „Er ist ein großartiger Athlet. Es macht Spaß, gegen ihn zu fahren, auch wenn er früher etwas einfacher zu schlagen war.“