Grundsätzlich ist eine solche Wahl, gerade wenn sie von wohl nicht immer objektiven, aktiven Spielern durchgeführt wird, höchst subjektiv. Aktive Spieler haben freilich einen anderen Blick auf die eigenen Mitspieler und Gegenspieler als Leute, die mehr Distanz haben.

Insofern stellt sich grundsätzlich die Frage, was genau die Kriterien der Wähler für eine solche "Top 100"-Liste sind. Sportliche Qualität, Wert für die Mannschaft, vielleicht sogar Beliebtheit?

In diesem Text wiederum soll es ums Sportliche gehen und eben nicht um Beliebtheit, weshalb durchaus einige Stellen der Top 15 hinterfragt werden können.

NFL Top 100: So haben die Spieler gewählt

Platz Spieler Position Team 1 Lamar Jackson Quarterback Baltimore Ravens 2 Russell Wilson Quarterback Seattle Seahawks 3 Aaron Donald Defensive Tackle Los Angeles Rams 4 Patrick Mahomes Quarterback Kansas City Chiefs 5 Michael Thomas Wide Receiver New Orleans Saints 6 Christian McCaffrey Running Back Carolina Panthers 7 George Kittle Tight End San Francisco 49ers 8 DeAndre Hopkins Wide Receiver Houston Texans 9 Stephon Gilmore Cornerback New England Patriots 10 Derrick Henry Running Back Tennessee Titans 11 Julio Jones Wide Receiver Atlanta Falcons 12 Drew Brees Quarterback New Orleans Saints 13 Bobby Wagner Linebacker New Orleans Saints 14 Tom Brady Quarterback Tampa Bay Buccaneers 15 Chandler Jones Edge Rusher Arizona Cardinals

NFL Top 100: Diese Platzierungen passen gut

Im Prinzip sind in der diesjährigen Top 15 nur zwei Platzierungen wirklich gut getroffen. Russell Wilson an Position zwei und Aaron Donald an Position drei.

NFL Top 100: Russell Wilson - Seattle Seahawks

Russell Wilson spielte zuletzt wieder eine richtig starke Saison und bewegt sich seit Jahren auf sehr hohem Niveau. Dass er vom System der Seahawks immer wieder zurückgehalten wird und erst spät etwa bei Aufholjagden sein volles Potenzial entfalten darf, sollte ihm dabei nicht negativ angehaftet werden.

Vielmehr ist Wilson insgesamt mit seiner Scramble-Fähigkeit, seinen überragenden Deep Balls und seiner generellen Coolness in wichtigen Momenten tatsächlich der zweitbeste Quarterback der NFL, weshalb Platz 2 wunderbar passt.

NFL Top 100: Aaron Donald - Los Angeles Rams

Ist er vielleicht sogar der beste Athlet in der Liga? In jedem Fall ist Donald seit ein paar Jahren schon der imposanteste und konstanteste Pass Rusher der Liga. Der dreimalige Defensive Player of the Year - und fünffache All-Pro - ist an der Line kaum zu halten und gilt als Prototyp für den modernen Defensive Tackle, der eben nicht nur den Run Stopper gibt.

Im Vorjahr fiel seine Produktion zwar etwas ab, doch das kann mit der Tendenz erklärt werden, dass er vom Gegner permanent gedoppelt wurde. Dennoch brachte er es letztlich doch auf 55 Pressures (12,5 Sacks), obwohl die Qualität um ihn herum bei den Rams zuletzt nicht unbedingt besser wurde. Donald ist weiterhin der beste Verteidiger der NFL und hat - noch dazu auf einer Premium-Position - damit einen Top-3-Platz verdient.

NFL Top 100: Diese Platzierungen sind zumindest vertretbar

Das Ergebnis der Wahl sieht mit Christian McCaffrey einen Running Back auf Platz 6 sowie mit Cornerback Stephon Gilmore den Defensive Player of the Year auf 9. Zudem landen Drew Brees (12) und Tom Brady (14) außerhalb der Top 10 sowie Chandler Jones auf Rang 15.

NFL Top 100: Michael Thomas - New Orleans Saints

Michael Thomas pulverisierte den All-Time-Rekord von Marvin Harrison, brachte es auf 149 Receptions und führte die Liga mit 1725 Yards an. Er etablierte sich damit vor allem als einer der besten Possession-Receiver in der NFL. Abgesehen davon kam er auf ein Receiving Grade von 90,7 laut Pro Football Focus - Platz 1 der Saison 2019.

Von daher lässt sich sein hoher Platz in der Wahl durchaus nachvollziehen, doch ist er wirklich der beste Wide Receiver insgesamt in der NFL? Gibt es nicht vielleicht doch den einen oder anderen, der eigentlich besser ist, aber auf dem der Fokus im jeweiligen System nicht ganz so deutlich gerichtet ist?

NFL Top 100: Christian McCaffrey - Carolina Panthers

An ihm scheiden sich die Geister. Ja, er ist ein Running Back und als solcher per se nicht übermäßig wertvoll in der heutigen NFL. Aber McCaffrey ist mehr als das. Er ist ein Running Back, der eben doch in die moderne NFL hineinpasst.

McCaffrey führte die NFL mit 2392 Scrimmage Yards deutlich an und durchbrach die 1000-Yard-Marke sowohl in Rushing als auch Receiving. Er hatte zudem mit 19 die meisten Offensiv-Touchdowns der Liga. Bemerkenswert ist, dass er es auf 116 Receptions aus dem Backfield brachte - das sind mehr als jeder andere Spieler der Liga, der nicht Michael Thomas hieß! Und da McCaffrey solch herausragende Qualitäten gerade im Passspiel aufweist, gehört er als Fixpunkt seiner gesamten Offense durchaus in die Top 10 - der beste, weil effektivste, Running Back ist er damit ohnehin.

NFL Top 100: George Kittle - San Francisco 49ers

Verletzungsbedingt ging Kittles Produktion 2019 etwas zurück. Dennoch zeigte er auch im Vorjahr, welch Potenzial in ihm steckt und wie wichtig er für das ist, was die 49ers offensiv machen. Kittle ist das komplette Paket - er ist ein starker Receiver, der mit dem Ball in der Hand Schaden anrichten kann. Gleichzeitig aber ist er auch ein sehr guter Blocker, der enorm im Run Blocking, aber auch in der Pass Protection hilft.

Damit ist er zu Recht in dieser Liste der am höchsten bewertete Tight End, da Leute, die vergleichbar gut sind im Passspiel, durchaus Defizite im Blocking haben oder schlicht gar nicht an der Line aufgestellt sind. Kittle ist eine der besten Anspielstationen der Liga und der Fixpunkt der Niners-Offense. Mehr noch, da Deebo Samuel dieses Jahr erstmal fehlen wird. Ob er aber auf Rang 7 stehen muss, ist diskutabel.

NFL Top 100: DeAndre Hopkins - Arizona Cardinals

Ein Aufschrei ging durch die Liga, als die Texans Hopkins für einen sehr überschaubaren Preis nach Arizona schickten. Dabei war er doch der Fixpunkt der Texans-Offense und einer der spektakulärsten Receiver überhaupt in der Liga.

Hopkins ist nicht der schnellste, dafür aber einer der sichersten Receiver. Er ist stets offen und auch in enger Coverage kaum vom Ball zu trennen. Platz 8 ist angemessen, vielleicht jedoch wäre auch noch ein höherer Rang diskutabel.

NFL Top 100: Stephon Gilmore - New England Patriots

Erstmals seit 2009 gewann mit Stephon Gilmore mal wieder ein Cornerback die Wahl zum Defensive Player of the Year. Und das sicherlich nicht zu Unrecht. Gilmore führte die NFL mit sechs Interceptions und 20 Passes Defensed an und ließ in Coverage laut Pro Football Reference keinen einzigen Touchdown zu. Zudem ließ er bei Pässen in seine Richtung gerade mal ein Passer Rating von 44,1 zu.

Kurzum: Gilmore ist - auch laut PFF - der beste Cornerback der NFL und wurde bereits zum zweiten Mal in Serie ins All-Pro-First-Team gewählt. Insofern gehört er auch in die Top 10, fraglich ist nur, ob Rang 9 angemessen ist, schließlich ist ein Shutdown-Corner neben einem Pass Rusher mittlerweile das höchste Gut einer NFL-Defense. Ein wenig höher wäre er damit auch gut aufgehoben.

NFL Top 100: Drew Brees - New Orleans Saints

Verpasste verletzungsbedingt fünf Spiele im Vorjahr und führte die Liga dennoch mit einer Completion Percentage von 74,3 Prozent an - was aber auch an den meist kurzen Pässen lag, die er im Saints-System hauptsächlich werfen muss.

Insgesamt ist er weiterhin der präziseste QBs der Liga. Zudem belegt er in den Kategorien DYAR, DVOA (beides von Football Outsiders ) und Total QBR jeweils einen Platz unter den Top 3. Allerdings ist dies auch der Tatsache geschuldet, dass seine Mitspieler viel aus den meist kurzen Pässen machen, selbst die Runnig Backs, weshalb das System ihm sehr hilft. Sicherlich wäre er auch ein Kandidat für die Top 10, aber wäre er auch dann noch so effektiv, wenn er nicht bei den Saints und unter Sean Payton spielte? Von daher kann man mit Platz 12 leben.

NFL Top 100: Tom Brady - Tampa Bay Buccaneers

Brady machte rein zahlentechnisch einen gewaltigen Schritt zurück. Nachdem der GOAT in dieser Umfrage eigentlich immer in den Top 10 stand und sie als einziger auch dreimal anführte, rutschte er dieses Jahr auf Platz 14 ab. Rein sportlich spielte er nur noch Durchschnitt im Jahr 2019. Insofern muss die Frage erlaubt sein, ob Rang 14 nicht noch zu hoch angesetzt ist.

Allerdings sei gesagt, dass Bradys Spiel 2019 von diversen Faktoren behindert wurde. Seine Mitspieler bildeten verletzungs-, qualitäts- und mentalbedingt (Antonio Brown) vielleicht die schwächste Receiver-Gruppe seit vielen Jahren für Brady, der sichtlich auch Rob Gronkowski als Tight-End-Anker im Spiel vermisste. Zudem war er stets erpicht darauf, Fehler zu vermeiden, was zu vielen absichtlichen Fehlwürfen führte. Kurzum: Bradys Jahr war insgesamt kein gutes, sein Name allein aber hielt ihn von einer noch schlechteren Einstufung ab. Zugleich ist er damit aber auch in der Bringschuld, um zu zeigen, dass er mit besserem Personal bei den Bucs doch noch zu Höherem fähig ist.

NFL Top 100: Chandler Jones - Arizona Cardinals

Ist er der beste Edge Rusher der NFL? Seine Kollegen jedenfalls sehen es so und es gibt zumindest keinen klaren Grund, dem vehement zu widersprechen. Jones ist extrem zerstörerisch und legte 2019 mit 19 Sacks (40 Pressures) eine neue Karrierebestmarke auf. Zudem führte er die Liga auch mit acht Forced Fumbles an.

Vertretbar ist Platz 15 damit allemal. Die Frage ist nur, ob er damit nicht vielleicht zu niedrig wegkommt? Immerhin ist Edge eine der wichtigsten Positionen im Football und er wohl der Beste seines Fachs. Vielleicht muss man bei ihm sogar über die Top 10 sprechen, aber 15 ist immerhin kein grober Fehlgriff.

NFL Top 100: Bei diesen Platzierungen liegen die Spieler falsch

Während in den vorangegangenen Gruppen ein wenig das Haar in der Suppe gesucht werden konnte, ist diese hier äußerst fragwürdig. Besonders der Top-Spot sorgt für große Verwunderung.

NFL Top 100: Patrick Mahomes - Kansas City Chiefs

Per se sollte der beste Spieler der NFL an Position 1 einer solchen Umfrage stehen. Das tut er in diesem Jahr aber nicht. Nichts gegen Lamar Jackson, aber Patrick Mahomes ist schlicht nicht zu stoppen. Mahomes unterschrieb gerade essenziell einen Vertrag über 500 Millionen Dollar und man kann dennoch argumentieren, dass er damit in Kürze unterbezahlt sein wird.

Mahomes ist im Grunde der menschgewordene Cheat Code. Mahomes spielt, als würde man Madden auf unterer Schwierigkeitsstufe spielen. Mahomes war es, der in den vergangenen Playoffs sein Team fast im Alleingang an den Houston Texans vorbei in den Super Bowl geführt hat und in selbigem ein Comeback hinlegte, um den Chiefs ihren ersten Titel seit über 50 Jahren zu bescheren. Mahomes ist der beste Spieler der Liga und ihn nicht auf Platz 1 der besten 100 NFL-Spieler zu wählen, ist schlicht der blanke Hohn!

© GEPA

NFL Top 100: Lamar Jackson - Baltimore Ravens

Wie Mahomes gewann auch Jackson in seiner erst zweiten Saison den MVP Award und das vollkommen zu Recht. Jackson war zweifelsohne der beste Spieler der vergangenen Regular Season, die ausschlaggebend für die Awards ist. In einem System, das komplett auf ihn zugeschnitten ist, lief er Kreise um die Konkurrenz und machte die Ravens-Offense, die zuvor eher farblos daherkam, zur effizientesten derartigen Unit in der NFL - auf dem Boden und durch die Luft.

Aber in den Playoffs wurden er und sein Team jäh gestoppt. Man merkte, welche Defizite das Spiel von Jackson immer noch hat. Zudem muss Jackson erst noch beweisen, dass er das letztjährige immens hohe Niveau halten kann. Und unterm Strich ist er auch kein Mahomes, der selbst an schlechten Tagen immer eine Lösung zu finden scheint. Auch zu Wilson fehlt ihm noch etwas. Top 3 wäre vertretbar, Platz 4 - der von Mahomes in der Wahl - aber sicherlich eher angemessen.

NFL Top 100: Julio Jones - Atlanta Falcons

Julio Jones erhielt von PFF ein Receiving Grade von 90,3, der drittbeste Wert der Liga, hauchdünn hinter Thomas und Chris Godwin (90,4). Jones kam 2019 auf 99 Receptions fürs 1394 Yards und 6 Touchdowns. Für ihn allerdings ein eher schwaches Jahr.

In der Regel legt Jones ganz andere Zahlen auf und zeichnet sich stets durch seinen enormen Speed trotz seiner Statur (1,90 Meter, 99 Kilogramm) und seine sehr sicheren Hände aus. Jones ist stets für einen spektakulären Contested Catch zu haben und kann genauso gut nach einem kurzen Pass allen davonlaufen. Er ist seit Jahren die klare Nummer 1 der Falcons und eigentlich auch der beste Receiver der NFL. Für die Vorsaison kann man durchaus Thomas vor ihm sehen, aber Jones nicht in die Top 10 zu wählen, ist ein massiver Fehlgriff der Spieler.

NFL Top 100: Derrick Henry - Tennessee Titans

Henry führte die NFL mit 1540 Rushing Yards und 16 Touchdowns an. Zudem zeigte er spektakuläre Rushing-Leistungen gerade gegen Ende und in den Playoffs gegen New England und die Ravens. Doch gehört er damit in die Top 10? Keineswegs!

Henry ist ein Running Back, der wirklich nur auf dem Boden funktioniert (18 REC, 206 YDS). Hinzu kommt, dass er entgegen der allgemeinen Meinung eben nicht der Schlüssel für die überraschend gute Titans-Offense war oder ist. Wie Ben Baldwin von The Athletic kürzlich anmerkte, hatten die Titans offensiv -0,06 EPA/Play (Platz 26 in der NFL) und waren 2-4 zu Saisonbeginn mit Henry auf dem Platz.

Der Quarterback war damals Marcus Mariota. Als dann Ryan Tannehill übernahm, stieg der Wert für die restlichen zehn Saisonspiele schlagartig auf 0,19 EPA/Play (Platz 2 in der NFL). Wenn also ein Spieler der Titans an den Top 10 auch nur kratzen sollte, dann Tannehill, nicht etwa Henry! Für Henry hingegen sind selbst die Top 20 viel zu hoch gegriffen.

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NFL Top 100: Bobby Wagner - Seattle Seahawks

Wagner ist seit jeher eine Tackle-Maschine und führte die Liga 2019 mit 159 Tackles an. Er ist die Zuverlässigkeit in Person bei den Seahawks seit 2012, seinem Rookie-Jahr. Doch rechtfertigt das Platz 13 oder gar die Top 20? Nein.

Wagner ist im Grunde ein klassischer Middle Linebacker. Er spielt gegen den Lauf und räumt in der Hinsicht sehr gut hinter der Line auf. Aber gegen den Pass hat selbst er merkliche Defizite. Er ließ im Vorjahr eine Passquote von über 80 Prozent und ein Passer Rating von 108,2 zu. Zudem gelangen Gegnern in seiner Coverage zwei Touchdowns. Wagner ist ein großartiger Spieler, aber ihn in die Top 15 zu verfrachten, geht in der heutigen passlastigen NFL zu weit.

NFL Top 100: So hätte SPOX abgestimmt

Nach all der Kritik folgt nun die SPOX-Liste der Top-Spieler.

Platz Spieler Position Team 1 Patrick Mahomes Quarterback Kansas City Chiefs 2 Russell Wilson Quarterback Seattle Seahawks 3 Aaron Donald Defensive Tackle Los Angeles Rams 4 Lamar Jackson Quarterback Baltimore Ravens 5 Julio Jones Wide Receiver Atlanta Falcons 6 DeAndre Hopkins Wide Receiver Arizona Cardinals 7 Michael Thomas Wide Receiver New Orleans Saints 8 Stephon Gilmore Cornerback New England Patriots 9 George Kittle Tight End San Francisco 49ers 10 Christian McCaffrey Running Back Carolina Panthers 11 Drew Brees Quarterback New Orleans Saints 12 Chandler Jones Edge Rusher Arizona Cardinals 13 Deshaun Watson Quarterback Houston Texans 14 Joey Bosa Edge Rusher Los Angeles Chargers 15 Tom Brady Quarterback Tampa Bay Buccaneers