Emma Raducanu (18) weiß nicht so recht, wie ihr geschieht. Die Britin steht bei ihrem Grand-Slam-Debüt in Wimbledon im Achtelfinale und wird von den Fans gefeiert. "Im April hatte ich meine Abiturprüfungen, ich saß also schon vor zwei Monaten in einer Prüfung", sagt Raducanu ungläubig. "Jetzt hier in Wimbledon zu sein, ist unglaublich, es ist surreal."

Von der Schulbank aus schreibt Raducanu ein kleines Märchen. Sie gilt zwar längst als eines der größten Talente Großbritanniens, doch ist im Moment erst die Weltnummer 338, nur eine Spielerin im Turnier war noch schlechter klassiert. Mit einer Wildcard ausgestattet stürmt sie gegen die Russin Djatschenko (WTA 152) und die Tschechin Vondrousova (WTA 42, 2019 noch French-Open-Finalistin) und gegen die Rumänin Cirstea (WTA 45) ohne Satzverlust in das Achtelfinale.

Die Zuschauer sind aus dem Häuschen, feiern die Teenie-Sensation mit Standing Ovations. "Vor einem Heimpublikum zu spielen, hilft definitiv. Die Unterstützung ist so laut und sie stehen so sehr hinter mir. Ich bin wirklich dankbar", sagt Raducanu. In der Runde der letzten 16 wartet nun die Australierin Ajla Tomljanović. Raducanu scheint mental bereit: "Ich habe mir vorgenommen, jeden Punkt so zu spielen, als wäre es ein Matchball oder mein letzter Punkt in Wimbledon."

Lange Turnierpause

Besonders beeindruckend: Vor diesem Juni hatte sie im März 2020 ihr letztes Profi-Turnier bestritten. Die Corona-Pandemie zwang sie in eine Profi-Pause, die sie mit dem erfolgreichen Abitur füllte.

Die Tochter eines rumänischen Vaters und einer chinesischen Mutter ist ein echtes Sport-Wunderkind und längst nicht nur im Tennis stark. Angefangen hat sie mit Ballet, dann hat sie der Vater alle möglichen Sportarten ausprobieren lassen. "Ich machte Reiten, Schwimmen, Stepptanz, Basketball, Skifahren, Golf und im Alter von 8 Jahren habe ich auch Go-Kart gefahren", sagte sie dem "Guardian". Ein Jahr später kam dann auch noch Motocross dazu. Und das alles neben dem Tennis, wie Raducanu betont.

Berühmter Coach

"Sie bringt alle nötigen Qualitäten mit. Das habe ich vom ersten Tag an gesehen", sagt ihr Coach Nigel Sears. Er muss es wissen. Sears ist der Schwiegervater des britischen Tennis-Giganten Andy Murray. Wohin die Reise von Raducanu noch führt? Sears: "Der Himmel ist die Grenze."