Auf Facebook haben Sie gepostet, dass Sie Ihren letzten Auftritt in Wien kaum mehr erwarten können ...
JÜRGEN MELZER. Ja, ich freue mich wirklich extrem darauf. Wien war stets eines meiner Lieblingsturniere und ich habe immer gesagt, dass ich hier meine Karriere beenden möchte. Jetzt will ich noch einmal die tolle Stimmung aufsaugen.

Haben Sie schon entschieden, ob Sie im Doppel weitermachen?
MELZER: Ja, es schaut ganz so aus, dass ich es probieren möchte. Der Plan ist, dass ich nächste Saison mit Ossi (Anm. Philipp Oswald) spielen werde. Wir treten auch gemeinsam in Wien an und werden versuchen, heuer noch so viel wie möglich Punkte zu sammeln, damit wir 2019 bei den Turnieren reinkommen. Klappt das nicht, muss ich zuerst über Challengers die nötigen Punkte sammeln.

Sie klingen noch ruhig und gelassen – nächste Woche werden Sie aber wohl Ihre Emotionen übermannen?
MELZER: Dieser letzte Auftritt wird noch einmal etwas richtig Großes – mein altes Betreuerteam und meine Familie werden dabei sein. Ich möchte es genießen und gut abschneiden. Aber natürlich wird mich der Abschied treffen. Doch ich denke, das wird erst nach der Wien-Woche so richtig ausbrechen. Die Entscheidung zu treffen, war extrem schwer – aber es ist die richtige.

Wenn Sie auf Ihre Karriere zurückblicken, können Sie einen positiven Schlussstrich ziehen?
MELZER: Natürlich könnte man sagen, dass immer mehr geht, aber man darf auch nicht unverschämt sein. Ich war die Nummer acht der Welt, habe fünf Turniere gewonnen, bin im Halbfinale der French Open gestanden und bin Österreichs dritterfolgreichster Spieler der Geschichte. Hätte mir das jemand vor meinem Karrierestart angeboten, hätte ich es mit Handkuss angenommen.

Was waren die Höhen und Tiefen in Ihrer 19-jährigen Karriere als Tennisprofi?
MELZER: Das ist nur sehr schwer zu beantworten. Aber das Paris-Halbfinale und meine zwei Titel in Wien habe ich am besten in Erinnerung. Ein Tiefpunkt war sicher, als mein Rücken ausgerechnet dann kaputt war, als ich am Höhepunkt meiner Karriere stand. Bis zu meinem 30. Lebensjahr hatte ich fast nichts, dann ist es losgegangen. Aber das kann man nicht ändern, ich bin nicht der Einzige, der sich mit Verletzungen herumschlagen musste.

Trotz Ihrer Erfolge war Ihr Ansehen bei den heimischen Fans nicht immer das Beste.
MELZER: Ich hatte das Gefühl, dass gegen Ende meiner Karriere die Leistungen mehr geschätzt wurden. Aber prinzipiell möchte ich über so negative Dinge nicht sprechen. Es ist so, wie es ist.
Werden Sie dem Tennissport die Treue halten?
Definitiv. Ich möchte dem österreichischen Tennis in irgendeiner Form mit meinen Erfahrungen weiterhelfen.

Auch als Davis-Cup-Kapitän?
MELZER: Jetzt ist das noch kein Thema, aber ich habe immer gesagt, dass ich das einmal machen möchte. Der Bewerb liegt mir einfach extrem am Herzen.

Was würden Sie einem Nachwuchsspieler, der Profi werden will, raten?
MELZER: Dass es nur dann klappt, wenn man es unbedingt will.

Sie haben in Ihrer Karriere rund zehn Millionen Dollar brutto an Preisgeld verdient. Reicht das für den Rest Ihres Lebens?
MELZER: Ich habe mir eine gute Basis geschaffen. Es ist aber nicht so, dass ich für den Rest meines Lebens nicht mehr arbeiten muss