Ich bin in der Früh nicht mehr aus dem Bett gekommen, hatte im Rücken eine extreme Blockade. Ich war überzeugt, dass ich nicht spielen könnte", erzählte Thomas Muster 2014 im Rahmen des 20-jährigen Jubiläums des legendären Davis Cups gegen Deutschland 1994 in Unterpremstätten der Kleinen Zeitung. 2:1 stand es damals nach zwei Tagen für die Gäste in der Schwarzl-Halle, die extra für dieses Spektakel in kürzester Zeit errichtet worden war, und Muster sollte im Topspiel der beiden Nummer-eins-Spieler gegen Michael Stich den Ausgleich schaffen.

Team-Kapitän war damals Muster-Manager Ronnie Leitgeb. Und da der Grazer Orthopäde Edi Lanz Österreichs Tennis-Ass schon mehrfach bei körperlichen Problemen hatte helfen können, versprach Leitgeb ihm Davis-Cup-Karten für ihn und dessen Söhne. "Tom konnte die Beine nicht mehr richtig anheben und da rief mich Leitgeb an, ob ich nicht helfen könne. Ich antwortete: ,Ja, aber du hast mir die versprochenen Karten nicht gegeben.‘ Das war ihm damals sehr unangenehm. Ich habe Tom dann die Blockaden gelöst und die Karten bekommen", erinnert sich Lanz mit einem Lächeln zurück.

Was darauf folgte, war eine historische, 5:24 Stunden dauernde Tennisschlacht, in der sich Muster gegen Stich vor 11.000 fanatischen Fans mit 12:10 im fünften Satz durchsetzte und damit ein Entscheidungsspiel erzwang. "Mit dem Hintergrund, dass ich eigentlich nicht stehen konnte, war es einer meiner emotionalsten Siege", erinnert sich der Leibnitzer zurück. Im fünften Match des Erstrunden-Duells der Weltgruppe traf dann der 2008 viel zu früh verstorbene Horst Skoff auf Marc-Kevin Göllner. Doch der Kärntner konnte nicht wie erhofft den Sack zumachen, sondern verlor in vier Sätzen. Muster 2014 im Rückblick: "Natürlich war ich nicht begeistert. Wenn man so eine Partie abliefert wie ich und dann verliert man am Ende trotzdem, ist das bitter. Aber ich war nie sauer auf den Horst. Als Team gewinnt man und verliert man gemeinsam."

Alexander Antonitsch, damals im Doppel an der Seite von Muster, erinnert sich: "Die Stimmung war damals genial, wenn auch grenzwertig. Die Deutschen haben ja alles verstanden, was die Fans reingebrüllt haben." Wegen der vielen Zuschauer gab es ein enormes Verkehrsaufkommen, "daher wurden wir Freitag und Samstag von unserem Team-Hotel in Bad Waltersdorf mit dem Hubschrauber zur Schwarzl-Halle geflogen." Und zum damaligen Ergebnis: "Obwohl er nicht ganz fit war, wollte Skoffi unbedingt spielen. Es wäre wohl besser gewesen, wenn Gilbert Schaller eingesprungen wäre", blickt Antonitsch zurück.

Für Lanz war Unterpremstätten der Startschuss als Teamarzt des Davis-Cup-Teams. Ein Job, den er sich anfänglich noch mit Rudi Schabus teilte. Die Erinnerung an den zweiten Davis-Cup-Höhepunkt in der Steiermark, nämlich das Duell der Europa/Afrika-Zone mit Kroatien im April 1997 in Liebenau (3:2-Sieg), hat der 67-Jährige noch bestens in Erinnerung. Muster verlor damals gegen Goran Ivanisevic in fünf Sätzen seine einzige von 30 Davis-Cup-Partien auf Sand, doch mutierte Schaller mit zwei Einzelsiegen zum Helden. "Bei Schillis Match gegen Ivanisevic bin ich mit Muster in der Kabine gesessen und er hat gesagt: ,Der Ivanisevic hat im Tennis quasi alles gewonnen. Und jetzt muss er sich hier mit Schilli auf dem langsamen Sandplatz herumraufen. Der will das nicht, der will das nicht!‘, hat Tom mehrmals laut gerufen."

2006 kam es erneut in der Steiermark zu einem Duell mit Kroatien. Da war Muster wieder dabei – allerdings als Kapitän. Doch auch die gesamte Routine des Leibnitzers half nichts, seine Mannschaft verlor damals erneut in Unterpremstätten in der ersten Runde der Weltgruppe mit 2:3. Lanz: "Jürgen Melzer hat sich damals sehr darüber erbost, dass Österreichs Schwimmass Mirna Jukic lautstark für die Kroaten gejubelt hat. Drei Jahre später waren sie dann ein Paar", erzählt Lanz lächelnd.

Der bis dato letzte Davis Cup auf steirischem Boden ging im März 2010 in Bad Gleichenberg über die Bühne. Damals siegte die ÖTV-Truppe mit Melzer und "Crazy Dani" Köllerer gegen die Slowakei mit 3:2. Lanz: "Der Davis Cup war damals nicht sehr gefragt, daher war es eine gute Entscheidung, nach Gleichenberg und nicht in eine Großstadt zu gehen. Dort wurde der Event super angenommen", erinnert sich Lanz zurück.
2014 beendete er seine Tätigkeit als ÖTV-Teamarzt und gab das Amt an seinen Sohn Ulrich weiter. Ob ihm bei all den schönen Erlebnissen auch etwas Besonderes in Erinnerung geblieben ist? "Ja! Nämlich, dass Muster ein unglaublicher Kämpfer war. Und dass er sich von seinen Schmerzen distanzieren konnte. Er hat zu mir einmal gesagt: ,Edi, mir tut dies und das weh. Aber solange es mich nicht am Tennisspielen hindert, ist das kein Problem.‘"