Sehen Sie den Tennissport als Ex-Profi jetzt anders als vorher?

STEFAN KOUBEK: Was die Profis mittlerweile leisten, ist unglaublich. Die Athletik nimmt zu, einer ist fitter als der andere. Ich war körperlich immer gut drauf, aber da jetzt noch mithalten zu können, wäre sehr, sehr schwer. Das Tennis verändert sich ständig. Es wird noch professioneller: Sportwissenschaftler kontrollieren die Athleten, die Trainingsintensität wird gesteigert. Das Spiel immer schneller, welche unglaublichen Bälle oft fabriziert werden, da steckt schon einiges dahinter.

Fehlen Ihrer Meinungen nach die "echten" Typen am Platz?

KOUBEK: Typen gibt es immer. Früher waren es Agassi, Sampras, jetzt sind mit Djokovic, Nadal, Federer und Murray halt "andere", eigene Typen am Werk. Viele Spieler vermarkten sich selbst. Social Media wie Twitter und Facebook stehen bei ihnen am Tagesprogramm. Für mich ist z. B. Dimitri Tursunov ein Typ. Der ist einfach ein verrückter Hund - im positiven Sinne. Seine Blogs sind lustig, kurios und man bleibt bei ihm hängen. Auch die "Sunnyboys" wie Fernando Verdasco oder Feliciano Lopez sind Charaktere, die wissen, wie sie sich publik machen - das gehört im heutigen Geschäft dazu. Natürlich kann man es auch übertreiben, wie man es damals bei Michail Juschnij gesehen hat. Der knallte sich seinen Schläger mitten ins Gesicht, was mit einem blutigen Cut geendet hatte - und das aus purer Emotion heraus. Es sollte alles immer im kontrollierten Rahmen bleiben und nicht ausarten. Ernests Gulbis darf ich nicht vergessen - der nimmt wirklich kein Blatt vor den Mund und sagt genau das, was er sich denkt. Er belebt das Tennis, hat oft Aussagen, wo man sich denkt "aha, ok", aber er hat seine eigene Meinung und das finde ich auch gut so.

70-Jahr-Jubiläum in Kitzbühel - Ihre Erwartungen?

KOUBEK: Es wird garantiert eine tolle Veranstaltung. Bei diesem Jubiläum hat sich das Team rund um Turnierdirektor Alexander Antonitsch viel vorgenommen. Einige Einladungen für ehemalige Kitz-Sieger sind rausgegangen, da dürfen sich die Fans auf richtige Schmankerl freuen.

Wie wichtig ist so ein Turnier für Österreich?

KOUBEK: Jedes Turnier ist für Österreich von großer Bedeutung. Kitzbühel ist ein echter Klassiker, ein Traditionsturnier. Allein wenn man 70 Jahre feiern darf, zeigt es, wie populär es ist. Schon als Kind habe ich's mir im Fernsehen angesehen und ich wollte immer hier spielen. Ich hatte damals noch die Ehre hier aufzuschlagen, als es noch den holzartigen Center-Court gab. Der war noch total urig. Jetzt ist er modern. Bei Thomas Musters Zeiten wurde der Court umgebaut. Vor einem vollen Haus vor Heimpublikum zu spielen, ist immer etwas Besonderes. 1999 stand ich im Semifinale gegen Fernando Vicente. Wenn man dann von den Fans aus den obersten Rängen angefeuert wird, bekommt man Gänsehaut.

Sie kommentieren seit 2011 für den ORF als Tennis-Experte. Wie sind Sie dazu gekommen und wie schwer waren die Anfänge?

KOUBEK: Ich bin 2011 beinhart ins kalte Wasser geworfen worden, dementsprechend habe ich geredet (geschmunzelt). Ich habe mir wirklich gedacht, wäre es nicht besser, den Ton abzuschalten. Mittlerweile geht's mir richtig gut dabei, ich hatte das eine oder andere Coaching beim ORF. Am Anfang war das gar nicht so leicht mit dem Kopfhörer in der kleinen Kabine zu sitzen, aber man gewöhnt sich an alles. Ich freue mich, dass ich heuer wieder mit Oliver Polzer kommentieren darf. Er hilft einem, wo er nur kann und er spricht gern Sätze von mir zu Ende (grinst). Wir sind ein super Team. Es macht Spaß, vor Ort zu sein.

Haben Sie ein Vorbild?

KOUBEK (lacht): John McEnroe. Er kommentiert einfach lustig und informativ, macht Witze und er trifft den Nagel einfach auf den Kopf. Man kann sich beim ihm totlachen. Aber das ist einfach Englisch und das kann man mit uns auch nicht so vergleichen.

Wie sehen Sie die Chancen der Österreicher in Kitzbühel?

KOUBEK: Jürgen Melzer wie auch Dominic Thiem traue ich sehr viel zu. Jürgen ist nach seiner langen Verletzungspause Anfang des Jahres gut zurückgekommen. Hatte dann das ein oder andere Mal Pech, als er z. B. in Wimbledon in fünf Sätzen gegen Tsonga verlor. Aber ich bin mir sicher, wenn ihm der Knopf aufgeht, dann kann er sehr weit kommen. Dominic ist ein aufstrebendes Talent. Jeder gönnt es ihm, dass er weit kommt. Er hat Spaß vor so einem Publikum zu spielen. Dominic mag den Druck, da kann er richtig durchstarten und zeigen, was er draufhat.

Favoriten auf den Sieg?

KOUBEK: Der Holländer Robin Haase fühlt sich wohl in der Höhenlage, serviert stark und hat schnelle Grundlinienschläge. Den Titelverteidiger Marcel Granollers darf man nie unterschätzen. Philipp Kohlschreiber würde ich endlich einmal einen Erfolg in Tirol gönnen.