Bei uns, auf dem "alten" Kontinent, da hat die Zugkraft von „Olympia“ viel an Kraft verloren, scheint es. Es ist opportun, sich als Vision zu suchen, alles zu tun, um keine Spiele austragen zu müssen, damit der Großmannssucht der Bonzen im Internationalen Olympischen Comité (IOC) endlich Einhalt geboten wird. Und man übersieht dabei gern, dass sogar das IOC einiges tut, um den abblätternden Lack frisch zu halten. In Argentinien etwa erhält die olympische Bewegung derzeit mit den „Youth Games“, den dritten Jugendspielen, einen ganz neuen Anstrich.

Und für diesen neuen Anstrich hat man sich scheinbar den besten Boden ausgesucht. Denn Buenos Aires scheint für den Zeitraum dieser Spiele Ablenkung von der Wirtschaftskrise zu finden. „Furor por los Juegos de la Juventud“ heißt es schon im Frühstücksfernsehen und per Liveschaltung sieht man die Massen, die am Wochenende in aller Früh in die drei städtischen Parks kommen, auf die der Großteil der Bewerbe aufgeteilt ist.

Mehr als 600.000 haben sich vor den Spielen registriert und ein Armband bekommen, das den Zutritt zu den Sportstätten erlaubt. Und viele der 600.000 scheinen auch tatsächlich zu kommen. Dort, wo argentinische Sportler um Medaillen kämpfen – wie am Samstag beim Tennis oder am Sonntag vor dem Hockey-Stadion –, warten Tausende in langen Schlangen, um doch noch ins Stadion zu kommen. Und gelingt es nicht, lenken sie sich bei den vielen Möglichkeiten, olympische Sportarten selbst zu testen, ab. Oder sie stillen ihren Hunger und Durst – und das geht bei den Ständen à la „Streetfoodfestival“ auf erstaunlich hohem Niveau.

Buenos Aires, das sagt selbst IOC-Direktor Christophe Duby, habe Olympia wieder einige Dinge vor Augen geführt. Etwa, dass der Gang in öffentliche Parks samt vielen Möglichkeiten, sich selbst zu betätigen, der einzig richtige ist. Wer die Begeisterung hier miterlebt, kann das nur unterstreichen. Ja, die Jugendspiele haben das olympische Fieber in allen geweckt: den Argentiniern, aber auch den Athleten, die hier dabei sind.

Denen wird einiges geboten, auch abseits ihrer Bewerbe. Wenngleich der Termin im Oktober mit der vom IOC ausgegebenen „Anwesenheitspflicht“ der Teilnehmer über die gesamte Dauer der Spiele es nicht für alle einfach macht. „Unsere Sportler“, erzählt Österreichs „Chef de Mission“, Surf-Olympiasieger Christoph Sieber, „besuchen ja zum Glück praktisch alle Sportgymnasien. Da ist das mit der Freistellung machbar.“ Bei den Australiern etwa sieht das anders aus. Ein Gutteil der Delegation musste in die australische Botschaft ausrücken, um dort Schultests zu absolvieren. „Und der Botschafter musste aufpassen, dass nicht geschummelt wird“, erzählt Sieber.

Abgesehen vom Lernen, das für alle Teilnehmer neben den Wettkämpfen und dem Training Pflicht ist, schuf das IOC aber auch viele andere Möglichkeiten für die fast 4000 Teilnehmer – von sportmedizinischen Tests und Trainings- bzw. Bewegungsempfehlungen geht das hin bis zu Vorträgen und Do-it-yourself-Kursen im Medienbereich der Kreation eigener Social-Media-Seiten samt Befüllung (und Erstellung) von und mit Bewegtbildinhalten.

Laura Stigger bleibt mit Partnerin auf Kurs

Ferner hat es das IOC geschafft, erstmals eine Veranstaltung unter den fünf Ringen zu haben, die wirklich „geschlechtsneutral“ ist. Was in diesem Fall meint, dass gleich viele Mädchen wie Burschen dabei sind. Und man hat es wieder gewagt, traditionelle Strukturen und Formate aufzubrechen. Beispiele? Jeder Leichtathlet hat zumindest zwei Starts, weil die Lauf- oder Sprungbewerbe zumindest in zwei Durchgängen entschieden werden. Österreichs Ausnahmeradlerin Laura Stigger, mit dem Mountainbike und auf der Straße Juniorenweltmeisterin, ist mit Partnerin Hannah Streicher aus Niederösterreich auf dem besten Weg, noch ein Kapitel ihrer Erfolgsgeschichte zu schreiben. Nach dem Teamzeitfahren und dem Straßenrennen (in dem Stigger den Sprint des Hauptfeldes gewann und Dritte wurde) liegt das Duo in der Teamwertung vor den noch ausstehenden drei Rennen auf Rang drei. Und zwei der ausstehenden Rennen werden mit dem Mountainbike gefahren, der „eigentlichen“ Domäne der Tirolerin.

Das starke österreichische Team

Egal, wie es ausgeht, eines ist schon klar: Das gesamte Team ist vom Olympiageist gepackt. „Olympia“, sagt Stigger, „ist halt was anderes als eine WM, auch wenn die daheim in Innsbruck war.“ Damit spricht sie allen aus der Seele. Olympia beflügelt die Sportler, sie entstauben dafür das Olympia-Image kräftig, wie auch durch neue Disziplinen wie Klettern oder Breakdance – in dem es für Österreich dank Anna Thurner Bronze gab. Überhaupt schlägt sich das Team – auch wenn immer wieder betont wird, dass Medaillen keine Messlatte sind – hervorragend: Zehn Medaillen (acht in Bronze, eine in Gold) stehen zu Buche. Die letzten zwei erst am Sonntag – sensationell durch Weitspringerin Ingeborg Grünwald und Trampolinspringer Benni Wizani.

Das ÖOC freut sich damit über "die erfolgreichsten Jugendspiele, die wir je hatten", meint  Präsident Karl Stoss. Und: "Jetzt arbeiten wir mit aller Vehemenz daran, dass wir diese Erfolge auch zu den 'großen' Spielen hinüberbekommen. Es wäre aber schon ein Erfolg, wenn wir bis zu zehn Prozent der Teilnehmer an den Jugendspielen auch bei den regulären Spielen in Tokio oder Paris sehen würden!"