Der 32-Jährige, stets loyaler Helfer des Vierfach-Siegers Christopher Froome, war zur Stelle, als dieser aufgrund von Pech und Schwächen diesmal nicht die erste Geige spielen konnte und feierte seinen bisher größten Erfolg. Nach 3.550 Kilometern triumphierte Thomas am Sonntag als erster Waliser in Paris.

Damit stellte der britische Sky-Rennstall zwar zum sechsten Mal in den vergangenen sieben Jahren den Sieger, doch der hieß nicht wie 2013, 2015, 2016 und 2017 Froome. Der Topfavorit war erst wenige Tage vor dem Start vom Dopingverdacht reingewaschen worden - Weltverband und Welt-Anti-Doping-Agentur akzeptierten die auch mit großem monetären Aufwand erstellten Gutachten - und griff als Gewinner von Tour 2017, Vuelta 2017 und Giro 2018 nach dem im modernen Radsport unerreichten vierten großen Sieg in Serie und nach dem ersten Double Giro/Tour seit 1995.

Beides entglitt dem 32-Jährigen, der sich als vermeintlicher Dopingsünder Buhrufe der Fans gefallen lassen musste. Doch Froome, der schon auf der ersten Etappe durch einen Sturz 51 Sekunden eingebüßt hatte, war diesmal auch mit dem dritten Rang zufrieden. "Es gibt nichts zu bedauern. Mit Geraint auf dem Podium auf den Champs Elysees zu stehen, das ist ein Traumszenario für uns", erklärte der Brite, der seit 2008 mit Thomas in einem Team fährt (seit 2010 bei Sky).

Ein Etappensieg am Samstag im Zeitfahren wäre eine tolle Entschädigung für Froome gewesen, doch Weltmeister Tom Dumoulin war nach 31 Kilometern eine Sekunde schneller. Der Niederländer wurde mit 1:51 Minuten Rückstand auf Thomas Gesamt-Zweiter, Froome lag 2:24 Minuten zurück.

Thomas war auf der Bahn Olympiasieger (2008 und 2012) und Weltmeister in der Vierer-Mannschaftsverfolgung, bei der 105. Tour de France ließ er das Pech früherer Rennen hinter sich und überraschte sich mit dem Gesamtsieg in der bedeutendsten Rundfahrt der Welt auch selbst. "Ich habe die Tour gewonnen! Ich realisiere nicht, was mit mir passiert", erklärte der Brite nach der vorletzten Etappe am Samstag, nachdem sein Erfolg festgestanden war. Denn am Schlusstag wird der Spitzenreiter traditionell nicht mehr attackiert, so auch diesmal: Der Schlussabschnitt nach Paris (116 km) wurde eine Beute des Norwegers Alexander Kristoff

Während der Tour sei er voll konzentriert gewesen, auf die nächste Kurve, den nächsten Anstieg, die nächste Abfahrt, betonte Thomas. "Ich war wie in einer Blase und plötzlich sagt man mir, es ist vorbei, es ist geschafft! Das war ein völlig verrückter Moment. Das letzte Mal, dass ich geweint habe, war am Tag meiner Hochzeit."

Der Gewinner des Vorbereitungsrennens Criterium du Dauphine - Froome hatte stattdessen die Tour de Suisse bestritten - zeigte an den 21 Renntagen in Frankreich keine Schwäche. Nach seinem Sieg bei der Bergankunft der elften Etappe übernahm er die Führung, tags drauf triumphierte er als erster Fahrer im Gelben Trikot in Alpe d'Huez. Und widerstand in den Pyrenäen auch dank der starken Unterstützung im Team Sky (der 21-jährige Egan Bernal gilt als potenzieller Nachfolger) den Attacken der geschrumpften Zahl der Rivalen. Denn u.a. waren Ex-Sieger Vincenzo Nibali (2014) und Richie Porte wegen Verletzungen ausgeschieden.

Dass Straßen-Weltmeister Peter Sagan (Slowakei) trotz Blessuren durchkam und mit dem sechsten Gewinn des Grünen Trikots den Rekord einstellte, verdankte er auch einem Österreicher. Lukas Pöstlberger hatte mit weiteren Bora-Kollegen den an Sturzfolgen leidenden und kurz vor der Aufgabe stehenden Mehrfach-Etappensieger über die letzten Pyrenäen-Pässe geführt. Zuvor hatte der ÖRV-Staatsmeister dem Superstar die Sprints vorbereitet und ihm auf den Etappen Windschatten gegeben.

Auch die zwei anderen Österreicher waren mit Helferaufgaben völlig ausgelastet. Gregor Mühlberger, Achter einer Pyrenäen-Etappe, hatte als Unterstützer von Rafal Majka in den Bergen zwar wenige Erfolgserlebnisse - der Pole blieb hinter den Erwartungen - seiner Liebe zur Tour nach der Premiere tat das aber keinen Abbruch. "Die Tour ist meine Lieblingsrundfahrt. Das ist das beste und schönste Rennen, das ich je gefahren bin, da möchte ich jedes Jahr dabeisein", schwärmte der 24-Jährige trotz der Strapazen. Er sei "super zufrieden" und habe keinen wirklich schlechten Tag erlebt.

Michael Gogl freute sich vor allem über den Erfolg seines Trek-Teamkollegen John Degenkolb auf der Kopfsteinpflaster-Etappe nach Roubaix. "Das war etwas ganz Spezielles. Ich hatte auch einen richtig guten Tag, musste aber Bauke Mollema (Anwärter auf guten Gesamtrang, Anm.) mein Rad zur Verfügung stellen", sagte der 24-jährige Oberösterreicher.

Im Vorjahr hatte der sich beim Debüt trotz eines Bruchs des Sitzknochens nach Paris gekämpft und auch diesmal kam er nicht ohne Probleme durch. "Keine gröberen Schwierigkeiten", berichtete Gogl, der aber durch Magenprobleme, Sitzprobleme und die Hitze in seiner Leistung beeinträchtigt wurde. Dennoch zog er zufrieden Bilanz. "Ich fühle mich gut und auch mental passt alles, ich bin motiviert für die nächsten Rennen."