Der "Grand Départ" der 100. Tour de France auf Korsika ist nicht nur der Auftakt zum spektakulärsten Radrennen der Welt, sondern auch eine maritime Herausforderung. Der ganze Tross musste mit Fähren 300 Kilometer weit vom Festland auf die Insel Napoleons transportiert werden. Und nach drei Etappen über 511 Kilometer zwischen Porto Vecchio, Bastia, Ajaccio und Calvi entlang der Küste und über das Gebirge geht es wieder zurück nach Nizza. Ein logistischer Millionen-Aufwand.

Mehr als 6000 Personen und eine 5-km-Schlange von gigantischen Lastwagen, Sattelschleppern, Caravans und Personenwagen wurden übers Mittelmeer geschippert. "Die Tour dirigieren lernt man nicht in der Schule", sagte Tour-Chef Christian Prudhomme (52) zu der Herkules-Aufgabe. Dabei habe ihn der "Gedanke ans hundertste Gelbe Trikot" inspiriert und motiviert. Es wird aber am 21. Juli in Paris kein 100. "Maillot Jaune" geben. Lance Armstrong sind seine sieben Hemden ausgezogen worden, der Name des Lügners und Betrügers wurde in der Siegerliste ersatzlos gestrichen.

Das Herz der 100. Auflage der Tour de France, die am Samstag beginnt, schlägt auf Korsika im Hafen von Porto-Vecchio. Die "mega smeralda", das Flaggschiff der Fährenflotte, 171 Meter lang, mit Platz für 2000 Passagiere und 550 Fahrzeuge, liegt als Zentrum für die Organisation und die Medien auf Deck 7 und 8 vor Anker.

Die Sonne strahlt von einem wolkenlosen, blauen Himmel über dem Startort am südöstlichsten Zipfel Korsikas. Andy Schleck und den beiden Chefs des luxemburgischen Teams RadioShack ist es unter den Topteams vorbehalten, den Reigen der Pressekonferenzen in der Panorama Bar zu eröffnen. Schleck (28), dem Armstrongs Gelbes Trikot von 2010 zugesprochen wurde, der nach einem Sturz im Vorjahr aber auf die Tour de France verzichten musste, gab sich sehr bescheiden: "Ich betrachte mich nicht als Favoriten, sondern als Außenseiter." Sportdirektor Kim Andersen vertraut Schleck, Haimar Zubeldia (36) und Andreas Klöden (38). "Erst wenn es ins Hochgebirge geht, werden wir wissen, wo wir stehen", sagt Andersen. Die Experten erwarten nach der Absage des britischen Vorjahressiegers Bradley Wiggins ein Duell zwischen dem Vorjahreszweiten Chris Froome und dem zweifachen Sieger Alberto Contador - der nach zweijähriger Dopingsperre zurückkehrt.