Nach der holprigen Premiere der Europaspiele 2015 in Baku will der Bewerb ab Freitag für positive Bilder sorgen. Neben der Kritik am Austragungsort in einem erwiesenermaßen autoritären Land wurden die Spiele 2015 vom Unfall der österreichischen Synchronschwimmerin Vanessa Sahinovic, die von einem Bus angefahren wurde und seither gelähmt ist, überschattet. Nun gilt Weißrussland auch nicht gerade als Vorzeigedemokratie, die Euphorie in Minsk ist ungebrochen. Neue Sportstätten sind seit eineinhalb Jahren fertig und in Verwendung. Wohnviertel, Athletendorf und eine Gastro-Meile in der Innenstadt wurden rasch installiert. Finanziell trägt Österreich einen elementaren Teil zur belarussischen Modernisierungswelle bei. Schließlich gibt es kein westeuropäisches Land, das über seine Unternehmen so viel in die weißrussische Wirtschaft investiert. Die Rede ist von rund 356 Millionen Euro an Direktinvestitionen über Banken, Versicherungen oder beispielsweise auch Backwarenerzeuger „backaldrin“, näher bekannt als Marke „Kornspitz“, aus Oberösterreich, der auch im Sportsponsoring eine gewichtige Rolle eingenommen hat.

Eishockey ist die eigentliche Passion

Die Liebe der weißrussischen Sportfans gehört eigentlich Eishockey, doch die Sommerspiele werden sehnlichst erwartet. So wurden mit der „Minsk Arena“, dem „Falcon Club“ und dem neuen Dinamo-Stadion drei prunkvolle Sportstätten errichtet, die Schieß- und Boxhalle wurden ebenfalls ausgebaut. Die Minsk Arena, die für Sportler aller Leistungsstufen geöffnet ist, bietet neben 18.000 Sitzplätzen für Eishockeyspiele und Konzerte zwei Nebenhallen für Eissport aller Arten auf drei Flächen. Die Radbahn aus sibirischem Holz sowie Badmintonfelder haben ebenfalls Platz.

Einen Steinwurf entfernt werden im Falcon Club die Basketballspiele vor 12.000 Fans ausgetragen, ein riesiges Fitnesscenter inklusive. Das Fußballstadion, in dem unter anderem die Auftakt- und Abschlussfeierlichkeiten in Szene gehen werden, bietet 23.000 Menschen Platz, gleichzeitig wird das Medienzentrum inklusive Schlafmöglichkeiten für 500 Journalisten dort stationiert sein. „Wir haben mit einer Milliarde Euro zwar weniger Budget als in Baku, aber hier war schon weit vor den Spielen so viel fertig, dass wir infrastrukturell auf höchstem Niveau arbeiten“, begründet CEO der Spiele, Simon Clegg, die Entscheidung für Minsk.

Neben ihren Sportstätten wächst auch die Zwei-Millionen-Einwohner-Stadt. Riesige Wohnkomplexe schossen in Windeseile aus dem Boden, das Stadtbild ist sauber und grün. Eine Art der Beschäftigungspolitik für Bauarbeiter und Reinigungskräfte, die auch Missstände kaschieren soll: nämlich das daraus resultierende größer werdende Gefälle zwischen Stadt und Land, ein geringes Lohnniveau und nicht ganz freiwillige Umsiedlungen von Bewohnern, die zugunsten gigantischer Plattenbauten weichen mussten.

Das Licht soll ein besseres werden

Das Ziel ist klar, und das wird einem beim Rundgang durch die Metropole klar: Weißrussland will sich Europa offener präsentieren, auf lange Sicht den Tourismus ankurbeln. „Natürlich hoffen wir, dass wir Bilder in die Welt senden, die den Leuten Lust auf Minsk machen“, bestätigt der für Sportagenden zuständige Vizebürgermeister Ihar Yurkevich. Erwartbar scheint also: Minsk wird gute Spiele ausrichten, die Freude über das Event scheint echt und verspricht ob der niedrigen Eintrittspreise vernünftige Besucherzahlen. In welches Licht der Präsident Aljaksandr Lukaschenka, der gerne selbst die Personalentscheidungen der Minsker Sportvereine trifft, sein Land rücken wird können, ist nicht kalkulierbar.