Was 1927 als Kontinentalvergleichskampf begann, mutierte in den letzten Jahrzehnten zu einer der größten Sportveranstaltungen der Welt. Der Ryder Cup ist mit den restlichen Profi-Golfturnieren nicht vergleichbar. Zwei eklatante Unterschiede gibt es. Werden die Protagonisten normalerweise mit viel Preisgeld überschüttet, bekommen Tiger Woods und Kollegen keinen einzigen Cent für ihr Antreten. Bezahlt werden die Spieler mit den Emotionen und der Leidenschaft der Fans, die in so ausgeprägter Form bei keinem anderen Golfevent vorkommen.

Natürlich ist der Brexit, der Ausstieg Großbritanniens aus der EU, auch beim Ryder Cup Thema. Erst seit 1979 ist „ganz Europa“ involviert. Denn die USA waren so dominant geworden, dass der Bewerb zum Langweiler avancierte. Was sich mit der Eingliederung des Teams von Großbritannien in Europa aber bald änderte. Seit 1979 gerechnet führt der „alte Kontinent“ mit 11:8. Apropos: Wäre der Brexit im Golf-Vergleichskampf schlagend, wäre die Hälfte des Teams nicht spielberechtigt. Ohne Paul Casey, Tommy Fleetwood, Tyrrell Hatton, Ian Poulter, Justin Rose (alle England) und Rory McIlroy (Nordirland) würde die Mannschaft enorm an Schlagkraft verlieren. Beruhigend daher, dass der Brexit auf den Ryder Cup auch in Zukunft keine Auswirkung haben wird.
Man darf aber gespannt sein, welche Auswirkungen das Siegescomeback von Superstar Tiger Woods auf das US-Team hat. Beim Sieg der US-Boys vor zwei Jahren in Chaska/Minnesota war Woods einer der Co-Kapitäne, hielt sich aber stets im Hintergrund. Was ab heute in Paris am „Le Golf National“-Platz nicht der Fall sein wird – da steht der 42-Jährige im Fokus. „Wir haben seit 25 Jahren nicht auf europäischem Boden gewonnen, das wird sich hoffentlich diese Woche ändern“, sagt Tiger, der nun bei 80 Siegen auf der PGA-Tour hält.

Woods’ persönliche Ryder-Cup-Bilanz ist, verglichen mit seinen vielen großen Erfolgen bei Turnieren, eher eine Enttäuschung. Sieben Mal war Woods bisher für das US-Team im Einsatz, nur ein einziges Mal durfte er dabei die Trophäe in die Höhe stemmen. Die Matchbilanz ist mit 13 Siegen, 17 Niederlagen und drei Unentschieden eher trist. „Wenn ich auf meine gesamte Ryder-Cup-Karriere zurückblicke, ist es etwas, das ich nicht gerne sehe“, sagt der wohl beste Golfer aller Zeiten. Seine letzte Teilnahme datiert aus dem Jahr 2012, als es für die US-Amerikaner zu Hause in Medinah die wohl bitterste Niederlage in der Geschichte gab. Nach Tag zwei hatten sie 10:6 geführt, am Ende aber doch noch mit 13,5:14,5 die Segel streichen müssen.

Trotz der mäßigen Bilanz von Woods sind die USA von der Papierform her heuer Favorit, wie fast immer vor diesem prestigeträchtigen Bewerb. Was aber letztlich für Sieg oder Niederlage nicht ausschlaggebend ist, denn ansonsten hätten die Europäer von den jüngsten elf Auflagen nicht acht gewonnen. Und ein Sieg kann auch heuer durchaus gelingen.