Erleichtert hat sich Dirk Nowitzki nach einem Bilderbuch-Abend in sein künftiges "neues Leben" nach seiner Karriere in der National Basketball Association (NBA) verabschiedet. Der 40-jährige Deutsche freut sich nun auf "Eis und Pizza zum Frühstück", nachdem er am Dienstagabend in seinem vorletzten NBA-Spiel noch einen Rekord des legendären Michael Jordan gebrochen hat.

Eine gigantische Lasershow und der Besuch von fünf seiner Vorbilder um NBA-Legende Larry Bird rührten den vollkommen überwältigten Superstar zu Tränen, bevor er sich das Mikrofon schnappte und auf größtmöglicher Bühne sein persönliches Ende verkündete. "Das war mein letztes Heimspiel", rief der gefeierte Korbjäger den jubelnden Fans der Dallas Mavericks zu. Nowitzki geht damit endgültig als einer der größten Athleten in die Geschichtsbücher des deutschen Sports ein.

Die "One More Year"- und "We Want Dirk"-Forderungen der Anhänger waren vergebens, ihr großes Idol hatte sich da längst gegen ein 22. NBA-Jahr und für mehr Zeit mit seiner Frau Jessica und den drei Kindern entschieden. "Ich will den Kids Sachen ermöglichen, da freue ich mich richtig drauf", sagte Nowitzki. Nun ist Schluss mit den vielen Flugreisen und der täglichen Quälerei im Leistungssport. Stattdessen sehnt der Ausnahmeathlet endlich die Dinge herbei, auf die er so viele Jahre verzichten musste: "Im Sommer mal nichts zu machen und an diesem Donnerstag Eis und eine Pizza zum Frühstück zu essen."

Nach mehr als zwei Dekaden bei den Mavericks blickt Nowitzki auf eine schillernde Karriere mit vielen prägenden Erinnerungen zurück. "Es bleiben so viele Erfahrungen. Ich habe die Welt bereist, habe Freundschaften geschlossen, eine neue Heimat gefunden hier mit Frau und Familie. Ich kam damals mit 20 und war noch grün hinter den Ohren. Ich bin hier zum Mann geworden."

Das "German Wunderkind" hatte schon vor Spielbeginn mit den Tränen zu kämpfen und musste sich diese auch während des 120:109-Sieges gegen die Phoenix Suns mehrere Male aus den Augen wischen. "Es war eine unglaubliche Reise", rief der Würzburger. Sein langjähriger Coach Rick Carlisle konnte seine Wertschätzung für den Mensch und Sportler Nowitzki kaum in Worte fassen. "Du gibst so viel und bittest um so wenig - das inspiriert uns alle, bessere Menschen zu sein. Das ist dein größtes Vermächtnis", sagte sein Trainer.

Im letzten Heimspiel, das ausschließlich im Zeichen der schillernden Laufbahn des Deutschen stand, brachte es Nowitzki noch einmal auf 30 Punkte und überholte damit "His Airness" Jordan als ältesten Spieler mit mindestens 30 Zählern in einem NBA-Spiel. Und plötzlich wurde die Halle dunkel und seine Idole Bird, Detlef Schrempf, Scottie Pippen, Shawn Kemp und Charles Barkley standen vor Nowitzki und huldigten dem Routinier. "Dirk, es war eine Ehre, dir zuzuschauen. Das Spiel ist ein besseres wegen dir", betonte Bird. Barkley nannte ihn "den nettesten Menschen aller Zeiten".

Die Überraschung für Nowitzki war seinem Herzensteam aus Texas bestens gelungen. "Das war ein sehr emotionaler Moment. Vielen Dank an (Team-Besitzer) Mark Cuban und an die Mavs. Sie haben das großartig gemacht, ich war sprachlos", gestand Nowitzki, der in das Prozedere nicht eingeweiht war und angesichts des prominenten Besuchs sichtlich überrascht auf dem Parkett stand. "Alle fünf waren meine Idole. Der Einzige, der gefehlt hat, war Michael Jordan, er war meine Nummer eins", betonte Nowitzki.

Das sportlich bedeutungslose Spiel gegen Kellerkind Phoenix wurde im ausverkauften American Airlines Center zu einer einzigen Dirk-Show. Schon vor dem Spiel lagen tausende Nowitzki-Masken auf den Sitzen, Mitarbeiter der Mavericks, darunter auch Coach Carlisle, trugen beinahe geschlossen Shirts mit der Aufschrift "41.21.1.". Die 41 ist Nowitzkis Rückennummer, 21 Jahre spielte er für diesen NBA-Club, dem er 2011 den ersten und bisher einzigen NBA-Titel sicherte.

In den Auszeiten wurden Zusammenschnitte zur Karriere Nowitzkis gezeigt. "Er ist einer der Größten überhaupt", sagte Megastar LeBron James in einer Videobotschaft. Der 34-Jährige ist neben den NBA-Ikonen Kareem-Abdul Jabbar, Karl Malone, Kobe Bryant und Jordan nur einer von fünf NBA-Profis, die mehr Punkte in ihrer Laufbahn erzielt haben als "Dirkules", der als erster und bisher einziger Nicht-US-Amerikaner die 30.000-Punkte-Marke in Grunddurchgangsspielen geknackt hat.

Wertvollster Spieler (MVP) der Saison 2006/07, NBA Finals MVP 2011, 14 Mal NBA All-Star, Mitglied im elitären 50-40-90-Club (Feldwurfquote von mindestens 50, Dreierquote von mindestens 40 und Freiwurfquote von mindestens 90 Prozent), NBA Drei-Punkte-Shootout-Champion (2006) und Teamkollege des Jahres (2017) - Nowitzki hat sämtliche wichtige Auszeichnungen der besten Basketball-Liga der Welt geholt.

"Er wird daher die größte Statue aller Zeiten bekommen", kündigte Mavs-Besitzer Cuban bei seiner finalen Lobeshymne an. "Danke, danke, danke, danke. Es wird niemand mehr so sein wie du." Er hatte die Zeremonie nach der Partie in die Wege geleitet und schon vorab gewarnt, die Fans sollten bitte "genügend Taschentücher" mitbringen.

Da Dallas die Play-offs verpasst hat, wird die Partie in der Nacht auf Donnerstag (ab 2.00 Uhr/live DAZN) bei den San Antonio Spurs der letzte reguläre NBA-Auftritt für Nowitzki. "Ich will noch ein bisschen spielen und will es genießen. Aber heute Nacht war die große Nacht." Er wolle im Texas-Derby "noch ein paar Dreier draufholzen", meinte Nowitzki mit Blick auf das abschließende Duell mit dem Club des 23-jährigen Wieners Jakob Pöltl.