Es sind zwei große Leidenschaften, die Hilde Drexler in sich trägt. Und die, außer Kreativität, wie die 32-Jährige sagt, nichts miteinander zu tun haben. Es ist der Kampf auf der Matte, als Judoka, der Drexler fesselt. Und es ist das Spiel mit den Wörtern, das Schreiben, das sie bewegt.

Beides zeigte sich schon im Kindesalter. In jüngsten Jahren erfand sie schon Geschichten. Da sie noch nicht schreiben konnte, zeichnete sie sie auf oder erzählte sie. Und als Neunjährige stand sie zum ersten Mal als Judoka auf der Matte, 2000 holte sie Gold bei der Junioren-Europameisterschaft. „Das war sicher einer der wichtigsten Erfolge für mich persönlich“, sagt Drexler.

Und dann kam der Studienbeginn und nur kurze Zeit später, um ihr 20. Lebensjahr herum, ein Bruch mit dem Sport. „Die Lust hat gefehlt. Ich habe die Gewichtsklasse und in die Allgemeine Klasse gewechselt, die Erfolge waren nicht gleich da und mit dem Studium war es mir dann doch zu viel“, erzählt sie. Doch die rund eineinhalbjährige Pause habe ihr nicht gutgetan. „Ich war nicht so gut drauf, der Sport hat mir gefehlt. Deshalb habe ich zuerst wieder hobby-, dann leistungsmäßig damit begonnen.“

EM-Bronze und Olympia 2012

Und auch der Erfolg ist zurückgekehrt, neben mehreren Staatsmeistertiteln folgten mit EM-Bronze 2011 und der Teilnahme an den Olympischen Spielen 2012 in London weitere Höhepunkte. „Ich halte Judo für die coolste, beste und tollste Sportart. Sie ist abwechslungsreich, man kämpft Mann gegen Mann und es sind so viele Facetten dabei. Es wird nie langweilig. Und jeder Kampf ist anders, auch wenn man vielleicht auf den gleichen Gegner trifft“, erklärt Drexler und man merkt der Wienerin deutlich die Euphorie und die große Liebe zum Sport an.

Das Pathetische

Doch auch beim Thema Literatur kommt sie ins Schwärmen. Nicht nur als Schreiberin, auch als Leserin. Drexler erzählt von ihrer Liebe zu Shakespeare („Hamlet kann ich fast auswendig“) und ihrer Begeisterung für Johann Nestroy, Fjodor Dostojewski, Wolf Haas oder Victor Hugo („Er hat mich als Jugendliche geprägt“). „Ich mag das Pathetische, für mich muss der Stil etwas Anspruchsvolles haben. Deshalb stehe ich neueren Sachen skeptisch gegenüber, die Sprache ist nüchtern“, sagt die 32-Jährige, die mit ihren eigenen Texten den nächsten Schritt ihrer Karriere als Autorin – das große Ziel wäre die Veröffentlichung eines eigenes Buches – getan hat.

Hilde Drexler will bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio dabei sein
Hilde Drexler will bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio dabei sein © Gepa

Mit ihrem Text „Zinnentanz“ ist sie ins Finale des „Open Mike“, eines internationalen Literaturnachwuchswettbewerbs, eingezogen. Der innere Monolog eines Autors, der einen Text schreiben will, wird skizziert. „Es steckt Humor und die Entwicklung einer tragischen Geschichte darin“, sagt Drexler und erläutert, woher sie ihre Inspiration nimmt. „Oftmals sind es negative Emotionen, also wenn es mir schlecht geht. Von gebrochenem Herzen bis ich weiß nicht was. Aber auch von Büchern, wenn ich darin ein schönes Bild lese oder wenn in der Natur der Wind in den Bäumen wühlt. Aber in den Texten steckt definitiv immer etwas von mir drinnen.“

Doch wieso ist Drexler jetzt mit ihrem Text an die Öffentlichkeit gegangen? „Weil sich die Judo-Karriere langsam dem Ende zuneigt, kam die Frage auf: Was kann ich? Ich wusste, ich kann mit Sprache umgehen, und wollte versuchen, bei einem Literaturbewerb dabei zu sein. Ich wusste nur nicht, wie groß das Open Mike ist. Ich habe einfach nach einem Bewerb gegoogelt und den gefunden“, sagt die Wienerin. „Und erst als ich genommen wurde, wusste ich, wie groß das Ganze überhaupt ist. Das hat mich auch etwas kalt erwischt.“

Für Hilde Drexler ist Judo
Für Hilde Drexler ist Judo "die coolste, beste und tollste Sportart", die es gibt © APA/EPA/MAXIM SHIPENKOV

Und dann erzählt Drexler doch noch von einer weiteren Gemeinsamkeit zwischen Sport und Literatur: Die Nervosität vor ihrer ersten Lesung beim Open Mike in Berlin vergleicht sie mit der vor Wettkämpfen. „Deshalb habe ich versucht, sie genau so zu lösen. Und auf der Bühne habe ich alles ausgeblendet, ich war im Fluss“, sagt sie. Und in welchem Bereich trifft sie Kritik härter? „Beim Schreiben. Da steckt doch ein Teil und ein Gefühl von mir drinnen. Ich bin aber ein Neuling, vielleicht ist es deshalb noch so für mich.“

Olympia 2016

Den Sport will die Wienerin aber trotz ihres Karrierestarts als Autorin noch nicht ad acta legen, die Teilnahme an den Spielen 2016 in Rio ist ein großes Ziel. Dafür müsste sie jedoch die beste Österreicherin in ihrer Gewichtsklasse sein, derzeit liegt jedoch die Tirolerin Kathrin Unterwurzacher vor ihr.