Fragt man einen Norweger, warum das Land bei diesen Spielen einen Erfolg nach dem anderen einfährt, einspringt, einläuft oder was auch immer, ist die Antwort stets ähnlich. „Wir sind eben mit Ski an den Füßen geboren“, sagte Ragnhild Mowinckel nach ihrer zweiten Medaille dieser Spiele. Und fragt man Kjetil André Aamodt, der selbst acht Mal Olympiamedaillen umgehängt bekam und nicht weniger als 20 Medaillen bei Großereignissen sammelte, hat sogar er einen lockeren Spruch auf den Lippen: „Bei uns ist es acht Monate Winter. Was sollen wir sonst machen?“, sagt der 46-Jährige, der in Pyeongchang als TV-Experte tätig ist.

Das eigene, ohnehin hochgesteckte Ziel wurde schon lange übertroffen. 30 Medaillen sollte es für das Land mit nur 5,2 Millionen Einwohnern geben, 38 sind es schon. Bisher hatte es zwei Mal zu 26 gereicht. Eine erstaunliche Entwicklung, wenn man bedenkt, dass es 1988, also vor 30 Jahren, bei den Spielen in Calgary „nur“ fünf Medaillen gegeben hatte, davon keine einzige in Gold.

"Olympiatoppen"

Damals wurde beschlossen, dass sich etwas ändern muss. Und über alle Sportverbände wurde ein „Überverband“ gestülpt, „wie ein Schirm“, erklärt Aamodt: Olympiatoppen nennt sich das und die Kriterien sind streng: Ja, man bekommt Geld (aber weit weniger, als man annehmen würde), aber man muss auch geben: Alle „Erfolgsgeheimnisse“, alle Trainingsprogramme, alle Entwicklungen gehen auch an Olympiatoppen. „Und so“, sagt Aamodt, „können wir auch sicherstellen, dass wir wissen, was zu tun ist, wenn die besten Athleten aufhören oder die Trainer wechseln.“

Logisch, dass ein kleines Land nicht die Masse hat, wie etwa Deutschland, das 45 Mal mehr Einwohner hat. „Aber das als Grund zu nehmen, warum man nicht gut sein kann, ist eine schlechte Einstellung. Es geht um Qualität, nicht um Quantität“, sagt Aamodt, der einen ganz anderen Schlüssel zum Erfolg erkennt: „Es sind die Eltern.“ Sie sind es, die ihre Kinder in die Natur bringen, auf Ski stellen. Zusammen mit den lokalen Vereinen. Das funktioniert, 93 Prozent aller Kinder sind in Sportvereinen engagiert, „manche Eltern lassen ihre Kinder auch tageweise nicht in die Schule gehen, um in der Natur Sport zu treiben.“ All das soll im „goldenen Alter“ zwischen acht und zwölf passieren. Wichtig: Bis dahin dürfen die norwegischen Kinder zwar Rennen fahren, aber Klassements gibt es nicht.

Tore Övrebö, Sportdirektor des Olympischen Komitees, erklärt, warum: „Wir wollen, dass die Kinder Spaß haben an der Bewegung, mit ihren Freunden, nicht Wettkampf erleben.“
Das geschieht früh genug. Ab zwölf kann man in Sportschulen gehen, ab diesem Zeitpunkt spulen die Kinder ein intensives Programm ab. „Wer das übersteht, kommt weiter, die natürliche Auslese ist hart“, sagt der Steirer Christian Mitter, Cheftrainer der Skifahrer. Aamodt nennt das „früh aufstehen und die einfachen Dinge erledigen“. Das sei viel wichtiger als Geld: „Das brauchst du zwar auch, aber wenn du das Geld den falschen Leuten gibst, die die falsche Einstellung, die falschen Werte haben, dann kannst du es gleich aus dem Fenster werfen.“

Statt es den Athleten zu geben, wird das Geld in Forschung und Entwicklung investiert. Und nur die besten Athleten, die den Weg über den Spaß in lokalen Klubs und das verschärfte Training in den Sportschulen geschafft haben, werden in das Olympiatoppen-Programm aufgenommen. Das spart Geld, denn Aamodt meint: „So wichtig ist der Sport in unserem Land gar nicht. Es geht den Eltern meist nur darum, ihre Kinder vom Computer wegzubringen.“ Das tun sie aber offenbar mit viel Erfolg.